Kommentar zum Briefe des Heiligen Paulus an die Römer. Johannes Chrysostomos

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Название Kommentar zum Briefe des Heiligen Paulus an die Römer
Автор произведения Johannes Chrysostomos
Жанр Документальная литература
Серия Die Schriften der Kirchenväter
Издательство Документальная литература
Год выпуска 0
isbn 9783849660161



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kurz, einer war der Feind des andern. Man sollte sie daher nicht so bewundern wegen ihrer Weisheit als sie vielmehr verabscheuen und hassen, weil sie eben dadurch zu Toren geworden sind. Denn wären sie nicht so versessen gewesen auf ihre Vernunftweisheit, auf ihre Schlüsse und Trugschlüsse, so wäre es ihnen nicht so ergangen, wie es ihnen ergangen ist. — Hierauf spinnt der Apostel seine Anklage gegen sie noch weiter aus und zieht ihren ganzen Götzendienst ins Lächerliche. War schon das Vertauschen (der Gotteserkenntnis) überhaupt lächerlich, so war es ganz und gar unentschuldbar, daß es gegen solche Dinge geschah. Gegen wen vertauschten sie den wahren Gott und was für Dingen erwiesen sie göttliche Ehre? Betreffs der Gottheit hätten sie sich über Fragen wie folgende Gedanken machen sollen: daß es einen Gott gebe, daß er der Herr aller Dinge sei, daß er sie aus dem Nichtsein ins Dasein gerufen habe, daß er seine Vorsehung und Fürsehung walten lasse; denn darin bestehe ja die Ehre der Gottheit. Welchen Dingen aber erwiesen sie solche? Nicht einmal Menschen, sondern Bildern von Menschen. Ja, sie blieben dabei nicht einmal stehen, sondern sie kamen herab bis zu den unvernünftigen Tieren oder vielmehr zu Bildnissen derselben. Beachte da das weise Vorgehen des Paulus, wie er zwei äußerste Grenzpunkte festsetzt: nach oben Gott, nach unten Kriechtiere — eigentlich nicht einmal Kriechtiere, sondern deren Nachbildungen —, um den Heiden ihren hellen Wahnsinn recht klar vor Augen zu halten. Die Kenntnis, die sie von dem hätten haben sollen, der unvergleichlich erhaben ist über alle Dinge, machten sie den niedrigsten aller Geschöpfe dienstbar. — Doch was hat das, fragst du, mit den Weisheitslehrern der Heiden zu tun? Doch ja, das Gesagte geht alles sie an; denn sie waren es, die die Erfinder alles dessen, die Ägypter, zu Lehrern hatten. Sogar Plato, dem Anscheine nach der fähigste Kopf unter ihnen, tut sich etwas zugute darauf, und sein Lehrer Sokrates hatte eine heilige Scheu vor solchen Götzen. Ließ doch er dem Äskulap einen Hahn opfern, woraus zu verstehen ist, daß die Bilder von unvernünftigen Tieren, sogar von Kriechtieren, als Götter galten. Neben den Kriechtieren kann man auch den Apollo und den Dionysos (unter die Götter eingereiht) sehen. Manche von diesen Weisheitslehrern haben sogar Stiere, Skorpionen, Drachen und allerhand anderes Gewürm in den Himmel versetzt. Allenthalben gab sich der Teufel Mühe, die Menschen bis herab zu den Bildern von Kriechtieren zu bringen und ihn (den wahren Gott) herabzusetzen bis unter die vernunftlosesten aller Tiere, während Gott sie emporführen wollte zum Himmel. Nicht allein daraus, sondern auch anderswoher kann man ersehen, daß sogar der Höchststehende unter den Heiden (Plato) dem geschilderten Götzendienst ergeben war. Wo er nämlich die Dichter (als Zeugen) anführt und sagt, man müsse ihnen in ihren Lehren über die Götter Glauben schenken, bringt er (als Beweis) nichts anderes vor als eine Menge solchen Plunders und meint, man müsse diese vielen Lächerlichkeiten für die wahre Gotteslehre halten.

       V. 24: „Darum übergab sie Gott in den Lüsten ihres Herzens zur Unreinigkeit, daß sie untereinander sich ihre eigenen Leiber schänden ließen.“

      Hier weist der Apostel darauf hin, daß auch am Umsturz der Gesetze die Gottlosigkeit schuld war. Das „übergab“ ist hier soviel wie „überließ“. Wenn ein Heerführer bei zunehmender Heftigkeit der Schlacht davongeht, so übergibt er seine Soldaten den Feinden, nicht so, daß er sie gerade zu ihnen hinstößt, sondern daß er sie ohne seine Hilfe läßt. So zog sich auch Gott von den Heiden zurück, nachdem er von seiner Seite alles getan hatte, sie aber das von ihm Dargebotene nicht annehmen mochten und so sie selbst zuerst ihn verlassen hatten. Sieh nur! Er hatte ihnen als Predigt von ihm das ganze Weltall vor Augen gestellt; er hatte ihnen Verstand und Vernunft gegeben, womit sie imstande waren, das Rechte zu erkennen. Doch von nichts von allem dem machten sie Gebrauch zu ihrem Heil, sondern sie verkehrten es sogar ins Gegenteil. Was sollte Gott noch weiter tun? Sie mit Gewalt zwingen, zu ihm zu kommen? Das ist nicht das richtige Mittel, jemanden auf den Pfad der Tugend zu führen. Es blieb also nichts anderes übrig, als sie sich selbst zu überlassen, damit sie auf diese Weise durch Erfahrung klug würden und von ihren schändlichen Gelüsten abließen. Wenn ein königlicher Prinz seinem Vater zur Schande sich in die Gesellschaft von Dieben, Räubern und Grabschändern begibt und den Umgang mit solchen Leuten dem väterlichen Hause vorzieht, so ist am besten, sein Vater läßt ihn gehen, bis er durch die Erfahrung belehrt wird über die Größe seiner Torheit.

       4.

      Warum nennt aber der Apostel kein anderes Laster mit Namen, z. B, Neid, Geiz u. dgl. sondern bloß Unzucht? Nun, ich glaube, er spielte damit auf Zustände an, wie sie seinen Zuhörern und den Empfängern seines Briefes bekannt waren. — „Zur Unreinigkeit, daß sie untereinander sich ihre eigenen Leiber schänden ließen.“ Beachte da die recht treffende Ausdrucksweise des Apostels! Sie brauchten, will er sagen, gar nicht andere, die sie schändeten, sondern das, was ihnen ihre Feinde hätten antun können, das taten sie sich selbst an. Dann faßt er noch einmal den Grund (der sittlichen Verirrungen) auf, indem er sagt:

       V. 25: „Sie vertauschten die Wahrheit Gottes mit der Lüge, sie brachten ihre Weihegeschenke und Opfergaben den Geschöpfen dar und setzten den Schöpfer beiseite.“

      Was ganz besonders lächerlich ist, führt der Apostel im einzelnen an, was weniger grob erscheint, im allgemeinen; die ganze Beweisführung läuft aber darauf hinaus, zu zeigen, daß die Anbetung der Geschöpfe ein Merkmal des Heidentums ist. Beachte auch, was der Apostel noch für ein Wort beifügt! Er sagt nicht bloß: „Sie brachten ihre Opfergaben den Geschöpfen dar“, sondern: „und setzten dabei den Schöpfer beiseite“. Im ganzen Abschnitt erhebt er gegen die Heiden diesen Vorwurf, durch diesen Beisatz aber spricht er ihnen jedwede Entschuldigung ab.

       „Der gepriesen ist in Ewigkeit. Amen.“

      — Doch dadurch, will er sagen, erlitt Gott keinen Schaden. Er bleibt ja doch gepriesen in Ewigkeit. Hiermit bringt der Apostel zum Ausdruck, daß Gott die Heiden nicht etwa sich selbst überlassen hat, um sich an ihnen zu rächen; er litt ja nicht dadurch. Mochten sie ihn schmähen, er wurde durch ihre Schmähungen; nicht getroffen, seine Ehre erfuhr keine Minderung, er ist und bleibt doch der Gepriesene allezeit. Wird ja doch oft auch ein Mensch dadurch, daß er sich der Weisheit befleißt, unverletzbar durch Schmähungen, um wieviel mehr muß es nicht Gott sein, der seinem Wesen nach unsterblich und unveränderlich ist, dessen Ehre unverlierbar und unantastbar ist.

      Auch Menschen werden Gott ähnlich, wenn sie nicht zu verletzen sind durch Schimpf, den ihnen andere antun wollen, wenn sie durch Schmähungen von andern nicht geschmäht, durch Hiebe nicht getroffen, durch Verspottungen sich nicht verspottet fühlen. Ja, wie ist das möglich? fragst du. Nun, es ist möglich, ganz wohl möglich, wenn du dich nämlich nicht kränkst, was immer geschehe. Ja, sagst du, wie soll ich mich denn nicht kränken? Nun, sag’ mir, wenn dein kleines Kind gegen dich unartig ist, faßt du das etwa als Beleidigung auf? Kränkst du dich darüber? Keineswegs. Ja, wenn du dich kränktest, würdest du da nicht lächerlich? In dieselbe Stimmung müssen wir uns nun dem Nebenmenschen gegenüber versetzen, und wir werden nichts Unangenehmes zu erleiden haben. Sind ja doch solche, welche uns schmähen, unverständiger als kleine Kinder. Wir wollen nicht ängstlich bestrebt sein, ja keine Beleidigung zu erfahren, und wenn uns eine angetan wird, sie zu ertragen wissen. Dann ist unsere Ehre wirklich sicher. Wieso? Weil das letztere (auf keine Beleidigung zu achten) bei dir steht, das erstere (dir keine zuzufügen) beim andern. Siehst du nicht, wie der Diamant den verwundet, der auf ihn schlägt? Ja, sagst du, das hat der Diamant von Natur aus. Und du kannst frei gewollt das sein, was jenem von Natur aus zukommt. Wieso? Siehst du nicht, daß die Jünglinge im Feuerofen nicht verbrennen und Daniel in der Löwengrube unversehrt bleibt? Auch jetzt kann das geschehen. Umgeben uns ja auch Löwen — der Zorn, die böse Lust —; sie haben scharfe Zähne und zerfleischen den, welcher ihnen in den Rachen fällt. Sei du darum ein anderer Daniel und laß die Leidenschaften nicht ihre Zähne in deine Seele schlagen. — Aber, sagst du, bei Daniel war das Ganze rein ein Werk der Gnade. Ja, aber die Tat des freien Willens war doch voraus gegangen. So steht auch uns die Gnade zur Seite, wenn wir uns ebenfalls so bewähren wollen. Mögen uns diese Bestien auch hungernd umlauern, sie werden uns nicht anpacken. Denn wenn sie scheu zurückweichen beim Anblick des Leibes eines Dieners (Gottes), wie werden sie erst Ruhe geben, wenn sie Glieder Christi — das sind nämlich die Gläubigen — vor sich sehen? Geben sie aber keine Ruhe, dann liegt die Schuld an denen, die sich ihnen (als Beute) vorwerfen. Denn es gibt auch