Seewölfe - Piraten der Weltmeere 332. Burt Frederick

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Название Seewölfe - Piraten der Weltmeere 332
Автор произведения Burt Frederick
Жанр Языкознание
Серия Seewölfe - Piraten der Weltmeere
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783954397297



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      Impressum

      © 1976/2017 Pabel-Moewig Verlag KG,

      Pabel ebook, Rastatt.

      eISBN: 978-3-95439-729-7

      Internet: www.vpm.de und E-Mail: [email protected]

       Burt Frederick

Gefangen auf Flores

      Inhalt

       Kapitel 1

       Kapitel 2

       Kapitel 3

       Kapitel 4

       Kapitel 5

       Kapitel 6

       Kapitel 7

       Kapitel 8

       Kapitel 9

      1.

      Der Sonnenaufgang an diesem Morgen des 20. Juni 1593 war ein grandioses Schauspiel. Östlich der Azoren-Insel Flores färbte sich der Himmel blaßrot und tauchte bald darauf die zerklüfteten Berg-Formationen in ein mildes Licht. Von Minute zu Minute wurde die Helligkeit stärker und verdrängte die Dunkelheit in den tiefer gelegenen Regionen der Insel.

      Die Männer an Bord der „Isabella“ hatten keinen Blick für die Schönheit der Natur. Für sie war diese Insel nichts weiter als ein häßlicher Buckel, der aus dem Atlantik ragte und mitsamt seinen durchtriebenen Bewohnern besser in der Tiefe verschwunden wäre. Da sich ein solcher Wunsch aber nicht erfüllte, galt es, einen anderen Ausweg zu finden, um den Seewolf und seine Begleiter zu befreien.

      Die Dreimastgaleone ankerte vor jener Bucht, in der in der Nacht zuvor Philip Hasard Killigrew und seine kleine Einsatzgruppe an Land gegangen waren. Seit Batuti mit der alarmierenden Nachricht vom Scheitern der Unternehmung zurückgekehrt war, hatte keiner der Arwenacks mehr ein Auge zugetan.

      Ein durchdringender Warnruf ertönte unvermittelt aus dem Großmars. Bill hatte seinen Posten als Ausguck bezogen und konzentrierte seine Aufmerksamkeit auf den öden Landstrich, der nur um Kanonenschußweite entfernt lag.

      Schlagartig war es mit der Ruhe an Bord vorbei. Schritte polterten über die Decksplanken, Stimmengewirr setzte ein. Die allgemeine Aufregung erfaßte auch das „Viehzeug“ an Bord, wie Ed Carberry die Tiere auf der „Isabella“ liebevoll zu nennen pflegte.

      Arwenack, der Schimpanse, enterte mit hellem Keckem in den Großmastwanten an Steuerbord auf. Sir John, der karmesinrote Papagei, verließ seinen ruhigen Platz in der festgezurrten großen Jolle und flatterte mit schrillem Keifen hinauf zum Fockmars. Und Plymmie, die Wolfshündin, fegte wie ein geölter Blitz zum Backbord-Schanzkleid, stützte sich mit den Vorderpfoten und spähte hechelnd zur Insel.

      Im selben Moment brach der Wortwechsel der Männer jäh ab.

      Silhouetten erschienen oberhalb der Bucht und zeichneten sich vor der aufgehenden Sonne wie scharf umrissene Scherenschnitte ab. Über einen gewundenen Pfad begann die Kolonne den Abstieg zur Bucht.

      Fünf Männern waren die Arme auf den Rücken gebunden. Außerdem hatte man ihnen einen Strick um das rechte Fußgelenk geschlungen. Durch den Strick waren sie miteinander verbunden, in einem Abstand von jeweils etwa zwei Yards.

      Die restlichen Silhouetten waren deutlich als spanische Soldaten zu identifizieren. Ihre Brustpanzer und die Helme glänzten im frühen Sonnenlicht, matte Reflexe blinkten auf dem Laufstahl ihrer Musketen.

      Den Arwenacks lief ein Schauer über den Rücken. Betroffen starrten auch die Schiffbrüchigen von der spanischen Galeone „Confianza“ zur Bucht.

      Ein heiseres Knurren drang tief aus Plymmies Kehle. Sie schien zu begreifen, was für eine niederschmetternde Bewandtnis es mit der Marschkolonne dort drüben an Land hatte.

      Ed Carberry fand als erster die Sprache wieder.

      „Diese dreimal verlausten Zwiebelfresser“, sagte er wild, „denen drehe ich höchstpersönlich und eigenhändig das Genick um. Aber vorher ziehe ich ihnen die Haut in Streifen von ihren verdammten Affenärschen.“

      „Wenn’s soweit ist, bin ich dabei“, sagte Ferris Tucker grollend, „ich meine, wir sollten sie kielholen, anschließend teeren und federn und dann an der Großrah zum Trocknen aufhängen.“

      „Eins nach dem anderen“, entgegnete der Profos und reckte sein Rammkinn in die Morgenbrise, „notfalls stimmen wir darüber ab.“

      Auf dem steilen Weg zur Bucht gerieten die Gefangenen mehrmals ins Stolpern, denn sie konnten den Gleichschritt nicht halten. Jedesmal wurden sie von den Soldaten mit brutalen Kolbenhieben wieder auf die Beine gebracht und vorangetrieben.

      Die Männer auf der „Isabella“ begannen vor Wut zu kochen. Am schlimmsten war das Gefühl der Ohnmacht, die Tatsache, das Verhängnisvolle ansehen zu müssen und nicht das Geringste tun zu können.

      Dann, nach endlosen Minuten, erreichte die Formation von Gefangenen und Bewachern den Strand. Die fünf Gefesselten wurden unmittelbar ans Wasser getrieben und mußten sich in einer Reihe aufbauen.

      Zehn Soldaten postierten sich in Reihe hinter ihnen und richteten die schußbereiten Musketen auf die Rücken der Gefangenen. Die restlichen Soldaten formierten sich in Hab-Acht-Stellung nur wenige Yards abseits.

      Ben Brighton beobachtete das Geschehen zähneknirschend durch sein Spektiv.

      „Batuti!“ rief er, ohne den Kieker abzusetzen.

      Der herkulische Gambianeger enterte mit wenigen langen Sätzen zum Achterdeck auf.

      „Erkläre mir, wer diese Kerle sind“, sagte Ben Brighton gepreßt. Er ließ das Spektiv sinken und drückte es Batuti in die Hand.

      Dem Gambianeger genügte ein kurzer Blick durch die Optik. Dann gab er dem Ersten Offizier den Kieker zurück. „Dieser kantige Kerl mit dem schwarzen Bart auf der Oberlippe ist der Teniente. Der hat letzte Nacht den Angriff auf die Fischerhütte geleitet. Und der andere, dieser Aufgeblasene mit dem Spitzbart, das kann nur der Kommandant sein. Ich nehme an, daß der Teniente ihn holen ließ.“ Batuti atmete tief durch, und seine Stimme vibrierte, als er weitersprach. „Ist verdammt miserabel, hier an Bord zu stehen. Und die anderen da drüben …“ Er brach ab. Der Zorn schnürte ihm die Kehle zu.

      Ben Brighton schüttelte energisch den Kopf.

      „Hör auf damit, Batuti. Du hast absolut richtig gehandelt. Wenn dir die Flucht nicht geglückt wäre, wüßten wir nicht, was mit Hasard und den Männern passiert ist. Dann könnten uns die Spanier schmoren lassen, solange sie wollen.“

      Der schwarze Herkules preßte die Lippen aufeinander. In seinem Gesicht zuckte kein Muskel, doch wer Batuti kannte, wußte, daß er selten so niedergeschlagen gewesen war wie in diesem Moment. Alle Beschwichtigungen nutzten nichts. Er würde mit seinen Selbstvorwürfen nicht eher aufhören, bis sich alle fünf Gefangenen in Freiheit befanden.

      Ben Brighton setzte erneut das Spektiv ans Auge.

      Der Seewolf stand regungslos, hoch aufgerichtet und mit ausdrucksloser Miene. Neben ihm Adriano de Mendoza y Castillo, der jetzt wahrscheinlich endgültig davon überzeugt war, welche freundlichen Absichten seine Landsleute