Название | Seewölfe Paket 20 |
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Автор произведения | Roy Palmer |
Жанр | Языкознание |
Серия | Seewölfe - Piraten der Weltmeere |
Издательство | Языкознание |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783954397792 |
Pablo, der Casco an Körperkräften unterlegen war, wollte seinen bisherigen Erfolg auskosten. Der Gedanke, am Ende doch noch der Unterlegene zu sein, war ihm unerträglich, deshalb riß er mit einer jähen Bewegung sein Entermesser aus dem Gürtel. Er wollte unter allen Umständen verhindern, daß der Kreole wieder auf die Beine kam. Schon Sekunden danach zerschnitt die scharfe Klinge seines Messers die Luft und raste auf Casco zu.
Einen Atemzug lang sah Casco dem Tod ins Auge, dann warf er seinen schweren Körper in einem wilden Aufbäumen zur Seite. Das Messer fuhr mit einem dumpfen Geräusch in das Holz der Schiffsplanken.
Casco schäumte vor Wut. Mit einem Schrei, der seinen ganzen Haß zum Ausdruck brachte, griff er ebenfalls zum Messer. Dabei verwünschte er sich selber, weil er es zu Beginn des Kampfes in den Gürtel zurückgesteckt hatte.
Bevor Pablo die scharfe Klinge seiner Waffe aus dem Holz ziehen konnte, war sein Schicksal besiegelt.
„Stirb, du hinterlistiger Hund!“ brüllte Casco und stieß dem narbengesichtigen Burschen, der noch halb über ihn gebeugt war, von unten das Messer in die Brust.
Pablo kippte zur Seite und rollte auf den Rücken. Ein Röcheln verriet dem bulligen Kreolen, daß er seinen Gegner endgültig besiegt hatte. Trotzdem warf er sich in seiner unbändigen Wut über Pablo und hätte ohne Zweifel ein zweites Mal zugestoßen, wenn ihn nicht plötzlich die Stimme einer Frau in die Wirklichkeit zurückgerissen hätte.
Die Stimme gehörte der Black Queen, jener halbnackten Negerin mit dem athletischen Körperbau, die den gefürchteten Zweidecker mit eiserner Hand regierte und sich zum Ziel gesetzt hatte, die gesamte Karibik zu beherrschen.
„Aufhören!“ rief sie mit wütender Stimme. „Sofort aufhören!“
Casco rollte wild mit den Augen, dann ließ er das Messer zähneknirschend auf die Planken fallen.
Der Befehl der Black Queen war jedoch um Sekunden zu spät erfolgt, denn Pablo war tot. Seine Augen starrten gebrochen in den wolkenlosen Himmel.
Die Black Queen, die gestützt vom Feldscher zu einem ihrer sehr kurzen und seltenen Inspektionsgänge aufgebrochen war, blickte Casco böse an.
„Was geht hier vor?“ wollte sie wissen, und jeder an Bord bemerkte, daß ihre Stimme nicht mehr die frühere Schärfe und Festigkeit hatte. Sie war leiser und kraftloser geworden in der langen Zeit, seit die schwarze Piratin ihre schwere Verwundung auskurierte. Früher, ja, da hatte sie ihrem Namen alle Ehre gemacht. Stolz und tatkräftig wie eine Königin war sie aufgetreten und gar mancher hatte sich die Zähne an ihr ausgebissen.
Seit sie sich jedoch im Duell gegen El Tiburon eine Kugel dicht über dem Herzen eingefangen und viele Wochen lang mit Wundfieber, Vereiterungen und gefährlichen Entzündungen in ihrer Koje gelegen hatte, war sie nur noch ein Schatten ihrer selbst.
Casco rappelte sich von den Planken hoch und deutete verächtlich auf die Leiche Pablos.
„Diese Ratte hat mich der Falschspielerei beschuldigt, und zwar unberechtigt, wie jeder dieser Männer hier bezeugen kann.“ Die Blicke, mit denen er seine Spielkumpane bedachte, sagten deutlich genug, daß eine gegenteilige Antwort von ihnen ernste Folgen nach sich ziehen würde.
Die Kerle nickten deshalb eifrig.
„Er hat recht, Madam!“ rief einer von ihnen. „Pablo hat den Streit begonnen. Er hat seine Pechsträhne nicht verwinden können.“
Die Piratin winkte ab.
„Werft die Leiche über Bord!“ befahl sie, und damit war der Fall für sie erledigt.
Die wüsten Kerle führten diesen Befehl aus, zumal es an Bord der „Caribian Queen“ ohnehin nicht üblich war, einen Toten in Segeltuch zu nähen und nach einem Gebet und einer Ansprache der See zu übergeben. Leichen nahmen den gleichen Weg wie die Küchenabfälle: man warf sie einfach über Bord.
Nachdem Pablos Körper mit einem Klatschen in das Wasser der Bucht eingetaucht war, zog sich die Black Queen mit Hilfe des Feldschers in ihre Achterdecksräume zurück. Das hämische Grinsen, das die wulstigen Lippen Cascos dabei umspielte, bemerkte sie nicht.
Sobald die einst so gefürchtete Frau nicht mehr zu sehen war, wandte sich Casco seinen Kumpanen zu. Ihre Schar war durch eine beträchtliche Anzahl Gaffer größer geworden. Das Stimmengewirr, das während des Auftauchens des weiblichen Kapitäns leiser geworden war, schwoll jetzt wieder an. Einige der Schnapphähne hieben dem bulligen Kreolen anerkennend auf die Schultern – getreu dem Brauch, sich immer auf die Seite des Stärkeren zu schlagen.
Casco genoß seinen Triumph, obwohl es nicht mehr sein Sieg über Pablo war, der sein Denken beherrschte. Seine Gedanken kreisten bereits um eine ganz andere Sache. Um eine Sache, die ihm schon seit Wochen im Kopf herumspukte, und über die man zuweilen hinter vorgehaltenen Händen tuschelte.
Der stiernackige Mann mit der breitgeschlagenen Nase zeigte jetzt mit dem Daumen zum Achterdeck.
„Unsere Queen scheint eine Katze ohne Krallen geworden zu sein“, sagte er spöttisch. „Wenn ich sie so kraftlos herumschleichen sehe, erinnert sie mich an meine sieche Großmutter.“
Während einige der verlotterten Burschen ein lautes Gelächter anstimmten, zogen es andere vor, zu schweigen, denn man wußte zur Zeit nicht so recht, wie man dran war auf der „Caribian Queen“.
Überhaupt hatte der Zusammenhalt an Bord in letzter Zeit merklich nachgelassen. Die meisten Männer waren gereizter Stimmung, und nichts fehlte ihnen mehr, als ein wilder Raid, der auch ihre leeren Beutel wieder auffüllte. So aber lag der Dreimaster seit Monaten in dieser einsamen Bucht, um die Genesung der Black Queen abzuwarten.
Das üppige Grün der Insel, die hochaufragenden Palmen und die baumhohen Farne waren oft wochenlang das einzige, was die Mannschaft zu sehen kriegte. Manchmal zog ein Schwarm Vögel lärmend über das Schiff weg und übertönte für einige Augenblicke die Flüche jener, die gerade beim Glücksspiel ihre letzte Barschaft verloren hatten. Die erzwungene Untätigkeit setzte den Kerlen am meisten zu. Alle warteten darauf, daß endlich etwas geschah.
Hinzu kam, daß seit Tagen auch die harte Hand an Bord fehlte. Die Black Queen war noch immer krank und schwach, und Caligula, ihr Geliebter, hatte schon vor acht Tagen das Schiff verlassen, um sich nach Havanna durchzuschlagen. Er wollte herausfinden, was aus Cariba geworden war, der im Auftrag der Black Queen schon vor einem Monat nach Havanna aufgebrochen war, um die Männer von der Schlangen-Insel, jenen schlagkräftigen Bund der Korsaren, den Spaniern ans Messer zu liefern.
Die Queen lebte nur noch ihrer persönlichen Rache. Da Cariba längst überfällig war, hatte der hünenhafte Caligula die Angelegenheit selber in die Hand genommen. Das aber war ein Fehler, wie sich noch zeigen sollte, denn seit er das Schiff verlassen hatte, bröckelte nicht nur der Zusammenhalt an Bord ab, sondern auch die Autorität. Und das war gefährlich, sehr gefährlich sogar.
In der Mannschaft gärte und brodelte es, und gerade Casco war einer von jenen, die genug Schlitzohrigkeit und Durchsetzungsvermögen hatten, um die allgemeine Stimmung auszunutzen.
Auch jetzt begann er das bereits schwelende Feuer wieder aufzuheizen.
„Manchmal frage ich mich“, fuhr er fort, „ob die Queen jemals wieder etwas als Kämpferin taugen wird. Ist euch nicht aufgefallen, wie schwach und abgemagert sie ist, he?“
Viele der Kerle, die sich auf der Back versammelt hatten, nickten zustimmend.
„Wie eine schwindsüchtige Kuh, die keinen Tropfen Milch mehr gibt“, bemerkte einer von ihnen und vollführte dabei eine geringschätzige Geste.
Ein kleiner Bursche mit Säbelbeinen und einer riesigen Warze auf der Nase sagte: „Sie kommt nie wieder richtig auf die Beine, auch wenn sie seit dem Landgang Caligulas ab und zu mal aus der Koje kriecht. Doch sie wird das niemals einsehen, selbst wenn wir hier langsam vermodern.“
„Da hast du verdammt recht, Silo“, ließ sich ein spindeldürrer und baumlanger Kerl vernehmen.