Seewölfe - Piraten der Weltmeere 602. Sean Beaufort

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Название Seewölfe - Piraten der Weltmeere 602
Автор произведения Sean Beaufort
Жанр Языкознание
Серия Seewölfe - Piraten der Weltmeere
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783966880169



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Eure Sensen gegen unsere Geschütze? Los, seid friedlich!“

      Es ging noch eine Weile auf diese Art hin und her. Schließlich entspannten sich die dänischen Fischer und Bauern. Der entscheidende Augenblick schien zu sein, als Edwin Carberry und Smoky in aller Seelenruhe die Laternen an Deck brachten, sie anzündeten und an den gewohnten Stellen anbändselten oder einhängten.

      Das Geläute riß ab, und vom Dachstuhl des Kirchturms ertönte ein gefährliches Knarren.

      Hasard hörte, wie Nils seinen Namen nannte und einige längere Sätze in beschwörendem Ton hinzufügte.

      Ein Mann, nicht viel kleiner als der Seewolf, stand hinter einem Bretterstapel auf, hieb seine Axt ins Holz und hob den Arm.

      „Das ist Rukka Gröndal, der Dorfälteste“, erklärte Nils. „Wir sollen dort vorn anlegen.“

      In der sinkenden Dunkelheit stakten die Seewölfe mit vier Riemen die Schebecke in eine Position, aus der sie bei genügend hohem Wasser das Schiff leicht wenden konnten. Jetzt schrammte der Kiel dreimal leicht über den schlickigen Grund, ehe die Wurfleinen und die Festmacher ausgebracht werden konnten.

      „Endlich breitet sich Einsicht aus“, sagte Hasard und dachte, daß die Fischer natürlich recht hatten, wenn sie sich und hier Hab und Gut verteidigten. Sie schienen tatsächlich geglaubt zu haben, auf der Schebecke befänden sich die Männer des leicht erregbaren Wikingers.

      „Abwarten“, warnte Dan O’Flynn. „Sie sehen nicht gerade schafsfromm aus.“

      Auch der Pfarrer von Nymindegab war ein riesiger, breitschultriger Mann mit schulterlangem Haar und einem mächtigen Bart. Der Seewolf sprang auf den stabil aussehenden Steg. Er knöpfte die Felljacke auf und zeigte, daß er im Gurt weder eine Hiebwaffe noch eine Pistole trug. Hinter ihm schwang sich Nils auf die frisch gehobelten Planken.

      „Also“, erklärte der Seewolf, der immerhin einige Wörter Dänisch verstand und von vielen anderen den Sinn richtig deuten konnte, „sage diesen beiden Gentlemen, daß wir kurz nach Sonnenaufgang oder nach gestiegener Flut wieder ablegen werden.“

      Der Däne übersetzte, die beiden Männer überlegten und antworteten, und einige Fischer näherten sich mit blakenden Fackeln. Der Pfarrer betrachtete sein Gegenüber ebenso prüfend wie der Seewolf ihn und den Ältesten.

      „Es freut sie, das zu hören. Sie haben auch verstanden, daß wir der ‚Ragnhylt‘ geholfen haben. Aber es gehen schlimme Gerüchte um.“

      „Über uns etwa?“

      „Über ein Schiff, das an der Küste unangenehme Akte der Piraterie unternommen hat.“

      „Also nicht über uns. Sage ihnen bitte, daß wir drüben im Krug essen und trinken wollen. Nicht mehr. Und nichts anderes. Wir zahlen nötigenfalls auch für den Liegeplatz.“

      „Aber nicht viel!“ rief Old Donegal von der Kuhl her.

      Nils übersetzte nach einem längeren Wortwechsel: „Der Pfarrer, Hochwürden Marian Ladelund, hat eben folgendes erklärt, und zwar glaubwürdig: von seinem Amtsbruder in Giellerup weiß er, daß auf Befehl von König Kristian Soldaten aufgebrochen sind. Sie sollen die Küstendörfer bis hinauf nach Skagen schützen, wenn der schwarze Segler wieder anlegen sollte.“

      „Sage Hochwürden Ladelund, daß wir gern mit den Soldaten sprechen und trinken werden. Vielleicht können wir ihnen einen Rat geben, wo sie das Schiff finden.“

      „Er fragt, ob wir den Wikinger kennen.“

      Diese Frage war zu erwarten gewesen.

      „Sage ihm mehr oder weniger die reine Wahrheit. Übertreibe nicht“, erwiderte Hasard und hoffte, daß weder der Pfarrer noch der Älteste viel Englisch verstanden. Mittlerweile war die Menge der Dörfler größer geworden, die den Bug der Schebecke auf der Düne und dem Steg umstanden.

      Schließlich erklärte der Älteste: „Also ist’s beschlossen. Bleibt hier und geht in den Krug. Aber alle, die auf dem Schiff sind, passen nicht hinein, wenn noch ein paar von uns kommen.“

      Der Seewolf hielt dem Ältesten die Hand hin, schüttelte die schwielige Pranke und meinte: „Wir rücken zusammen, selbst wenn die Soldaten erscheinen. Und wahrscheinlich tut es euch leid, wenn wir morgen wieder weg sind.“

      Er drehte sich um, winkte seinen Leuten zu und rief: „Vertäut das Schiff! Wir bleiben hier. Es gibt keinen Ärger, wenn wir keinen Dänen provozieren.“

      Aus den Reihen der Crew ertönten erleichterte und sarkastische Bemerkungen, aber sie alle hatten die dänischen Fischer und Schäfer gesehen. Fast jeder, auch die jungen Männer, war großgewachsen, breitschultrig und sah so aus, als könne er dänische Muster des Profoshammers austeilen – und in Dänisch hieß er auch „hammer“.

      Tatsächlich nickte der Pfarrer, legte seine Hände gegeneinander und versprach in verständlichem Englisch: „Ich glaube, es wird eine ruhige, wenn auch heitere Nacht, die keiner von uns bedauern wird.“

      „Das kann ich versprechen“, antwortete der Seewolf und grinste breit und voller Vergnügen.

       2.

      Nymindegab war wirklich nicht mehr als ein Dorf von Fischern und Bauern, die sich selbst versorgten und mit den umliegenden Gemeinden und denen, die weiter im östlichen und südlichen Teil der großen Halbinsel lebten, Handel trieben. Zweimal im Jahr oder mitunter häufiger legte ein Kauffahrer hier an. Die Bewohner versuchten mit großem Fleiß, Land zu gewinnen und viel Fisch, Schaffleisch, Käse und Wolle zu verkaufen.

      Im Krug gab es, mehr als eine Stunde später, etwa zwei Dutzend freie Plätze. Neben dem Eingang saßen Nils, der Seewolf, Hochwürden und Rukka Gröndal. Vor ihnen standen die halb leergetrunkenen Humpen.

      „Nun“, erkundigte sich mit der Hilfe seines Nachbarn der Seewolf beim Ältesten, „noch immer das geschliffene Beil unterm Tisch wegen uns, Rukka?“

      „Nein. Habe keine Sorge mehr“, erwiderte Rukka. „Nicht wahr, Marian?“

      „Meine Amtsbrüder, mit denen ich mitunter Briefe wechsle“, Marian wechselte ins bessere Englische über und hob seinen Humpen, „haben mir angelegentlich geschrieben, in Latein oder Englisch, daß es einen bemerkenswerten Kapitän geben soll. Er wird respektvoll ‚der Seewolf‘ genannt, von Freund und Gegner. Habt ihr mit ihm etwas zu tun?“

      „Man nennt meine Männer und mich so“, gab Hasard ruhig zu. „Und wir haben den schlechten Ruf zu Unrecht. Wenn wir angegriffen werden, schlagen wir zurück. Zu deinen frommen Schäfchen, die auch die andere Wange hinhalten, Hochwürden Ladelund, zählen wir also nicht.“

      Ladelund leerte seinen Becher und bemerkte: „Die Schafe, sagt man, werden in Trab gehalten, wenn zwischen ihnen ein paar Wölfe auftauchen. Gibt bessere Wolle, sagt man.“

      Er stand auf, nickte den Männern am Tisch zu und sagte nachdrücklich: „Sprecht dem Bier nicht zu sehr zu. Auch Seewölfe brauchen einen klaren Kopf.“

      „Den haben wir meistens. Mit oder ohne Bier.“

      Hochwürden winkte den anderen Gästen zu, von denen die meisten den Scherzen der Seewölfe lauschten und zu verstehen versuchten, was sie sagten. Die Tür ging auf, und Batuti schob sich in dem Augenblick hinein, in dem der Pfarrer an ihm vorbeiwollte.

      „Heute nacht kein wildes Glockengeläut mehr“, erklärte Batuti lachend. „Ich war auf der Düne. Großartiger Ausblick, sage ich euch.“

      Die Tür blieb offen, und der Nachtwind wirbelte den Kaminrauch hinaus, den Rauch aus der Pfeife eines Fischers, Staub und Wollreste.

      Hasard deutete den Gesichtsausdruck und die Worte des Gambiamannes richtig und fragte halblaut: „Was hat dir diese Aussicht eingebracht?“

      „Das Bild von Leuten, die hierherkommen. Auf der Straße von Skjern, wenn ich den Namen richtig verstanden habe. Fischer