Homilien über den Brief an die Hebräer. Johannes Chrysostomos

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Название Homilien über den Brief an die Hebräer
Автор произведения Johannes Chrysostomos
Жанр Документальная литература
Серия Die Schriften der Kirchenväter
Издательство Документальная литература
Год выпуска 0
isbn 9783849660178



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schreibt er, „und jeder Ungehorsam hat den gerechten Vergeltungslohn empfangen.“ Nicht diese, auch nicht jene, sondern jede. Nichts blieb ungeahndet, sondern empfing den gerechten Vergeltungslohn, d. h. Strafe. Warum aber drückt er sich so aus? Paulus pflegt keine große Sorgfalt auf die Wahl der Ausdrücke zu verwenden, sondern ohne Unterschied, auch um etwas Rühmliches zu bezeichnen, ein Wort von übler Bedeutung zu setzen, wie er auch anderswo sagt: „Und gefangen nehmen jeden Verstand zum Gehorsam Christi.“47 Und wieder an einer anderen Stelle setzt er Vergeltung für Strafe, und hier nennt er die Strafe Lohn: „Wenn es anders,“ sagt er, „gerecht bei Gott ist, daß er Denjenigen, welche euch in Trübsal versetzen, mit Trübsal vergelte und euch, die ihr Trübsal leidet, mit Ruhe,“48 d. h. die Gerechtigkeit ist nicht zu Grunde gegangen, sondern Gott hat sich erhoben und Strafe verhängt über die Sünder, wenn gleich nicht alle Sünden offenbar werden, falls nämlich reine Gesetze verletzt wurden. „Wie werden wir daher,“ sagt er, „entfliehen, wenn wir ein so großes Heil ausser Acht lassen?“ Dadurch zeigt er, daß jenes Heil kein großes gewesen. Schön ist der Ausdruck: „so großes“ gesetzt; denn nicht aus Kriegen, sagt er, wird er uns retten, noch auch die Erde und die Erdengüter uns schenken; der Tod soll seine Vernichtung, der Teufel seinen Untergang finden und das Himmelreich und das ewige Leben uns zu Theil werden; denn Dieß alles zeigt er kurz in den Worten: „Wenn wir ein so großes Heil ausser Acht lassen.“ Dann führt er noch den Überzeugungsgrund an: „welches Anfangs von dem Herrn kund gemacht (worden), d. h. welches von der Quelle selbst feinen Ursprung hatte: kein Mensch noch eine erschaffene Macht, sondern er selbst, der Eingeborne, hat dasselbe auf diese Erde gebracht. - „Dann von Denen, die es gehört, in uns befestiget worden ist.“ Was heißt Das: „Es ist befestiget worden“? Es ist anvertraut worden, oder es ist in Erfüllung gegangen. Denn wir haben, sagt er, das Unterpfand, d. h. das Heil ist nicht erloschen, es hat nicht aufgehört, sondern es herrscht und ist Sieger. Die Ursache aber ist die wirksame göttliche Kraft. - Was haben die Worte: „von Denen, die es gehört,“ für einen Sinn? Sie bedeuten: Diejenigen, welche es vom Herrn gehört, haben uns (im Glauben) befestigt. Das ist aber etwas Großes und Zuverlässiges. So schreibt auch Lukas im Anfange seines Evangeliums: „Wie uns Jene überliefert haben, die vom Anfange an selbst sahen und Diener des Wortes waren.“49 Wie ist es nun befestiget worden? Wie nun, wenn Diejenigen, die es gehört haben, Erdichtungen mittheilten? Um diesen Einwurf zu beseitigen und eine übermenschliche Gnade anzuzeigen, fügt er bei:

       4. Indem es Gott mitbezeugte.

      Denn Gott würde, hätten sie Erdichtungen vorgebracht, nicht für sie Zeugniß gegeben haben; Jene legen zwar Zeugniß ab, aber auch Gott ist Zeuge. Wie gibt er Zeugniß? Nicht durch das tönende Wort; denn auch Das wäre verlässig gewesen. Wie denn? „Durch Zeichen und Wunder und mancherlei Krafterweisungen.“ Schön setzt er die Worte hinzu: „Durch Zeichen und mancherlei Krafterweisungen,“ wodurch er die Fülle der Gnadengaben anzeigt, welche bei den Vorfahren nicht gewesen; denn diese hatten weder so große noch so mannigfache Zeichen; d. h. wir haben Jenen nicht ohne Weiteres geglaubt, sondern sind durch Zeichen und Wunder dazu gebracht worden, so daß wir also nicht Jenen, sondern Gott selbst glauben. „Und durch Gaben des heiligen Geistes nach seinem Willen.“ Wie kömmt es nun aber, daß auch die Zauberer Zeichen thun und die Juden sagten, daß er durch Beelzebub die Teufel austreibe?50 Aber solche Zeichen thun sie nicht; darum sagt er: „Durch mancherlei Kraftäusserungen;“ denn jene sind keine Krafterweise, sondern nur Ohnmacht und Einbildung und ganz hohles Zeug. Darum sagt er: „Durch Gaben des heiligen Geistes nach seinem Willen.“

       V.

      Hier scheint er mir noch auf etwas Anderes hinzudeuten; denn wahrscheinlich hatten nicht Viele die Gnadengaben, und diese schienen von ihnen gewichen zu sein, weil sie selbst im Eifer nachgelassen hatten. Um sie nun auch darüber zu trösten und nicht ganz fallen zu lassen, erklärt er das Ganze für ein Werk des göttlichen Willens. Gott weiß, will er sagen, was einem Jeden zuträglich ist, und demgemäß vertheilt er seine Gnade. Ebenso macht er es auch im Briefe an die Korinther, da er schreibt: „Nun aber hat Gott die Glieder gesetzt, jedes einzelne von ihnen am Leibe, wie er gewollt hat.“51 Und wieder: „Jedem aber wird gegeben die Offenbarung des Geistes zum Frommen.“52 Er zeigt, daß die Gnadengabe nach dem Willen des Vaters verliehen werde. Oft war auch ein unreines und träges Leben die Schuld, daß Viele keine Gnadengabe empfingen; manchmal wurde auch Denen keine zu Theil, welche ein schönes und reines Leben führten. Warum? Damit sie nicht stolz, nicht eingebildet, nicht lässiger würden, und damit die Aufgeblasenheit nicht die Oberhand gewänne. Denn wenn auch ohne Gnadengabe das alleinige Bewußtsein eines unbefleckten Lebens aufblähen kann, um wie viel mehr kann so Etwas stattfinden, wenn auch noch die Gnade dazu kommt. Daher wurde sie auch mehr den Demüthigen und Einfältigen gegeben, ja meistens den Einfältigen; denn „in Einfalt,“ heißt es, „und mit Freude des Herzens.“53 So empfingen sie von Paulus eine größere Anregung und, falls sie lässiger waren, einen heilsamen Schmerz. Denn der Demüthige, und der von sich selber keine hohe Einbildung hat, gewinnt größeren Eifer, sobald ihm eine Gnadengabe zu Theil wird, da er sie unverdient empfängt und nicht daran denkt, daß er derselben würdig sei. Wer aber etwas Erhebliches gethan zu haben vermeint, glaubt, die Sache gebühre ihm, und bläht sich auf. Darum übt Gott hierin eine heilsame Verwaltung. Dasselbe kann man auch in der Kirche wahrnehmen. Denn der Eine besitzt die Lehrgabe, der Andere ist nicht im Stande, auch nur den Mund aufzuthun. Niemand versinke darum in Trauer, denn „Jedem wird gegeben die Offenbarung des Geistes zum Frommen.“54 Denn wenn schon ein Hausherr weiß. wem er irgend Etwas anvertraut, um wie viel mehr Gott, der den Sinn der Menschen kennt und Alles anschaut, ehevor es geschieht. Nur Eines ist der Trauer werth, nämlich die Sünde, sonst aber Nichts. Sage nicht: Warum habe ich keine Reichthümer? Oder: Wenn ich solche hatte, würde ich sie unter die Armen vertheilen. Du weißt nicht, ob du, wenn du sie hättest, nicht noch habsüchtiger sein würdest. Jetzt zwar sprichst du so; solltest du aber die Probe bestehen, dürftest du anders gesinnt sein. Wenn wir gesättiget sind, glauben wir, leicht fasten zu können; aber nach Verlauf einer ganz kurzen Zeit beschleichen uns andere Gedanken. Wiederum, wenn wir frei sind von Trunkenheit, glauben wir diese Leidenschaft beherrschen zu können; wenn sie uns aber überwältiget hat, ist es anders. Sage nicht: Warum habe ich nicht die Lehrgabe empfangen? Oder: Wenn ich sie hätte, würde ich Unzählige erbauen. Du weißt nicht, wenn du sie hättest, ob sie dir nicht zum Gerichte sein würde, ob nicht Neid, ob nicht Trägheit dich dahin bringen würden, das Talent zu vergraben. Nun aber bist du von all Diesem frei und mußt, wenn du auch das Vollmaaß nicht beibringen kannst, darüber nicht Rechenschaft geben; widrigenfalls würde dich eine ungeheuere Schuldenlast drücken. Übrigens bist du auch jetzt nicht ohne Gnadengabe. Zeige im Kleinen, wie du dich verhalten würdest, wenn du jene besäßest. „Denn wenn ihr,“ heißt es, „im Kleinen nicht treu waret, wie wird euch Jemand Großes übergeben?“55 Erweise dich wie jene Wittwe; diese hatte nämlich nur zwei Obole, und Alles, was sie besaß, warf sie in den Opferkasten. - Du suchst Reichthümer? Zeige, daß du das Wenige verachtest, damit ich dir Vieles anvertrauen kann. Wenn du aber im Kleinen diese Verachtung nicht zeigst, so wirst du viel weniger im Großen es thun. Zeige ferner den pflichtgemäßen Gebrauch deiner Worte dadurch, daß du Aufmunterung und guten Rath ertheilest! Du kannst nicht als Redner öffentlich auftreten? Bist du nicht im Besitze reicher Kenntnisse? Nun, so weißt du doch, was die meisten Menschen wissen. Du hast einen Sohn, einen Nachbar, einen Freund, einen Bruder, du hast Hausgenossen: wenn du nun auch öffentlich in der Versammlung keinen großen Vortrag zu halten vermagst, so kannst du Diesen doch im Privatkreise manch heilsame Ermahnung ertheilen. Hier brauchst du keine Redekunst zu entfalten, auch dich nicht weit zu verbreiten; an Diesen beweise deine treue Sorgfalt, die du entwickeln würdest, wäre dir die Gabe der Rede verliehen. Bist du aber im Kleinen nicht eifrig, wie soll ich dir im Großen vertrauen? Weil Dieß aber ein Jeder vermag, so höre, wie Paulus auch den Laien Solches befiehlt! „Erbauet,“ sagt er, „Einer den Andern, so wie ihr auch thut;“56 und: „So tröstet denn einander mit diesen Worten!“57 Gott weiß, wie er einem Jeden zutheilt. Bist du besser als Moses? Höre, wie er zagend klagt: „Kann ich denn,“ sagt er, „sie tragen,