Seewölfe - Piraten der Weltmeere 590. Burt Frederick

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Название Seewölfe - Piraten der Weltmeere 590
Автор произведения Burt Frederick
Жанр Языкознание
Серия Seewölfe - Piraten der Weltmeere
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783966880046



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Niederlage der Armada bei den Spaniern noch frisch in der Erinnerung gewesen war. Aber auf der anderen Seite der Argumente stand eben die Tatsache, daß La Coruña der einzige rasch erreichbare Hafen war, in dem man sich Segeltuch und Proviant verschaffen konnte.

      Der Seewolf fuhr fort: „Wir werden ihnen ein Schauspiel liefern, von dem sie noch ihren Enkelkindern erzählen.“

      „Du verstehst es immer besser, einen auf die Folter zu spannen.“

      Der Seewolf lachte leise. „Verzeihung, Ben, das hatte ich nicht vor. Für das Schauspiel müssen wir nur die Rollen richtig verteilen. Wir werden Jäger und Gejagte spielen. Das ist alles.“

      Ben Brighton zog die Brauen hoch. „Dann vermute ich also richtig, wenn die ‚Fidelidad‘ die Gejagte sein wird?“

      „Haargenau.“

      „Und ihr Zufluchtsort ist der Hafen von La Coruña.“

      „Auch richtig.“

      „In Ordnung. Ist dir eines klar? Die Galeone hat praktisch keine Chance, der Schebecke davonzulaufen. Meinst du nicht, daß die Dons das spitzkriegen werden?“

      Hasard wiegte den Kopf. „Wir müssen es nur glaubhaft darstellen. Gut wäre es, wenn wir ein bißchen Nebel hätten. Und dann halten wir die Schebecke einfach mit den Drehbassen der ‚Fidelidad‘ auf Distanz. Das gibt eine wilde Schießerei, bis wir mit knapper Mühe den Hafen erreichen.“

      „Ich höre heraus, daß du die Galeone übernehmen willst.“

      „So stelle ich mir das vor“, erwiderte der Seewolf und nickte.

      „Und Don Juan brauchst du zur sachkundigen Unterstützung.“

      „Du kannst dich wie immer bestens in meine Gedankengänge versetzen.“

      Ben verzog das Gesicht. „Dann brauche ich kaum noch zu fragen, wer die Schebecke übernehmen soll.“

      „Stimmt, Mister Brighton, das wirst du sein, wenn du nichts dagegen hast.“

      Der Seewolf und Don Juan de Alcazar ließen auf ihren Schiffen sämtliches Tuch wegnehmen. Hasard ging mit der Schebecke an Steuerbord der Galeone längsseits, Treibanker wurden ausgebracht, und es folgte eine Lagebesprechung an Bord der „Fidelidad“.

      Die Männer waren vom Vorschlag des Seewolfs auf Anhieb begeistert. Keine einzige Stimme des Widerspruchs erhob sich. Bill, der für die Dauer der Besprechung in den Großmars der „Fidelidad“ aufgeentert war, blieb stumm. Es waren also keine fremden Segler in der Nähe.

      „Wir können uns Zeit lassen“, sagte Hasard daher und wies noch einmal darauf hin, wie wichtig es bei dem geplanten Schauspiel sein werde, aus dem Nebel heraus auf die Hafeneinfahrt zuzustoßen. „Treffen wir unsere Vorbereitungen also in aller Ruhe.“

      „Was für Landsleute werden wir darstellen?“ schnitt Ben Brighton den einzigen Punkt an, der noch nicht erörtert worden war.

      „Algerier“, erwiderte Hasard, ohne lange zu überlegen. „Die Schebecke führt die Flagge des Bundes der Korsaren, und die Männer an Bord werden unverwechselbar als Algerier herausgeputzt. Das wird die Dons in La Coruña nicht gerade glücklich stimmen.“

      „Weil sich die Algerier so weit nach Norden vorwagen?“ fragte Dan O’Flynn.

      Der Seewolf nickte.

      „Die schwarze Flagge sollten wir besser nicht zeigen“, wandte Carberry ein. „Könnte sein, daß da irgend so ein spanisches Rübenschwein schon mal vom Bund der Korsaren gehört hat. Und dann nehmen sie uns die Algerier nicht ab, wenn wir Pech haben.“

      „Das halte ich für unwahrscheinlich“, entgegnete der Seewolf und sah Don Juan an. „Wie beurteilst du das?“

      „Genau wie du“, antwortete der Spanier, der damals – in Havanna – Hasards Todfeind gewesen war. „La Coruña hat nicht die Bedeutung von Cádiz, wo die Gold- und Silbertransporte aus Neuspanien hauptsächlich eintreffen. Hätten wir es mit Cádiz zu tun, würde ich nicht empfehlen, die Flagge mit den goldenen Säbeln zu setzen. Dort unten dürfte es zu viele Seeleute geben, die schon einmal den Atlantik überquert und vom Bund der Korsaren gehört haben.“

      „Es bleibt also dabei“, sagte Hasard entschieden. „Die Flagge wird gesetzt. Sonst noch Fragen?“

      „Die wichtigste für mich“, entgegnete Ben Brighton. „Wer fährt unter meinem Kommando?“

      Hasard hob die Hand zum Zeichen, daß auch er die Aufstellung der Crew jetzt für angebracht hielt. Er hatte Don Juan bereits erklärt, daß er vorhatte, für die Dauer des La-Coruña-Raids das Kommando an Bord der „Fidelidad“ zu übernehmen.

      „Algerische Piraten“ wurden außer Ben Brighton der Gambianeger, Pete Ballie, Gary Andrews, Matt Davies, Old Donegal Daniel O’Flynn, Jeff Bowie, Sam Roskill, Mac O’Higgins, Big Old Shane, Bill und die Zwillinge. An Bord der Schebecke blieb außerdem das Viehzeug – Plymmie, die Wolfshündin, Arwenack, der Schimpanse, und Sir John, der Papagei.

      Mit insgesamt einundzwanzig Mann wurde die „Fidelidad“ besetzt. Neben Hasard gehörten zur Crew der Galeone: Dan O’Flynn, Don Juan de Alcazar, Edwin Carberry, Ferris Tucker, Smoky, Blacky, Al Conroy, Roger Brighton, Paddy Rogers, Will Thorne, der Kutscher, Mac Pellew, Luke Morgan, Bob Grey, Stenmark, Jack Finnegan, Piet Straaten, Jan Ranse, Sven Nyberg und Nils Larsen.

      Der Segelmacher mußte dabei sein, weil er in der Hafenstadt die Beschaffung des Tuchs zu überwachen hatte. Und die beiden Kombüsenmänner waren hinsichtlich des Proviants nicht weniger wichtig.

      Der Kutscher, als gebildeter Mann mit weitreichenden Detailkenntnissen, übernahm es zuvor, die Maskerade der „Algerier“ zu planen und in die Tat umzusetzen. Zum Abschluß zeigte er der gesamten Schebeckencrew das Ergebnis in einem Spiegel.

      Auch Old Donegal hatte seine besondere Kostümierung zu guter Letzt erhalten. Mit einem roten Kopftuch, hinten zusammengeknotet, und einer naturgetreu aufgemalten Messernarbe, die quer über sein Gesicht verlief, glich er den übrigen Männern an Bord der Schebecke auf frappierende Weise. Der alte O’Flynn und die anderen „Algerier“ trugen zusätzlich gekreuzte Gurte über der Brust, an denen Krummsäbel und Dolche in ihren reich verzierten Scheiden baumelten.

      Die orientalischen Blankwaffen stammten noch aus der ursprünglichen Ausrüstung der Schebecke, die letzten Endes von Algeriern „übernommen“ worden war. Bei Brindisi war das gewesen, wo der Seewolf im Dezember des Vorjahres den Entschluß gefaßt hatte, die Schwarzmeerdubas zu opfern. Er hatte den algerischen Dreimaster kurzerhand gerammt. In einem mörderischen Enterkampf waren die Piraten aus Nordafrika dann besiegt worden.

      Jene zwölf Arwenacks unter dem Kommando von Ben Brighton hatten die Schebecke also gewissermaßen in ihren Urzustand zurückverwandelt. Bessere Voraussetzungen hatten sie sich dafür nicht wünschen können, denn jeder von ihnen hatte die wüste Horde der ursprünglichen Schiffseigner noch bestens in Erinnerung.

      Ben Brightons Kopfschmuck bestand aus zusammengerolltem gelbem Stoff. Sobald er den Mund öffnete, wurden zwei vermeintliche Zahnlücken sichtbar, die der Kutscher einfach dadurch produziert hatte, daß er zwei Vorderzähne des Ersten geschwärzt hatte.

      Batuti, als einäugiger schwarzer Hüne, ergänzte das Bild der Crew auf höchst wirkungsvolle Weise. Auch Bill und die Zwillinge hatte der Kombüsenmann zu malerisch aussehenden Gestalten herausgeputzt. Zum Gesamtbild der Verwandlung gehörte ebenso die Unordnung an Deck, wie sie zur Zeit der früheren Eigner bestanden hatte.

      Matt Davies und Jeff Bowie schlenderten grinsend über die Decksplanken und versetzten den sorgfältig aufgeschossenen Tauen Fußtritte. Sam Roskill und Pete Ballie holten das noch nicht gereinigte Geschirr aus der Kombüse und verteilten es wahllos bei den Verschanzungen. Gary Andrews und Big Old Shane beförderten leere Fässer auf das Hauptdeck.

      Nach und nach entstand ein Durcheinander, das selbst den scharfäugigsten Hafenbewachern nicht als mutwillig hervorgerufen erscheinen konnte.

      Weniger