Seewölfe - Piraten der Weltmeere 335. Fred McMason

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Название Seewölfe - Piraten der Weltmeere 335
Автор произведения Fred McMason
Жанр Языкознание
Серия Seewölfe - Piraten der Weltmeere
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783954397327



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kam es schließlich, daß über Smokys Koje zu lesen stand:

      „Island, 27. April 1593. Beginn der Vaterschaft mit Gunnhild. 27. Januar 1594 etwa nachts um eins Ankunft von Little Smoky so gut wie sicher. Kann auch zwei Uhr werden. Smoky.“

      Yes, Sir, das hatte der Decksälteste Smoky wirklich und wahrhaftig in die Wand über seiner Koje geritzt. Die anderen, die das mühsam entzifferten, lachten sich krank.

      Auch der grämliche Mac Pellew grinste, als er das las.

      „Wenn einer ’ne Ente im Ofen hat“, sagte er, „dann muß er auch einen ausgeben, das ist nun mal der Lauf der Welt.“

      „Versteh’ ich nicht“, sagte Smoky, „was hat denn das mit ’ner Ente zu tun?“

      „Wegen der Tradition ist das, deswegen“, belehrte ihn Mac. „Der Tradition kann man nicht entrinnen, du Rohrkrepierer.“

      „Aha“, sagte Smoky verständnislos, aber er gab doch bereitwillig einen aus. Und so kam es, daß sie klammheimlich einer nach dem anderen wechselweise im Krankenraum verschwanden und auf Smokys Kosten einen lenzten.

      So schön der letzte Verlauf der Reise auch war, ein Haar gab es schon wieder in der Suppe.

      „Galeone auf Gegenkurs“, meldete Bill aus dem Großmars.

      An sich war das nicht ungewöhnlich, denn in der Karibischen See herrschte reges Leben.

      Hasard zeigte verstanden und störte sich nicht weiter an der Galeone auf Gegenkurs. Zudem war sie noch sehr weit entfernt, und sie würde – wenn sie auf Kurs blieb – auch in sehr großer Distanz an dem Sechser-Verband vorbeilaufen. Der Verband hielt jedenfalls weiter stur Kurs auf die Kimm zu, hinter der nach einigen Stunden bereits die ersten Inseln auftauchen mußten.

      Da Vorsicht gerade in diesem Teil der Welt immer sehr angebracht war, weil es hier von Schnapphähnen und raubeinigen Piraten geradezu wimmelte, griff Hasard zum Kieker und blickte hindurch.

      „Sie hat den Kurs um einen Strich geändert“, sagte Ben Brighton. „Obwohl dazu nicht der geringste Grund besteht.“

      „Weißt du denn, wohin sie will?“ fragte Hasard.

      „Das nicht, Sir. Aber so mitten auf See? Mir scheint, die Kerle sind etwas neugierig geworden.“

      „Hmm, nicht auszuschließen.“

      Hasard setzte den Kieker ab und schob ihn zusammen. „Vermutlich ist es ein Don, der auf der Rum-Route segelt. Aber er ist nicht beladen. Sehr merkwürdig.“

      Die „Rum-Route“, das war die Strecke von Kuba nach Spanien über den Atlantik. Von Kuba aus wurden Geleitzüge zusammengestellt, mit Gold und Silber beladen und dann nach Spanien geschickt. Einzeln und noch dazu unbeladen segelnde Schiffe auf dieser Route waren allerdings recht ungewöhnlich, denn die Dons lebten ständig in der Angst, von den Engländern aufgebracht zu werden. Die Vergangenheit hatte es ja oft genug bewiesen.

      Nach einer knappen halben Stunde sah Hasard wieder durch den Kieker. Die Galeone war jetzt einwandfrei zu erkennen. Sie war von ihrem Kurs nicht mehr weiter abgewichen und erweckte tatsächlich den Eindruck, als würde sie einsam nach Nordost segeln. Eine Flagge führte sie allerdings nicht.

      Der vorsichtige Ben Brighton meldete wieder Bedenken an, als er einen Blick durchs Spektiv geworfen hatte.

      „Der Eimer gefällt mir nicht“, murmelte er. „Die segeln so gottbetont unauffällig, die Kerle. Es zeigen sich auch nur ein paar Leute an Deck. Der Kahn ist einfach nicht richtig einzustufen. Und verdammt gut bewaffnet ist das Eimerchen auch. Zwölf Stücke an Backbord.“

      „Wir sind sechs Schiffe“, sagte Hasard. „Glaubst du, er wird irgend etwas riskieren? Nein, Ben, auf keinen Fall, da kann er sich gleich selbst in Grund und Boden bohren.“

      Die Distanz verkürzte sich weiter. An Deck des vermeintlichen Dons zeigten sich nur ein halbes Dutzend Gestalten. Zwei standen auf dem Achterdeck, die anderen arbeiteten auf der Kuhl und der Back.

      Nein, der Don konnte nichts Übles im Sinn haben, denn die Schiff-zu-Schiff-Entfernung betrug mindestens zwei Meilen. Geschütze, die diese Distanz überbrückten, mußten erst noch erfunden werden.

      Dennoch gab Hasard die merkwürdige Route zu denken, auf der die Galeone segelte. Bei allen Teufeln, wohin führte ihr Kurs?

      Sie erfuhren es bald – und wunderten sich anfangs.

      Kaum war die Galeone an dem Verband vorbeigesegelt, erfolgte eine neue Kursänderung. Weit achteraus drehte der Don von Nordost auf Nord, dann auf Nordwest, und schließlich fiel er so weit ab, daß er ihnen auf Südwestkurs in respektabler Entfernung folgte.

      „Ein Schnüffler“, sagte Big Old Shane, „den hat die Neugier gepackt, der möchte zu gern wissen, wohin wir wollen. Was jetzt, Sir? Der Kerl folgt uns, als gehöre er dazu.“

      „Vielleicht ist es einer jener kleinen Schnapphähne und Piraten, die regelmäßig die karibischen Inseln überfallen, ihren Raid starten und dann blitzschnell verschwinden. Jetzt entdeckt er uns und ist aufmerksam geworden. Damit könntest du recht haben, Shane. Er benimmt sich wie ein Jagdhund auf der Fährte. Aber wir können keine neugierigen und lästigen Zuschauer brauchen.“

      Der Don segelte jetzt auf seinem neuen Kurs etwa vier Meilen vom letzten Schiff achteraus.

      Er war wirklich mehr als lästig und klebte wie eine Fliege hinter ihnen, die sich nicht verscheuchen ließ.

      Folgte er ihnen auch weiterhin im Kielwasser, dann konnten sie ihren Kurs zur Schlangeninsel nicht mehr fortsetzen, um das Geheimnis der Insel nicht preiszugeben. Viele karibische Schnapphähne wußten, daß es diese Schlangeninsel gab, nur ihre Lage war nicht bekannt, und die Gerüchte darüber wollten nie verstummen.

      Auch auf den anderen Schiffen hatte man längst bemerkt, welche Laus da ganz unverfroren in ihrem Pelz hing. Sie hatte sich eingenistet und dachte gar nicht daran, freiwillig wieder das Feld zu räumen.

      Aber noch segelte der Verband weiter, denn von der „Isabella“ war noch kein Signal übermittelt worden.

      Hasard saß wieder einmal zwischen zwei Stühlen, denn den lästigen Beobachter abzuschütteln, war gar nicht so einfach.

      „Wir werden den Kurs ändern und an den Caicos-Inseln vorbeilaufen“, sagte er zu Ben und Dan O’Flynn. „Vielleicht gelingt es uns im Laufe der Nacht, den Kerl in die Irre zu führen.“

      „Weshalb segeln wir nicht auf ihn los und geben ihm eins aufs Maul?“ fragte Dan, „das wäre die schnellste und überzeugendste Antwort.“

      „Gerade das ist es ja, was ich vermeiden möchte, Dan. Jagen wir ihn davon, dann weiß er, daß wir etwas zu verbergen haben und wird nur noch neugieriger werden. Er wird flüchten und sich wieder anhängen. Es wäre besser, wir splittern den Verband auf und segeln auf verschiedenen Kursen weiter. Oder wir laufen eine der unbewohnten Inseln an und gehen dort vorläufig vor Anker. Das wird ihn irritieren und ihm bewußt werden lassen, daß er doch auf einer falschen Fährte ist.“

      „Das wird wohl das beste sein“, meinte Ben Brighton. „Das kostet uns höchstens zwei Tage Zeit, aber den Kerl sind wir los.“

      „Dann laufen wir die Turks-Islands an“, sagte Hasard. „Zwei Strich Backbord, Pete.“

      „Zwei Strich Backbord liegt an“, sagte Pete Ballie etwas später.

      Hasard blickte achteraus. Bei Kurswechseln war kein Zusatzsignal vereinbart worden. Die anderen hatten immer den Schwenk des Vordermannes nachzuvollziehen. Und sie alle wußten, weshalb der Seewolf den Kurs jetzt änderte.

      Klar, da war dieser lästige Zaungast, und der ging ihnen mit seiner penetranten Neugier langsam, aber sicher auf die Nerven. Sie hätten ihn auch stellen, angreifen und versenken können, doch das entsprach nicht ihrer Mentalität. Die Kerle auf der Galeone hatten sie nicht provoziert, sie waren eben nur neugierig. Und daß sie Schnapphähne oder Piraten waren, das ließ sich noch