Название | Seewölfe Paket 26 |
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Автор произведения | Roy Palmer |
Жанр | Языкознание |
Серия | Seewölfe - Piraten der Weltmeere |
Издательство | Языкознание |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783954399949 |
Bastida saß in einem Hinterzimmer. Man konnte sein Lachen hören. Wahrscheinlich feilschte er gerade auf Teufel komm raus mit ein paar Kerlen, die ihm Ware verkaufen wollten. Diese Narren zogen dabei garantiert den kürzeren und mußten sich mit dem begnügen, was Bastida ihnen in seiner unendlichen Güte zugestand. Aber das war immer noch besser als gar nichts – besser auf jeden Fall als ein Messer in Leib oder Gurgel.
Dieser Gonzalo Bastida war schon ein gerissener Kerl, das mußte ihm der Neid lassen. Er hatte das Monopol. Keiner focht es an. Auf seine Weise hatte er in Havanna genausoviel Macht wie der Gouverneur. Er regierte die Unterwelt. Und die erlebte zur Zeit ihre große Blüte.
Ja, bei diesem eiskalten Oberschurken blühte wirklich das Geschäft wie nie zuvor. Die Plünderer versilberten an den Dicken ihre Beute – Schmuck und Wertgegenstände – und setzten die empfangenen Silberlinge in der Kaschemme sogleich wieder in Suff und Liebe um.
Auf diese Weise floß das Geld wieder an Bastida zurück. Ein vorzüglicher Kreislauf war das, auch Umsatz genannt. Der Gewinn verdoppelte sich und erreichte schwindelnde Höhen. Nur der Dicke wußte, wieviel Geld er verdiente. Seine Buchführung existierte nur in seinem Kopf. Er hütete sich, auch nur Details davon an seine Leute zu verraten.
Bastida lebte gewissermaßen wie die Made im Speck. Er agierte nicht an der Front und brauchte somit für die eigene Haut nichts zu befürchten. Das war sein goldenes Prinzip, mit dem er bisher alle Zeitläufe unbeschadet überstanden hatte.
Oh, er wußte schon, wie sich ein Geschäftsmann zu verhalten hatte, um sein Schäflein im trockenen zu haben und Gefahren von sich abzuwenden. Seine Mutter hatte es ihm vererbt, sie war eine raffinierte Geldverleiherin und Wucherin gewesen. Sie hatte Gonzalo Bastida die Schlitzohrigkeit gleichsam mit in die Wiege gelegt.
Die Ordnungsorgane Havannas – so auch den Hafenkommandanten und späteren Stadtkommandanten Alonzo de Escobedo – hatte Bastida mit „Spenden“ entsprechend geschmiert. Alle achteten ihn, alle kehrten bei ihm ein. Keiner wies die milden Gaben zurück, die der Dicke regelmäßig in die Taschen der Señores steckte. Warum auch? Jeder mußte sehen, wie er zurechtkam, und die Bezahlung der Offiziere und hohen Beamten seitens der spanischen Krone war alles andere als überwältigend.
Im Bereich der Gegenseite, bei den Spitzbuben, den Langfingern, den Räubern und Schlagetots also, hatte sich Bastida nicht an den Wagen fahren lassen. Seine vierköpfige Leibgarde schirmte ihn ab. Cuchillo, Gayo, Rioja und Sancho waren ganz besonders qualifizierte Kerle, die ohne jegliche Skrupel zuschlugen, wenn es darauf ankam. Sie waren nicht nur Rausschmeißer, sondern auch Totmacher. Besonders bei Cuchillo und Rioja saßen die Messer locker.
Dieses höllische Quartett war Bastida blind und hündisch ergeben. Dazu bestand aller Grund. Bei dem dicken Wirt genossen die Kerle sozusagen Fettlebe. Sie hatten nicht nur Essen, Trinken und Unterkunft frei, sondern auch die Liebe. Wann immer sie Lust dazu verspürten, durften sie sich die „Señoritas“ schnappen und mit ihnen in den Zimmern der Kaschemme verschwinden.
Für Cuchillo, Gayo, Rioja und Sancho war das ein Leben wie Gott in Frankreich. Besser hätten sie es nicht haben können. Bastida hatte sie aus der Gosse geholt. Für ihn gingen sie durch dick und dünn. Für ihn hielten sie ihre Köpfe hin, wenn’s nötig war. Außerdem: Sonderaufträge wurden von Gonzalo Bastida extra – und fürstlich – belohnt.
Als Kaschemmenwirt war Bastida zugleich der wichtigste Hehler, der in Havanna die diesbezüglichen Preise diktierte. Der Verkauf von Liebe war natürlich ein nicht unwichtiges Nebengeschäft. Bastida war ein Bandenhäuptling, eine fette Spinne mit klebrigem Netz. Er hatte seine Finger überall, in jedem schmutzigen Geschäft. Sich mit ihm anzulegen, hieß, sein Leben leichtfertig aufs Spiel zu setzen.
Mit öligem Grinsen entließ Bastida drei Kerle, die bei ihm Schmuck und Vasen abgeliefert hatten. Der Wirt hatte dem Trio einen Beutel voll Silbermünzen ausgehändigt. Sie schienen zufrieden zu sein, ließen sich an einem Tisch nieder und bestellten einen riesigen Krug Wein. Sofort waren auch die „Señoritas“ bei ihnen und schäkerten mit ihnen herum.
Bastida betrachtete die Szene mit Wohlgefallen. Er rieb sich seinen dicken Bauch und seufzte. An wen er das Diebesgut weiterverkaufen würde, wußte er bereits.
De Escobedo erhob sich und trat auf den Dicken zu.
„Da bin ich wieder“, sagte er zerknirscht. „Na, freust du dich nicht, mich zu sehen?“
Bastida lachte und hieb de Escobedo auf die Schulter. „Aber natürlich, mein Freund! Komm rein und laß uns was trinken!“
Sie betraten das Hinterzimmer und setzten sich an einen klobigen Eichenholztisch mit blankgewetzter Platte. Bastida füllte zwei Gläser mit dunkelrotem Süßwein. Das eine Glas schob er de Escobedo zu.
„Trinken wir“, sagte der Dicke. „Auf den Sieg?“
„Auf welchen Sieg denn wohl?“ brummte de Escobedo.
Bastida zog die Augenbrauen hoch. „Wie? Dein Unternehmen ist mißglückt?“
„Tu nicht so. Das weißt du doch schon längst.“
Das stimmte. Gonzalo Bastida war zu dieser Stunde längst über alles, was am Gefängnis geschehen war, ausführlich unterrichtet. Er hatte seine Augen und Ohren schließlich überall, und seine Spitzel und Zuträger waren sehr rege.
Bastida wußte also Bescheid – daß der große Sturm auf das Gefängnis mißlungen war und die daran beteiligten Kerle einer nach dem anderen verschwunden waren, um beim allgemeinen großen Fleddern nichts zu versäumen.
Der Mißerfolg des Alonzo de Escobedo ließ den Dicken kalt. Bastida war auch klargeworden, daß es de Escobedo an Qualitäten mangelte, eine Horde wüster und wilder Kerle zusammenzuhalten, zu führen und zum Kämpfen zu zwingen. Befehle und Gehorsam im üblichen militärischen Sinne, funktionierend durch die Rangunterschiede, waren hier nicht gegeben.
Wer einen Räuberhaufen führen wollte, konnte nicht auf seinen Generalsrang pochen, sondern mußte noch härter, wüster, brutaler und vor allem intelligenter als jeder einzelne seiner Horde sein. De Escobedo würde sicherlich noch einige Zeit brauchen, um das zu begreifen und anzuwenden. Bis dahin aber waren die Dinge in Havanna entschieden.
Bastida wurde ernst. „Ja, ich bin über alles informiert“, erwiderte er. „Und du glaubst nicht, wie leid es mir tut, daß du gescheitert bist.“
„Dein Mitgefühl rührt mich zu Tränen“, sagte de Escobedo erbittert.
„Aber laß den Kopf nicht hängen.“
„Du hast gut reden“, sagte de Escobedo. „Du sitzt hier und streichst Beute ein. Die Dukaten rollen. Was draußen vorgeht, ist nicht dein Bier, oder?“
Bastida ging auf diese Worte gar nicht erst ein.
„Noch ist nichts verloren“, sagte er salbungsvoll. „Wir haben noch alle Chancen auf unserer Seite. Überwinde deinen Kummer, Freund, und laß uns zu neuen Taten schreiten.“
Natürlich schwante Bastida schon seit einiger Zeit, daß de Escobedo ziemlich ehrgeizige Pläne bezüglich des Gouverneursamtes vorschwebten. Schließlich war er ja mal Gouverneur gewesen, wenn auch nur kommissarisch. Nun, der Dicke konnte es gut verstehen, daß sich de Escobedo in den verwaisten Sessel des Gouverneurs hieven wollte. Er an seiner Stelle hätte nicht anders gehandelt.
Als gewieftes Schlitzohr wollte Gonzalo Bastida es sich mit de Escobedo nicht verderben. Kann ja sein, daß sich dieser Narr doch noch durchsetzt, dachte er.
De Escobedo nippte an seinem Glas Wein. Dann beugte er sich etwas vor.
„Wie meinst du das?“ fragte er. „Kriegst du genug Kerle zusammen, um einen neuen Sturm auf das Gefängnis zu organisieren?“
„Ich möchte