Homilien über den Brief an die Hebräer. Johannes Chrysostomos

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Название Homilien über den Brief an die Hebräer
Автор произведения Johannes Chrysostomos
Жанр Документальная литература
Серия Die Schriften der Kirchenväter
Издательство Документальная литература
Год выпуска 0
isbn 9783849660178



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Etwas ein auf deine Rechtschaffenheit? Höre, was Christus spricht: „Wenn ihr Alles gethan habt, so sprechet: Wir sind unnütze Knechte, denn wir haben nur unsere Schuldigkeit gethan.“22 Oder bläht dein Reichthum dich auf? Sage mir doch, warum? Hast du nicht gehört, daß wir nackt in dieses Leben eingegangen und auch nackt wieder aus demselben scheiden werden? Ja noch mehr. Siehst du nicht, daß Diejenigen, welche vor dir gelebt, nackt von hinnen gegangen? Wer soll nun im Besitze fremder Güter hochmüthig sein? Denn Diejenigen, welche sie nur zum eigenen Genusse verwenden wollen, verlieren sie auch wider Willen, oft noch vor ihrem Lebensende, im Tode ganz sicher. Aber solange wir leben, sagt man, gebrauchen wir sie doch nach Belieben. Schwerlich dürfte sich Jemand finden, der sie so bald nach Wunsch gebrauchen könnte, und vermöchte er auch, sie nach Belieben zu verwenden, so ist auch Das noch nichts Großes; denn kurz ist diese Zeit im Vergleiche mit der endlosen Ewigkeit. Du bist hochmüthig, o Mensch! weil du wohlhabend bist? Warum denn? Das können auch Räuber sein und Diebe und Mörder und Weichlinge und Hurer und alle schlechten Menschen. Warum bist du nun stolz? Wenn du nämlich den Reichthum pflichtmäßig verwendest, so darfst du nicht hochmüthig sein, damit du nicht das Gebot übertretest; verwendest du ihn aber auf pflichtwidrige Weise, so sollst du eben darum noch demüthiger sein, weil du ein Sklave von Geld und Gut geworden und unter deren Herrschaft schmachtest. Denn sage mir: wenn ein Fieberkranker viel Wasser hinunterstürzte, das für den Augenblick den Durst löschte, später aber die Fieberflamme vermehrt, sollte sich dieser darauf Etwas einbilden? Wie aber, wenn du dir nun gar viele thörichte Sorgen machst, sollte Das deinen Sinn aufblähen? Warum? Sprich! Weil du viele Gebieter hast? weil dich tausend Sorgen quälen? weil dir Viele schmeicheln? Das ist aber Knechtschaft. Damit du aber einsehest, daß du ein Sklave bist, so höre aufmerksam zu! Die andern Leidenschaften, die sich in uns regen, sind zuweilen nützlich, wie der Zorn nicht selten es ist, denn es heißt: „Ein ungerechter Zorn wird nicht ohne Strafe sein,“23 woraus folgt, daß es auch einen gerechten Zorn gibt. Und wiederum: „Wer seinem Bruder ohne Grund zürnt, wird der Hölle schuldig sein.“24 Ferner können der Wetteifer und die Begierde gut sein; letztere nämlich, wenn sie sich die Kindererzeugung zum Ziele setzt, dieser aber, wenn er Wetteifer im Guten ist; wie auch Paulus sagt: „Der Eifer im Guten ist allzeit gut;“25 und wiederum: „Strebet an die besseren Gnadengaben!“26 Beide also sind nützlich; die Tollkühnheit aber ist nirgends ersprießlich, sondern überall unnütz und schädlich. Will aber Jemand stolz sein, so sei er stolz auf die Armuth, nicht auf den Reichthum! Warum? Weil Derjenige, welcher mit Wenigem zu leben vermag, viel größer und besser ist, als wer Das nicht kann.

       V.

      Denn sage mir, wenn Etliche in eine königliche Stadt gerufen würden, und die Einen weder Zugthiere noch Dienerschaft noch Zelte noch Herberge noch Schuhe noch Geräthe nöthig hatten, sondern es ihnen genügte, nur Brod zu haben und Wasser aus der Quelle zu schöpfen; die Andern aber sagten: Wenn ihr uns nicht Fahrzeuge gebt und ein weiches Lager, so können wir hier nicht wohnen, und wenn wir kein zahlreiches Gefolge haben und nicht fortwährend in behaglicher Ruhe leben können, so ist’s uns unmöglich, zu bleiben. Auch muß man uns ein Gespann zur Verfügung stellen und durch einen kleinen Theil des Tages einen Spaziergang vergönnen und noch vieles Andere: - welche möchten wir wohl bewundern? Diese oder Jene? Offenbar Diejenigen, welche keine Bedürfnisse haben. So ist es auch hier. Diese haben auf ihrem Wege durch’s Leben Vieles, Jene aber Nichts nöthig, so daß, wenn überhaupt ein Stolz stattfinden sollte, man seinen Ruhm in der Armuth suchen müßte. Aber der Arme ist verächtlich, sagt man. Nicht der Arme, sondern Diejenigen, die ihn wegwerfend behandeln. Denn wie sollte ich nicht Jene verachten, die es nicht verstehen, Achtung zu zollen, wem Achtung gebührt? Wird ja auch ein Maler die unwissenden Spötter verlachen und sich keineswegs an ihr Geschwätz kehren, sondern in seinem Selbstbewußtsein seine Zufriedenheit finden. Sollten nun wir uns von dem Urtheile des großen Haufens abhängig machen? Wie wäre Das verzeihlich? Darum verdienen wir verachtet zu werden, wenn wir Diejenigen, denen wir wegen unserer Armuth verächtlich erscheinen, nicht geringschätzen und nicht als erbärmliche Menschen ansehen wollten. Ich will es unterlassen, zu sagen, wie viele Sünden aus dem Reichthum entstehen, wie viel Gutes die Armuth erzeugt; jedoch sind weder Reichthum noch Armuth an sich etwas Gutes, es kommt nur darauf an, welchen Gebrauch man davon macht. Für den Christen ist die Armuth eine größere Quelle des Ruhmes als der Reichthum. Wie so? Wer in Armuth lebt, wird demüthiger, besonnener und gemessener, bescheidener und verständiger sein; wer aber im Reichthume sitzt, findet dagegen viele Hindernisse. Besehen wir uns einmal die Werke, welche der Reiche vollbringt oder vielmehr Derjenige, welcher vom Reichthum einen schlechten Gebrauch macht. Ein Solcher raubt, übervortheilt, übt Gewalthätigkeit. Was weiter? Wirst du nicht finden, daß die sündhaften Liebeshändel und die zügellosen Fleischesgelüste und die Zauberei und die Giftmischerei und alle anderen Schlechtigkeiten aus dem Reichthum entsprießen? Siehst du, daß es leichter ist, in der Armuth die Tugend zu üben als im Reichthum? Denn wähne ja nicht, daß die Reichen, wenn sie auch hier ungestraft bleiben, sich keiner Vergehen schuldig machen; wäre es nämlich leicht, sie (nach Gebühr) zu bestrafen, so würde man die Gefängnisse davon angefüllt finden. Aber zu den anderen Übeln gesellt sich für den Reichen auch Dieses, daß er im Besitze seiner Geldmacht seine Schlechtigkeiten ungestraft ausübt und von feinen bösen Thaten nicht absteht; daß er Wunden empfängt ohne die Heilmittel und Niemand ihm einen Zügel anlegt. Wollte sich aber Jemand bemühen, so würde er finden, daß die Armuth auch vielfache Mittel zum Vergnügen darbietet. Wie denn? Weil sie von Sorgen, von Haß, Kampf, Streitsucht, Zwist und zahllosen bösen Dingen befreit ist. Jagen wir darum dem Reichthum nicht nach und beneiden wir nicht immer Die, welche Vieles besitzen! Haben wir aber Glücksgüter, so wollen wir dieselben, wie es Pflicht ist, gebrauchen; sind sie uns aber versagt, so sollen wir uns darüber nicht grämen, sondern wir wollen in Allem Gott loben, daß er es uns möglich gemacht, bei weniger Mühe denselben Lohn wie die Reichen oder noch einen größeren, wenn wir wollen, zu gewinnen, und Geringes wird für uns die Quelle großer Vortheile sein; denn auch Derjenige, der zwei Talente gebracht, wurde gleichen Lobes und gleicher Ehre theilhaftig wie Der, welcher fünf vorgelegt hat. Warum? Weil Jener, dem zwei Talente anvertraut waren, Alles, was an ihm lag, erfüllt und das Empfangene verdoppelt zurückgebracht hat. Was beeifern wir uns denn, Vieles in Verwaltung zu bekommen, da es uns möglich ist, aus Wenigem den gleichen, ja noch größeren Nutzen zu ziehen, da die Arbeit geringer, der Lohn aber reichlicher ist? Auch wird der Arme von Dem, was er hat, leichter sich trennen als der Reiche, welcher viele und große Schätze besitzt. Oder wisset ihr nicht, daß, je mehr Reichthümer Jemand zusammengerafft, desto mehr derselben ersehnt? Damit uns also Das nicht begegne, wollen wir nicht nach Reichthum haschen, nicht verdrießlich die Armuth ertragen, nicht nach irdischen Schätzen schmachten, sondern was wir etwa besitzen, nach der Vorschrift des heiligen Paulus gebrauchen, der da spricht: „Welche haben, als hätten sie nicht, und welche diese Welt gebrauchen, als gebrauchten sie dieselbe nicht,“27 damit wir der verheißenen Güter theilhaftig werden durch die Liebe und Barmherzigkeit (Gottes).

      Dritte Homilie.

       I.

      

       6. 7. 8. Und wenn er den Erstgebornen abermal in die Welt einführt, spricht er: Es sollen ihn anbeten alle Engel Gottes. - Und in Hinsicht auf die Engel sagt er: Er macht seine Engel zu Winden und seine Diener zu Feuerflammen; - aber zum Sohne spricht er: Dein Thron, o Gott, steht immer und ewig.

      Unser Herr Jesus Christus nennt seine Ankunft im Fleische Ausgang, wie er auch spricht: „Ein Saemann ging aus, zu säen;“28 und wieder: „Ich bin von meinem Vater ausgegangen und komme.“29 Dieß kann man an vielen Stellen so finden. Paulus aber nennt dieselbe Eingang, da er schreibt: „Und wenn er den Erstgebornen abermal in die Welt einführt.“ Diese Einführung (Eingang) nennt er also die Fleischesannahme (Menschwerdung). Warum wird aber für dieselbe Sache eine verschiedene Bezeichnung gebraucht und wozu diese Ausdrucksweise? Das erhellet aus Dem, was bezeichnet wird; denn Christus nennt seine Ankunft mit Recht Ausgang; standen wir ja ferne von Gott. Und gleichwie an einem königlichen Hofe die Gefangenen und welche den König