Seewölfe - Piraten der Weltmeere 239. Burt Frederick

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Название Seewölfe - Piraten der Weltmeere 239
Автор произведения Burt Frederick
Жанр Языкознание
Серия Seewölfe - Piraten der Weltmeere
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783954395750



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verdammten Schwachköpfe!“ brüllte der Kapitän der Piraten. „Ihr habt verdient, daß ich euch kielholen lasse! Und, verdammt noch mal, ich sehe keinen Grund, warum ich das nicht tun soll!“

      Dark Joe hob die Rechte zu einer beschwichtigenden Geste. Sein Arm brannte noch immer wie Feuer von dem Schlag, und auf seinem Hinterkopf prangte eine mächtige Beule, die sein lockiges Schwarzhaar wölbte.

      „Jetzt hör erst mal zu“, sagte er vorsichtig. „So dämlich, wie du denkst, haben wir uns nämlich nicht angestellt.“

      „Soso“, knurrte Lord Henry. „Was ist es anderes als Dämlichkeit, wenn man sich seinen Beutel mit Silbermünzen und Perlen klauen läßt – und außerdem noch sämtliche Waffen?“

      Die Männer im Halbkreis konnten sich ein Grinsen nicht verkneifen. Ihre Züge glätteten sich aber sofort wieder, als sie Dark Joes giftigen Blick spürten. Ihn fürchteten sie wie die Pest, auch wenn er im Moment ziemlich klein und häßlich aussah.

      „Diese Säcke aus dem Dorf hätten uns niemals überfallen“, verteidigte sich Dark Joe. „Was wir nicht wissen konnten, war, daß hier irgendwo in der Nähe eine Bande von Wegelagerern kampiert haben muß. Dieser Schweinehund von einem Wirt hat sie benachrichtigen lassen, ohne daß wir es mitkriegen konnten. Und dann konnten die Halunken in aller Ruhe anrücken. Thad und mich haben sie im Hinterhof überfallen und die anderen draußen beim Brunnen. Als wir wieder wach geworden sind, haben wir keinen von den Kakerlaken mehr zu sehen gekriegt. Nur noch Frauen und Kinder und alte Leute sind im Dorf. Die Kerle haben vermutlich ein Versteck irgendwo in den Bergen. Da hocken sie jetzt mit den Strauchdieben und teilen sich wahrscheinlich feixend die Beute.“

      „So wird es sein“, sagte Lord Henry und nickte grimmig. „Was du hier heute an Silber und Perlen verplempert hast, Joe, werden wir dir und den anderen natürlich vom Anteil an der Beute abziehen.“ Er wandte sich zu den Männern im Halbkreis um. „Durchsucht das ganze verdammte Nest! Und wenn ihr keine von den Bilgenratten findet, dann bringt mir eins von den Weibsbildern. Notfalls werden wir es aus ihr herausprügeln, wo sich die Kerle versteckt halten.“

      Die Piraten von der „Cruel Jane“ hasteten los. Der Schein der Fackeln verteilte sich auf die wenigen Häuser des Dorfes. Sehr bald wurden zeternde Frauenstimmen laut, begleitet vom wilden Grölen der Lord-Henry-Crew.

      Der Kapitän der Piraten trat an den Brunnen heran, wo Dark Joe und die beiden anderen mit niedergeschmetterten Mienen ausharrten. Von allen Seiten war das Gebrüll der Männer zu hören, wie sie die Häuser durchstöberten und die Frauen in Schrecken versetzten.

      Keiner von ihnen würde es indessen wagen, sich an einer der Frauen zu vergreifen, denn Lord Henrys Befehl war unmißverständlich gewesen. Zeitverlust durch Spielereien am Rande konnten sie sich nicht leisten.

      Lord Henry pikte dem schwarzen Joe mit dem Zeigefinger gegen die Brust.

      „Ich will dir mal was sagen, mein Lieber. Ist dir überhaupt klar, was ihr angerichtet habt?“

      „Natürlich.“ Joes Stimme klang kleinlaut, und er senkte den Kopf. „Ich würde mir ja am liebsten selbst in den Hintern treten, wenn’s dadurch ungeschehen würde.“

      „Das ist es nicht allein“, knurrte Lord Henry. Er wandte sich ab und ging fünf Schritte auf und ab, wobei seine Bewegungen die Gereiztheit eines gefangenen Tigers hatten. Abrupt blieb er vor Dark Joe stehen. „Es ist unser Ruf, der hier versaut wird. Jeder verdammte Idiot zwischen Neapel und Salerno wird bald wissen, daß man Lord Henrys Leuten nur ein bißchen auf die Rübe zu klopfen braucht und sie dann mit Leichtigkeit ausplündern kann. Mann, das kommt dann noch so weit, daß diese süditalienischen Bastarde sich totlachen, wenn sie uns bloß zu sehen kriegen.“

      „Das würde ich keinem raten“, erwiderte Dark Joe mit neu erwachender Selbstsicherheit. „Dann veranstalten wir eben mal einen richtigen Tanz, und unser guter Ruf ist wieder da.“

      „Trotzdem“, sagte Lord Henry. Er preßte die Lippen aufeinander und schüttelte den Kopf. „Es ist eine Schande, was in diesem Kaff passiert ist. Verdammt noch mal, das können wir nicht auf uns sitzenlassen. Wenn ich’s mir richtig überlege, sollten wir diese Bruchbuden anstecken und in Flammen aufgehen lassen.“

      „Gute Idee“, sagte Dark Joe und nickte begeistert. Im nächsten Atemzug verzog er schmerzerfüllt das Gesicht, denn durch die heftige Bewegung hatte er ein wüstes Feuerwerk in seinem Schädel entfacht.

      Lord Henry brachte seine Überlegungen nicht mehr zu Ende, was die Wiederherstellung seines guten Rufs betraf.

      Wildes Geschrei, das das bisherige Stimmengewirr übertönte, drang plötzlich aus einem der Häuser am Dorfplatz. In die Schreie der Frauen mischte sich eine gellende männliche Stimme in höchster Not. Lord Henry, Dark Joe und die anderen fuhren herum.

      Vier Piraten waren es, die aus dem Haus auftauchten. Zwei von ihnen drängten die Frauen zurück, die ihnen zeternd nachzusetzen suchten. Die beiden anderen schleiften einen jungen Burschen auf den Brunnen zu. Er wehrte sich verzweifelt, doch ohne Erfolg. Dem stählernen Griff der beiden bulligen Männer von der „Cruel Jane“ war er nicht gewachsen.

      Sie zerrten ihn vor Lord Henry hin, und der eine, ein untersetzter Schwarzbart, hieb dem jungen Burschen die Faust in die Seite, daß er seinen Widerstand endgültig aufgab und mit einem wilden Schmerzensschrei aufrecht stehen blieb.

      „Der hatte sich auf dem Dachboden versteckt“, sagte der Schwarzbärtige grimmig. „Wenn du mich fragst, Lord Henry, war es sein Job, uns zu beobachten. Wahrscheinlich sollte er als Kurier dienen für den Fall, daß wir den hinterlistigen Kakerlaken in die Berge folgen.“

      Lord Henry zog die Augenbrauen mit gespieltem Staunen hoch und hörte mit versonnenem Nicken zu. Betont langsam trat er zwei Schritte auf den jungen Burschen zu und musterte ihn von Kopf bis Fuß. Der Gefangene war schlank und drahtig. Er trug eine helle Leinenhose und ein ebensolches Hemd. Seine Fußbekleidung bestand aus dünnen Ledersandalen.

      Dark Joe trat von der Seite auf ihn zu und riß ihm das Messer aus der Scheide am Gürtel. Er hob die schmale Klinge und betrachtete sie grinsend im Fackelschein.

      „Suche einstellen!“ brüllte Lord Henry mit Stentorstimme zu den Häusern hin. Dann wandte er sich wieder dem Gefangenen zu. Dessen Gesicht war blaß, die Augen waren groß und furchtsam auf den blonden Riesen gerichtet.

      „Jetzt hat er die Hosen voll“, sagte Dark Joe und strich mit dem Daumen prüfend über die rasiermesserscharfe Klinge. „Ich wette, er gehört zu den Strauchdieben. Sieh dir seine Hände an, Henry. Der hat noch nie auf einem Bauernhof gearbeitet. Der verdient sein Geld dadurch, daß er in fremde Taschen greift.“

      Der Kapitän der Piraten nickte gedankenverloren. Von allen Seiten tauchten jetzt wieder die Männer mit ihren Fackeln auf, die die Häuser durchsucht hatten. Unvermittelt gab sich Lord Henry einen Ruck, als er zu einem Entschluß gelangte.

      „Wie heißt du?“ fragte er. In der italienischen Sprache kannte er sich so weit aus, daß er sich verständigen konnte.

      „Fahr zur Hölle!“ zischte der junge Bursche haßerfüllt.

      Lord Henry war mit einem blitzschnellen Schritt bei ihm. Seine Faust zuckte ohne erkennbaren Ansatz vor. Der Gefangene klappte zusammen. Er brüllte vor Schmerz. Welche ungeheure Muskelkraft dieser blonde Riese hatte, wurde ihm erst jetzt klar.

      Und jäh wuchs in ihm die Furcht davor, noch einmal diese Faust spüren zu müssen. Der Schwarzbärtige griff in sein Haar und zog brutal seinen Kopf in den Nacken, so daß er gezwungen war, den Kapitän der „Cruel Jane“ wieder anzusehen.

      „Wir können die Behandlung beliebig fortsetzen“, sagte Lord Henry mit spöttischem Grinsen. „Es sei denn, du entschließt dich, doch meine Fragen zu beantworten. Also noch einmal: Wie heißt du?“

      „Giuseppe Cantaro“, ächzte der Gefangene schmerzerfüllt. Unverändert hielt der Schwarzbart seinen Haarschopf gepackt.

      „Fein, Giuseppe.“ Lord Henry nickte zufrieden. „Als nächstes