Seewölfe Paket 20. Roy Palmer

Читать онлайн.
Название Seewölfe Paket 20
Автор произведения Roy Palmer
Жанр Языкознание
Серия Seewölfe - Piraten der Weltmeere
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783954397792



Скачать книгу

Wasser und hielt auf das Ufer der Insel zu. Bald konnte Caligula die Kerle deutlich erkennen, die sogar ein Stück ins seichte Wasser gewatet waren. Sie winkten immer noch, als befürchteten sie, die Schaluppe könne plötzlich wieder verschwinden.

      Caligula beobachtete das mit kritischem Blick. Verdammt, das sah ganz danach aus, als sei etwas passiert. Warum sonst gebärdeten sich die vier Kerle so wild? Nach seiner Landung fauchte er sie sofort an.

      „Was ist los? Redet schon! Warum benehmt ihr euch wie ein paar Verrückte?“

      Limba und seine drei Kumpane, die von Casco und den anderen Meuterern ins Wasser geworfen worden waren, redeten alle gleichzeitig.

      „Meuterei!“ schrie einer. „Die Schweine sind mit dem Schiff abgehauen!“ ein anderer.

      Erst nach einer heftigen Geste Caligulas beruhigten sich die Kerle, und Limba berichtete in kurzen Worten, was nach seinem, Caligulas, Weggang von der „Caribian Queen“ geschehen war.

      „Auch die Black Queen ist hier“, fügte er hinzu. „Wir haben dort hinten zwischen den Palmen eine Notunterkunft für sie errichtet, denn sie ist ja noch nicht wieder richtig auf den Beinen.“

      Caligula ließ einen ellenlangen Fluch vom Stapel. Hatte er überhaupt richtig gehört? Meuterei? Und dieser verdammte Casco war mit fast der gesamten Mannschaft und dem Schiff verschwunden?

      Für einen Augenblick glaubte Caligula, wahnsinnig zu werden. Ohne jeden Grund, wie aus einer reflexartigen Bewegung heraus, verpaßte er einem der Kerle, der am leichtesten zu erreichen war, einen Fausthieb, der ihn rücklings in den Sand schleuderte. Dann sank er fluchend auf die Knie und trommelte mit beiden Fäusten unaufhörlich in den Ufersand. Die Kette zwischen seinen Händen klirrte und schepperte. Er tobte, fluchte und brüllte wie ein wundes Tier.

      Nach einer Weile beruhigte er sich wieder und erhob sich. Die vier Kerle hielten sich in gebührendem Abstand von ihm auf. Schließlich wußten sie, wie unberechenbar er war.

      Das Gesicht Caligulas glich einer steinernen Maske. Er folgte den vier Piraten wortlos zu einer Palmengruppe, hinter der sich üppiges Grün über die Insel hinzog. Der starre Ausdruck in seinem Gesicht löste sich erst, als er die Stimme der Black Queen vernahm. Sie hockte, halb liegend, in einer Nothütte, die die vier Männer mit ein paar Ästen und Palmblättern errichtet hatten, und sah ihn böse an.

      „Hättest du nicht früher zurückkehren können?“ keifte sie. „Weiß der Teufel, wo du dich herumgetrieben hast. Sicherlich hast du sämtliche Hurenhäuser von Havanna abgeklappert, statt deinen Auftrag auszuführen und auf schnellstem Weg zum Schiff zurückzukehren. Jetzt stecken wir bis obenhin im Dreck.“

      Caligula platzte erneut der Kragen. Er blieb vor der Queen stehen und riß die Arme hoch.

      „Hier, sieh dir diese Kette an! Werden einem diese Dinger vielleicht in den Hurenhäusern angelegt?“

      Die Queen starrte mit zusammengekniffenen Lippen auf seine Handgelenke.

      „Was hat das zu bedeuten?“

      Caligula hieb wild mit der Kette durch die Luft.

      „Das bedeutet, daß man mich gefangengenommen hat!“ brüllte er. „Es war schon ein Kunststück, überhaupt wieder in diese Bucht zu gelangen, nachdem man mich in Havanna in den Kerker geworfen und gefoltert hatte. Wäre mir die Flucht nicht gelungen, würde ich jetzt noch im Verlies des Gouverneurs hocken und mich von den Ratten benagen lassen.“

      Er berichtete mit erregter Stimme von dem, was in Havanna geschehen war. Die unliebsamen Dinge, wie zum Beispiel seine Geschwätzigkeit den Freudenmädchen gegenüber, verschwieg er wohlweislich.

      Doch die sonst so intelligente und raffinierte Piratin brachte nur wenig Verständnis für die Ereignisse in Havanna auf. Ihre Gedanken kreisten im Augenblick nur um ihre ausweglose Lage.

      „Was soll jetzt aus uns werden?“ geiferte sie zornig. „Wir hocken als arme Leute auf dieser beschissenen Insel und wissen nicht, was uns der morgige Tag bringen wird. Eins schwöre ich dir, Caligula: Sobald ich wieder gesund bin, werde ich diesen verdammten Hurensohn namens Casco jagen bis zum Ende der Welt. Und von dir erwarte ich das gleiche. Er wird bitter bezahlen für jede Minute, die ich auf dieser Insel verbracht habe.“

      Darin pflichtete ihr Caligula lebhaft bei.

      Dennoch war die Lage mehr als trostlos für das einst so erfolgreiche Gespann. Sie hatten – das mußten sie sich eingestehen – eine totale Niederlage erlitten. Der Traum von der Eroberung der Karibik war ausgeträumt, und zwar restlos. Sie standen vor einem völlig ungewissen Neuanfang. Die bisher so reiche Beute war weg, der Zweidecker war weg, und damit waren sie so arm wie die ärmsten Bettler. Hauptsächlich das war es auch, was sie nahezu um den Verstand brachte.

      Caligula war nur noch ein entlaufener Sträfling, denn er hatte noch immer die Kette zwischen den Handgelenken, und die Queen war siech und schwach. Die einst so stolze Piratin, vor der jedermann gekuscht hatte, war nur noch ein gereiztes, keifendes und kränkliches Weib.

      Die Stunden vergingen. Caligula, die Black Queen sowie Limba und die drei anderen Kerle hockten während der heißen Mittags- und Nachmittagsstunden im Schatten der Palmen und brüteten die meiste Zeit dumpf vor sich hin. Erst gegen Abend hatte sich Caligula zu einem Entschluß durchgerungen.

      „Auf jeden Fall können wir nicht auf dieser Insel bleiben“, sagte er. „Hier gehen wir langsam vor die Hunde. Außerdem weiß man nicht, was Casco und den anderen Hurensöhnen noch einfällt. Ich halte sie sogar für imstande, dem Seewolf einen Tip zu geben, damit er weiß, wo er uns finden kann. Auf diese Weise hätte uns Casco rasch vom Hals.“

      „Du hast recht“, bestätigte die Queen. Ihre Stimme klang wieder ruhiger und besonnener. „Der Boden ist hier zu heiß für uns. Auch wenn wir noch nicht wissen, wie es weitergehen soll, müssen wir zunächst von hier verschwinden.“

      Die Schlußfolgerung, die Caligula geäußert hatte, klang zwar logisch, aber tatsächlich hatte er ganz andere Gründe für seinen Vorschlag. Er erinnerte sich nämlich dunkel daran, daß er bei den Huren in Havanna großspurig herumposaunt hatte, wo „sein“ Schiff zu finden wäre. Da brauchte nur eine ihr Wissen beim Gouverneur oder seiner Hofclique gegen blanke Münzen einzutauschen, und schon würde eine ganze Armada aufbrechen, um ihn zu schnappen.

      Das war der Grund dafür, daß Caligula es plötzlich sehr eilig hatte, von den Islas de Mangles zu verschwinden.

      Sofort scheuchte er die vier Männer hoch. Die Schaluppe wurde eilig ausgerüstet. Der Proviant bestand ausschließlich aus Kokosnüssen und Früchten, die man auf der Insel gefunden hatte. Etwas Trinkwasser hatten die vier Männer, die der Black Queen treugeblieben waren, notdürftig in leere Kokosnüsse gefüllt.

      Am Schluß wurde die schwarze Piratin in die Schaluppe verfrachtet, und kurz vor Einbruch der Abenddämmerung segelte der Einmaster aus der Bucht.

      „Wohin geht die Fahrt?“ fragte Limba zaghaft.

      „Nach Süden“, erwiderte Caligula kurz angebunden. Mehr wußte er im Augenblick selber noch nicht.

       9.

      Am Spätnachmittag des 27. April im Jahre des Herrn 1594 steuerten die „Pommern“ und der erbeutete Zweidecker jene einsame Insel an, die der Pirat, der von Hasard in die Mangel genommen worden war, als Schlupfwinkel bezeichnet hatte.

      Hasard war auf Nummer Sicher gegangen und hatte den Kerl sogar eine Zeichnung der Insel anfertigen lassen, bevor man ihn zusammen mit seinen beiden Kumpanen in die Vorpiek gesperrt hatte.

      Vor einer Stunde jedoch hatte man ihn herausgeholt und ihm einen Platz auf dem Achterdeck zugewiesen. Nach Hasards Berechnungen konnte man nicht mehr allzu weit vom Ziel entfernt sein, deshalb sollte der Schnapphahn jetzt als Lotse dienen.

      Er tat es bereitwillig, sobald ihn ein Blick aus den eisblauen Augen des Seewolfs traf.

      Natürlich erregte der verluderte