Название | Seewölfe - Piraten der Weltmeere 266 |
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Автор произведения | Frank Moorfield |
Жанр | Языкознание |
Серия | Seewölfe - Piraten der Weltmeere |
Издательство | Языкознание |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783954396627 |
Ed Carberry stieß ein gefährlich klingendes Knurren aus. „Niemand hat mich angesteckt, und abergläubisch bin ich auch nicht, damit das klar ist! Oder meinst du plattfüßiger Rochen etwa, daß ich wie Donegal die Windsbräute und Wassermänner raunen und wispern höre, was, wie?“
Luke Morgan war ein gewitzter Bursche, der so leicht keinem Wortgefecht aus dem Weg ging. Wozu auch! Eine hitzige Debatte wirkte auf die Eintönigkeit des Bordalltags oft wie das Salz in der Suppe. Auch jetzt gab er sich noch lange nicht geschlagen, obwohl er genau wußte, daß man Ed, unter dessen rauher Schale sich ein weicher Kern verbarg, durch ständigen Widerspruch in einen reißenden Löwen verwandeln konnte. Luke Morgan zuckte überlegen mit den Achseln.
„Ob deine rahgetakelten Ohren etwas wispern und säuseln hören, das weiß ich nicht“, erklärte er. „Meinen kurzen Pfiff jedenfalls hast du gehört. Und jetzt verklar mit doch einer, warum dieser mickrige kleine Piepser Unglück oder gar einen Sturm herbeirufen soll! Ich hab dem Teufel schon ein Ohr weggepfiffen, und wie du siehst, habe ich bis jetzt trotzdem jeden Sturm ganz gut überstanden. Und wenn ich dir erst das Liedchen von der rothaarigen …“
„Donner und Wolkenbruch!“ fauchte der Profos. „Wenn du auch nur noch einen Pfiff von dir gibst, werde ich dir die Futterluke mit Pech und Schwefel abdichten. Dann kannst du dir mal überlegen, aus welchen Löchern du sonst noch pfeifen willst, du spitzmäuliger Pfifferling!“
Der Profos der ehemaligen „Isabella VIII.“, die im alten Kanal der Pharaonen unter Sandbergen begraben lag, erhob sich. Drohend reckte er sein gewaltiges Rammkinn vor und stützte die mächtigen Pranken auf die Hüften.
Auch Stenmark wischte sich mit einer raschen Bewegung die Müdigkeit aus den Augen.
„Jetzt hört doch endlich auf zu streiten“, brummte er ärgerlich. „Oder wollt ihr euch vor den Franzmännern lächerlich machen, he?“
„Was verstehst du grüner Hering schon vom Pfeifen?“ erboste sich Ed.
Aber auch der Schwede war nicht auf den Mund gefallen.
„Eigentlich verstehe ich eine ganze Menge davon“, gab er zurück, „und auf Wunsch kann ich dir alle Tonlagen anbieten – hoch und tief, vorwärts und rückwärts. Wenn es sein muß, kann ich sogar so schrill pfeifen, daß es dir glatt die Stiefel ausziehen würde.“
„Wehe, du gibst eine Kostprobe von dir!“ Ed dachte nicht daran, seine Meinung über das Pfeifen zu ändern.
„Keine Angst“, fuhr Stenmark fort. „Ich selber bin zwar nicht abergläubisch, aber ich habe mir angewöhnt, auf jene Rücksicht zu nehmen, die es sind. Und wenn Mister Morgan diese christliche Tugend von mir übernimmt, wird hier nicht mehr gepfiffen. Niemand braucht dann mehr Angst vor einem Sturm zu haben.“
Ed Carberry starrte ihn entgeistert an.
„Soll das vielleicht heißen, daß ich jemals Angst vor einem Sturm gehabt hätte, was, wie?“ Sehr zur Freude Luke Morgans wandte er seinen ganzen Groll Stenmark zu.
„Natürlich nicht“, beeilte sich dieser zu sagen. „Niemand würde einen solchen Blödsinn behaupten. Schließlich kennen wir dich ja schon lange genug. Aber trotzdem befürchtest du doch zumindest, daß das Pfeifen einen Sturm herbeilocken könnte.“
„Und das funktioniert auch, darauf kannst du dich verlassen“, sagte der Profos. „Das Pfeifen klingt wie das Heulen des Windes bei einem Sturm. Wind braucht zwar jeder Segler, aber er soll aus einer ganz bestimmten Richtung und in einer ganz bestimmten Stärke wehen. Und wenn dann irgend so ein plattnasiges Rübenschwein zu pusten anfängt, kann das den Wind aus einer ganz anderen Richtung herbeiholen. Das dürftet ihr triefäugigen Kanalratten langsam wissen! Wie lange fahrt ihr eigentlich schon zur See, was, wie?“
„Mir ist das nichts Neues“, erwiderte Stenmark. „Und ich hab’s auch schon erlebt, daß bei Windstille selbst alte Seeleute in den Großmars aufgeentert sind, um in eine ganz bestimmte Richtung zu pfeifen, aus der dann der Wind wehen sollte …“
„Na und? Was ist dann geschehen?“ unterbrach ihn Ed. Sein finsterer Blick schien langsam einer zufriedeneren Miene zu weichen.
Stenmark grinste hinterhältig.
„Natürlich ist der Wind irgendwann wiedergekommen“, sagte er. „Aber manchmal hat er trotz allen Gepfeifes verdammt lange auf sich warten lassen.“
„Na, hoffentlich gibt das jetzt keinen Ärger“, meinte Luke Morgan. „Ich habe zwar über die Richtung nicht weiter nachgedacht, aber mein Pfiff war, wenn ich mich recht erinnere, nach unten, zur Kuhl gerichtet. Von dorther kann ja wohl kein Sturm aufziehen, es sei denn, einer der Burschen hat so wie Henri zu viele Zwiebeln im Bauch, dann können natürlich einige Winde …“
Ed Carberry unterbrach ihn. „Willst du wohl dein loses Maul halten, he? Und schreib dir eins hinter die Ohren, Freundchen: Ein Carberry ist weder abergläubisch, noch läßt er sich von einer schwindsüchtigen Maus, wie du sie bist, schräg anpiepsen. Solltest du das noch einmal versuchen, werde ich dir ganz langsam und mit viel Gefühl die …“
„Ich weiß – ich weiß, Mister Carberry, Sir!“ rief Luke Morgan. „Es wird aber besser sein, wenn wir die Haut vorerst noch an meinem Achtersteven dran lassen, denn meine Freiwache ist gleich vorbei und Monsieur Duval hat mich als Rudergänger eingeteilt.“
Der drahtige Mann mit der Messernarbe über der Stirn, der einst aus der englischen Armee desertiert war, stieg über den Niedergang zur Kuhl hinunter. Es war schon eine Seltenheit, daß der gute Edwin Carberry sich so abergläubisch gebärdete, denn normalerweise würde er nicht einmal davor zurückschrecken, des Teufels Großmutter in die Suppe zu spucken. Aber irgendwo, so stellte er gleich Stenmark mit Genugtuung fest, hat eben jeder Mensch seinen kleinen Vogel – auch wenn er nur so groß ist wie ein winziger Kolibri.
Die Mittagssonne stach grell vom Himmel und hüllte die Decks der „Mercure“ in einen flimmernden Hitzeschleier. Der Großteil der Besatzung war froh darüber, daß es nicht viel zu tun gab. Die Segel standen bestens und mußten nicht einmal nachgetrimmt werden. Die dreimastige „Mercure“, deren Besanmast ein Trapezsegel an einer langen Rahrute führte, rauschte nach wie vor zielstrebig ihrem Heimathafen entgegen.
Henri, ein hagerer Mann, den der Kutscher in der Kombüse abgelöst hatte, balancierte einen irdenen Teller mit dampfendem Inhalt zur Vorpiek. Dabei wurde er von Marchais, einem kleinen, dunkelhaarigen Kerl, der eine Pistole in der Rechten hielt, begleitet.
Wer Henri von früher her kannte, mußte ihm zugestehen, daß er sich sehr zu seinem Vorteil verändert hatte, seit ihn die Crew – was bitter nötig gewesen war – kräftig abgeschrubbt hatte. Vorher war Henri mit der Sauberkeit ständig auf Kriegsfuß gewesen und zudem oft von heftigen Blähungen gequält worden, weil er täglich Unmengen von Zwiebeln in sich hineingestopft hatte. Bis vor kurzem noch hatte ihn die Crew deshalb Pet genannt, was schlicht und einfach „Furz“ bedeutete.
Doch ungeachtet dieses wenig schmeichelhaften Spitznamens zogen zur Zeit die herrlichsten Gerüche aus dem Kombüsenschott. Man mußte es dem Kutscher, einem dunkelblonden und etwas schmalbrüstigen Mann, der früher als Kutscher für Doc Freemont in Plymouth gearbeitet hatte, schon lassen – vom Kochen verstand er eine ganze Menge. An Bord der ehemaligen „Isabella“ hatte er die Mägen der Seewölfe täglich aufs neue verwöhnt. Und jetzt, an Bord der „Mercure“, kam es seinen Kochkünsten sehr entgegen, daß die Galeone eine Unmenge von Gewürzen in ihren Laderäumen transportierte.
Henri und Marchais waren nur noch wenige Schritte von der Vorpiek entfernt, als sie ein kräftiges Pochen vernahmen. Das Geklopfe gegen das verriegelte Schott wurde von lauten spanischen Flüchen begleitet.
Über Henris hageres Gesicht zog ein Grinsen.
„Der Kerl kann’s wohl wieder nicht abwarten“, sagte er zu Marchais.
Auch der kleine, nur fünf Fuß große Bursche verzog das Gesicht zu einer schadenfrohen Grimasse.
„So hat man’s gern“,