Название | Seewölfe Paket 24 |
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Автор произведения | Roy Palmer |
Жанр | Языкознание |
Серия | Seewölfe - Piraten der Weltmeere |
Издательство | Языкознание |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783954399925 |
Jean Ribault war nur ein weiterer Mann in der langen Reihe von Leidensgenossen. Es waren die Hafenstrolche, Langfinger und Beutelschneider, die in den benachbarten Zellen gesessen hatten. Sie sprachen kein Wort mit ihm und versahen schweigend ihre geistlose Tätigkeit. Jeder Mann trug zwei Eimer, die links und rechts an einem Schulterholz hingen.
Zu Beginn hatte es den Anschein, als laste das Holz nicht sonderlich schwer auf den Schultern, auch nicht mit vollen Eimern. Doch Jean Ribault sollte bald erfahren, daß dies nur der erste Eindruck war. Man mußte einmal stundenlang mit einer solchen Last hin und hergelaufen sein, um nachzuempfinden, wie das war: Bald hingen die Arme wie Bleigewichte an seinen Schultern.
Das ausgeschöpfte Wasser wurde in den großen Eimern zu einem breiten Graben getragen und dort hineingekippt. Der Graben befand sich dreihundert Yards ostwärts des zu schaffenden Wehrgrabens und floß in die See.
Die Eimer hatten Eichstriche, so daß von den Wächtern und Aufpassern sofort festgestellt werden konnte, ob Wasser beim Tragen übergeschwappt war. War dies der Fall, dann wurde der Wasserverlust als Sabotage angesehen. Da wurde die Peitsche eingesetzt – rücksichtslos und ohne Gnade.
Jean Ribault bekam es zu spüren. Kaum geriet er ein wenig ins Schaukeln und verlor auch nur einer seiner Eimer ein wenig Wasser, war ein Aufseher neben ihm, fluchte und hieb mit seiner Peitsche zu. Ribault verzog keine Miene. Er stöhnte nicht, beschwerte sich nicht. Er schöpfte Wasser, trug es zum Graben, kippte es aus, kehrte zu seinem Ausgangspunkt zurück und schöpfte erneut Schlammwasser.
Die Schikanen dieser Zwangsarbeit waren ungeheuerlich – aus einem besonderen Grund. Unter den Aufsehern gab es einige ausgesprochene Sadisten. Die legten es darauf an, die Wasserträger laufen zu lassen. Und dabei schwappte natürlich Wasser über, es ließ sich gar nicht vermeiden.
Klar war auch, daß der „Neue“ sonderbehandelt wurde – das hatte Don Lope de Sanamonte extra so angeordnet.
„Lauf!“ brüllte ihn einer dieser Kerle an, als er gerade wieder Schlammwasser schöpfte. „Hopp! Beeilung! Wird’s bald?“
Und Jean Ribault begann zu laufen. Er lief zu dem Graben, verschüttete eine ganze Menge von dem Wasser und empfing die Peitsche. Aber er begehrte nicht auf. Was hätte es ihm eingebracht? Nichts – vielleicht noch härtere Strafen, vielleicht den Tod. Er aber mußte durchhalten und durfte sich nicht aus der Reserve locken lassen. Und wenn er nicht lief? Nun, auch dann gab es die Peitsche.
Er biß die Zähne zusammen. Die Peitsche klatschte auf seinen Rücken, auf seine Schultern, in sein Gesicht. Er ging in die Knie, richtete sich aber sofort wieder auf und lief weiter. Er kippte das Wasser aus und kehrte an das abgeschottete Grabenteilstück zurück. Wieder füllte er die Eimer. Wieder mußte er laufen. Aber er lernte es, zu laufen, ohne Wasser zu verschütten. Die Aufseher staunten nicht schlecht. Jetzt mußten sie sich etwas anderes einfallen lassen, um ihn zu kujonieren.
Jean Ribault zeigte es ihnen, und er bewies es auch Don Lope de Sanamonte und dem bornierten Teniente Don José de Zavallo: Er war keineswegs so schnell kleinzukriegen, wie sie sich das vielleicht einbildeten. Da gehörte mehr dazu.
Außerdem war er in sehr guter körperlicher Verfassung, sehnig, hart und muskulös. Hart im Nehmen war er schon immer gewesen. Er hatte beschlossen, daß es seinen Gegnern nicht gelingen dürfte, ihn zu erniedrigen und seinen letzten Widerstand zu brechen. Eher würden sie sich die Zähne an ihm ausbeißen.
Während er Gallonen von Wasser schleppte und schleppte und die Peitschenhiebe der Aufseher einsteckte, dachte er immer wieder an Flucht. Er ließ keine Gelegenheit aus, die Bedingungen zu erkunden. Wo war eine Schwachstelle, wo konnte er entwischen?
Es schien keine Lücke zu geben, durch die er entweichen konnte. Alles war hermetisch abgeriegelt und von den Aufsehern und Soldaten bestens bewacht. Und bevor es dunkel wurde, rückte der Gefangenentrupp wieder ab in den Kerker, so daß auch in der Nacht keine Möglichkeit zur Flucht bestand.
Jean Ribault entdeckte seine Freunde. Sie arbeiteten an einem anderen Teilstück des Wehrgrabens. Mit Schaufeln mußten sie Schlammerde ausheben, die in Loren gekippt und nordwärts, außerhalb des Forts, abgeladen wurde. Das Schieben der Loren über die Schienen war dabei noch die leichteste Arbeit.
Renke, Karl, Hein und die anderen blickten immer wieder zu Jean Ribault herüber. Aber er konnte ihnen kein Zeichen geben, ihnen nichts zurufen. Die Arbeit ließ es nicht zu. Und die Peitschen der Wärter würden jedes Wort ersticken. Ribault hoffte aber, daß die Kameraden auch so begriffen, daß es ihm – den Umständen entsprechend – noch leidlich gutging.
Die Verpflegung, die es in dieser Hölle von Sklavendasein gab, war als Essen kaum zu bezeichnen. Morgens, mittags und abends gab es einen Fraß, der oft nicht zu definieren war.
Das aber wäre noch nicht am schlimmsten gewesen. Und auch die Peitschenhiebe und die hämischen Bemerkungen seiner Aufseher ertrug Jean Ribault. Er begann, sich an sie zu gewöhnen.
Doch beim Mittagessen gab es eine Überraschung besonders übler Art für ihn: O’Leary kreuzte bei den Wasserträgern auf.
Bei welcher Gruppe O’Leary arbeitete, hatte Jean Ribault bisher nicht feststellen können. Es spielte aber auch keine Rolle. Fatal war, daß er sich ziemlich frei bewegen durfte. Keiner der Aufseher hielt ihn auf, als er auf Ribault zuschritt. War auch das eine besondere Verordnung von Don Lope de Sanamonte?
Die Aufseher grinsten nur. Und O’Leary grinste zurück.
„Na, wie macht sich denn unser deutscher Franzose?“ fragte er.
„Er schleppt ganz schön“, sagte einer der Wächter.
„Wird er nie müde?“ fragte O’Leary.
„Was geht dich das an?“ fuhr ihn ein anderer Aufseher an. „Verschwinde, du hast hier nichts zu suchen.“
„Ich bin gleich wieder weg“, sagte O’Leary.
Er trat ganz dicht auf Jean Ribault zu.
„He!“ sagte er. „Ich hab’ noch Hunger. Gib mir deine Suppe. Und den Kanten Brot, den du in der Hand hast.“
Ribault hatte einen der Eimer umgedreht und sich darauf niedergelassen.
„Hau ab“, sagte er.
O’Leary lachte. „Du verstehst mich also, was? Hab’ ich’s doch gewußt. Aber lange kannst du die Dons nicht mehr täuschen.“
„Verzieh dich“, sagte Ribault.
O’Leary trat ihm mit dem Fuß in die Seite. Merkwürdigerweise war keiner der Aufpasser zur Stelle, um ihm seine Peitsche überzuziehen. Die Kerle blickten gerade alle in den Himmel – oder sonstwohin.
Sollen sie, dachte Jean Ribault.
Er war wie der Blitz auf den Beinen und schleuderte O’Leary die Suppe mitten ins Gesicht.
„Da!“ zischte er. „Sonst noch was?“
O’Leary wollte sich auf ihn stürzen, aber Ribault war auf der Hut. Er duckte sich, und seine nächste Aktion war ein Handkantenschlag an die Gurgel des O’Leary.
O’Leary hatte das Gefühl, von einem Pferd getreten worden zu sein. Er prallte zurück, wollte noch einen Fluch ausstoßen, brachte aber kein Wort mehr hervor. Er brach auf der Stelle zusammen und war bereits besinnungslos, bevor er zu Boden fiel.
Plötzlich waren die Aufseher da.
„Du dreckiger Hund!“ brüllte einer von ihnen. „Was machst du denn da?“
„Er hat mich angegriffen!“ rief Ribault, begriff aber im selben Augenblick, daß es überhaupt keinen Zweck hatte, sich zu verteidigen.
Die erste Peitsche zuckte auf ihn nieder. Der Hieb traf ihn voll, der Lederriemen schien seine Haut wie ein Messer aufzuritzen. Dann knallte die nächste Peitsche – und noch eine. Vier Kerle umstellten ihn und droschen mit ihren Peitschen auf ihn ein.
Jean Ribault ging zu Boden. Die