Название | Big Ideas. Das Klassische-Musik-Buch |
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Автор произведения | Hall George |
Жанр | Изобразительное искусство, фотография |
Серия | |
Издательство | Изобразительное искусство, фотография |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783831082681 |
Meister der Melodie Guillaume Dufay neben einer tragbaren Orgel. Buchmalerei aus der Dichtung Le Champion des Dames, 15. Jh.
PREISE, ZUNGE, DAS GEHEIMNIS DIESES LEIBS VOLL HERRLICHKEIT
MISSA PANGE LINGUA (UM 1515), JOSQUIN DESPREZ
IM KONTEXT
SCHWERPUNKT
Weitergabe von Musik
FRÜHER
Um 1415–1420 Die größte Sammlung italienischer Musik des 14. Jh., der illustrierte Squarcialupi Codex, wird in Florenz zusammengestellt.
1457 Der Codex Psalmorum, hergestellt in Mainz, ist das erste gedruckte musikalische Werk, jedoch noch mit handgeschriebenen Noten.
SPÄTER
Um 1520 Der englische Drucker John Rastell produziert das erste Notenblatt, bei dem Notenlinien, Noten und Text in einem Schritt gedruckt werden.
1710 Die Statute of Anne gewährt britischen Autoren zum ersten Mal das Urheberrecht über ihre gedruckten Werke, welches sich ab 1777 auch auf Musik erstreckt.
Josquin Desprez, um 1450 in Frankreich geboren, profitierte als einer der Ersten von der Erfindung der Druckerpresse Mitte des 15. Jahrhunderts. Davor wurden Noten durch professionelle Kopisten von Hand vervielfältigt. Wie der Schweizer Musiktheoretiker Heinrich Glarean im 16. Jahrhundert schrieb, »veröffentlichte [Desprez] seine Werke nach reiflicher Überlegung und vielen Korrekturen«. Eine Sorgfalt, die seine Kompositionen auf dem entstehenden Musikmarkt populär machte. Ein Zeitgenosse von Desprez, der italienische Drucker Ottaviano Petrucci, perfektionierte eine Methode zum Druck von Partituren in drei Schritten: Notenlinien, Noten und Text. Petruccis erste Veröffentlichung Odhecaton, eine Auswahl von fast 100 weltlichen Stücken, hauptsächlich von franko-flämischen Komponisten, darunter Desprez, Busnois, Obrecht, und Agricola, erschien 1501. Um der Herausforderung einer ersten Sammlung mehrstimmiger Musik für die Messe mit unterlegtem Text zu begegnen, entschied sich Petrucci, seine Misse (1502) allein Werken von Desprez zu widmen.
»Jetzt, da Josquin tot ist, veröffentlicht er mehr Werke als zu seinen Lebzeiten!«
Georg Forster Deutscher Komponist (1510–1568)
Eine späte Messe
Missa Pange lingua war eine der letzten Kompositionen von Desprez. Ihr liegt als zentrale Melodie ein Fronleichnamshymnus des italienischen Mönchs und Theologen Thomas von Aquin zugrunde. Das Werk wurde nicht rechtzeitig für Petruccis letztes Buch mit Messen von 1514 fertig, jedoch nachträglich im Jahr 1532 veröffentlicht.
HÖRE DAS LOB UND GEBET
SPEM IN ALIUM (UM 1570), THOMAS TALLIS
IM KONTEXT
SCHWERPUNKT
Groß angelegte Chormusik
FRÜHER
Um 1500 Der französische Komponist Antoine Brumel schreibt die zwölfstimmige Messe Et ecce terrae motus, bekannt als die »Erdbebenmesse«.
1568 Alessandro Striggios Motette Ecce beatam lucem für 40 Stimmen mit Instrumenten wird in München aufgeführt.
SPÄTER
1682 Heinrich Biber komponiert die Missa Salisburgensis für 53 Stimmen, aufgeteilt in sechs Chöre aus Sängern, Streichern, Blockflöten, Zinken und Posaunen, zwei Ensembles aus Trompeten und Pauken und mindestens zwei Orgeln, das wahrscheinlich umfangreichste Werk des Kolossalbarocks, wie groß angelegte Werke bezeichnet werden.
Die Komposition der 40-stimmigen Motette Spem in alium von Thomas Tallis markiert einen Höhepunkt der frühen englischen Renaissance-Chormusik und war die Antwort auf die kontinentaleuropäische Konkurrenz. Im Jahr 1567 kam der Komponist Alessandro Striggio auf diplomatischer Mission nach England und brachte seine neuesten Kompositionen für 40 oder mehr Stimmen mit. Es waren musikalische Manifestationen von Einfluss und Macht, und man fragte sich, was entstehen würde, wenn sich ein englischer Komponist an solch ein Werk heranwagte. Man wandte sich an Tallis, der unter vier Monarchen, Heinrich VIII., Eduard VI., Maria I. und Elisabeth I., oberster Hofkomponist gewesen war. Tallis katholischer Mäzen, Thomas Howard, vierter Herzog von Norfolk, gab das Werk in Auftrag.
Ein Chor singt aus einer Partitur auf einem Pult. Frontispiz der Practica musicae des italienischen Musiktheoretikers Franchini di Gaffurio, veröffentlicht 1512.
Eine lange Chortradition
England hatte sich schon früher um die Chormusik verdient gemacht. Im 15. Jahrhundert etablierte John Dunstable die contenance angloise, einen unverwechselbaren, harmonisch reichen, polyphonen Stil. Der flämische Musiktheoretiker Johannes Tinctoris bezeichnete Dunstable als »Quelle und Ursprung« musikalischer Innovation.
Eine Generation vor Tallis war Robert Fayrfax, ein Favorit Heinrichs VIII., ein führender britischer Komponist. Er war zwischen 1498 und 1502 Organist der Abtei von St. Albans und komponierte 1504 für seine Promotion die komplexe fünfstimmige Messe O quam glorifica.
Meister der Sakralmusik
Im frühen 16. Jahrhundert, nach seiner Berufung zum Meister der Chorsänger an Thomas Wolseys neu gegründetem Cardinal College in Oxford (dem späteren Christ Church) im Jahr 1526, trat John Taverner als bedeutender Komponist englischer Sakralmusik in Erscheinung. Er komponierte dort drei sechsstimmige Messen, Corona spinea, O Michael und Gloria tibi Trinitas.
In Letzterer wurde der Abschnitt »In nomine domini« (im Benedictus) so eindringlich vertont, dass er andere Komponisten zu Instrumentalbearbeitungen dieses Abschnitts anspornte. So entstanden in England zahlreiche In-nomine-Kompositionen. Diesen folgte das beliebte Instrumental-Genre »Fancy« (Fantasie), das ohne vokales Vorbild auskam.
Taverner zog sich nach Wolseys Sturz in seine Heimat Lincolnshire zurück und schrieb nur noch wenig Musik. John Sheppard gelang es vielleicht etwas besser, seine Werke an den Geschmack katholischer und protestantischer Monarchen anzupassen. Er war drei Jahre lang Chorleiter am Magdalen College in Oxford und ab 1552 Gentleman der Chapel Royal unter Eduard VI. und Maria I. Er starb am Vorabend der Thronbesteigung Elisabeths im Jahr 1558. Ein Großteil seiner Musik blieb jedoch erhalten. Sein sechsstimmiges Responsorium Media vita ist ein monumentales Werk zur Fastenzeit mit einem eindrucksvollen, langsamen Nunc-dimittis-Gesang, der sich durch das Werk zieht.
»Als der Herzog [Spem in alium] hörte, nahm er seine goldene Halskette ab und legte sie Tallis an und schenkte sie ihm.«