Operation Terra 2.0. Andrea Ross

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Название Operation Terra 2.0
Автор произведения Andrea Ross
Жанр Научная фантастика
Серия
Издательство Научная фантастика
Год выпуска 0
isbn 9783967525366



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umfangreich genug, dass die Gläubigen deswegen gleich an das gefürchtete Weltenende denken würden! Das meiste davon beträfe uns außerdem selber, und eine Gefährdung der christlichen Kirche und der Mitarbeiter ihres Verwaltungsapparats muss um jeden Preis vermieden werden!«

      »Bis gestern war es tatsächlich Fakt, dass uns die passende Lösung zu diesem kniffligen Problem noch fehlte. Aber ich darf euch hier und heute mit Stolz verkünden, dass die päpstlichen Biolabore den lang ersehnten Durchbruch zu vermelden haben. Mich erreichte heute Morgen überraschend die frohe Nachricht, dass wir ab sofort über eine hochwirksame, biologisch hergestellte Waffe verfügen können!«, verkündete der Anführer stolz.

      Es musste sich bei dem hageren Mann auf dem Hügel also um den Bischof höchstpersönlich handeln!

      Während Philipp, stocksteif vor Entsetzen, seinen Ohren nicht trauen wollte, kam unter den restlichen Zuhörern lautes Gemurmel auf. Erst nachdem ein besonders lauter Donnerschlag die schwatzende Menge zum Verstummen gebracht hatte, fuhr der Bischof genüsslich mit einer Erklärung fort:

      »Man hat ein aggressives Virus zum Mutieren gebracht, so dass es keine wirksame Arznei dagegen gibt. Innerhalb kürzester Zeit wird es einen Großteil der Bevölkerung dahinraffen, wodurch auch gleich das Problem der weltweiten Überbevölkerung gelöst sein dürfte.

      Sämtliche Mitarbeiter der christlichen Kirche werden hiervon selbstverständlich verschont bleiben, weil zeitgleich ein passender Impfstoff entwickelt wurde. Die sorgfältigen Tests an hermetisch internierten Menschengruppen sind kürzlich erfolgreich abgeschlossen worden. Wundert euch also bitte nicht, wenn demnächst dringende Impfaufrufe unseres Gesundheitszentrums bei euch eingehen!

      Die wenigen Überlebenden der Seuche, die eine natürliche Immunität gegen das Virus besitzen, müssten ihren Glauben hinterher umso stärker pflegen; weil sich dann ja eindrucksvoll bestätigt hätte, was wir ihnen die ganze Zeit über gepredigt hatten. Sie werden sich stolz für die Auserwählten aus der Bibel halten, welche als Einzige in den Genuss eines goldenen Zeitalters kommen dürfen.«

      Der Skeptiker von vorhin meldete sich erneut. »Falls ich das jetzt richtig verstanden habe, wollt Ihr zunächst einen uralten Kollegen als wiedergekehrten Jesus ausgeben und ihn weltweit die Botschaft vom baldigen Endgericht verbreiten lassen, um dann dieses Virus überall freizusetzen? Das ist nicht nur genial, das ist brillant

      In diesem Augenblick realisierte Philipp voller Resignation, dass es quasi an ein Privileg grenzte, bereits in dieser finsteren Unwetternacht sterben zu dürfen. Er würde dadurch wenigstens nicht mehr mitansehen müssen, wie eine unheimliche Krankheit seine Frau und die kleinen Kinder dahinraffte, eines nach dem anderen.

      Normalerweise hätte er in seiner Not zum Herrn gebetet, ihn angefleht, das Leben der Seinen zu verschonen; doch dieser Trost blieb ihm aufgrund des Gehörten verwehrt. Falls Gott wirklich existierte und er bei solchen Verbrechen tatenlos zusah, hatte er definitiv keinen Respekt verdient!

      Das schwere Sommergewitter hatte sich bis auf wenige Kilometer genähert; Blitz und Donner waren nur noch durch zirka drei Sekunden Zeitabstand getrennt. Der Bischof löste die Versammlung hastig auf, scheuchte die schwarzen Krähen von der Rasenfläche. Ein paar Männer kamen im Laufschritt auf Philipp zu.

      »Das Opfer gehörte zu meinem Sprengel! Hängt ihn dort mit gebrochenen Gliedern an der nächstbesten Platane auf!«, kommandierte Laubenheimer und entfernte sich eilig vom Schauplatz, denn soeben öffnete der Himmel seine Schleusen. Wie angenehm, wenn man ein paar kräftige Novizen dabeihatte, welche die Dreckarbeit erledigen konnten!

      *

      Balthasar fühlte sich geehrt, als ihm der Regent seinen Besuch für den Spätnachmittag ankündigte. Offensichtlich wusste endlich jemand seinen selbstlosen Einsatz während der Operation Terra 2.0 gebührend zu würdigen!

      In der langen Geschichte der Marsdynastie war es seines Wissens noch niemals vorgekommen, dass ein Regent sich extra persönlich zu einem Untergebenen bemüht hätte. Noch dazu in dessen Privaträume und ohne dass der zuständige Vorderste als Zeuge und Entscheidungsträger mit dabei gewesen wäre!

      Es musste somit um eine Angelegenheit von immenser Bedeutungsschwere gehen, von welcher seine Gattin möglichst (noch) nichts erfahren sollte. Zumindest in Bezug auf letzteres schätzte Balthasar die Situation richtig ein, denn Kiloon gedachte, ein weiteres Sondierungsgespräch zu führen.

      Die beiden Monde Tiberias standen in der Abenddämmerung bereits am Himmel, als Kiloon mit seinen langatmigen Erklärungen zu einem Ende gekommen war.

      »Oh, schon so spät?«, wunderte sich der Regent kopfschüttelnd und gab seinen Wachleuten das Zeichen zum Aufbruch.

      »Ich muss zusehen, dass ich allmählich zurück nach Hause komme. Alanna wird sofort stutzig, wenn ich nicht um die übliche Zeit dort anzutreffen bin! Es wäre grob fahrlässig, sie zum jetzigen Zeitpunkt auf meine Alleingänge zu stoßen und damit meinen Vorsprung aufs Spiel zu setzen.

      Also, Balthasar: Kann ich mich blind darauf verlassen, dass du deinen Regent bei seinem ehrbaren Vorhaben unterstützen wirst?«, fragte Kiloon mehr der Form halber. Gerade beim ehemaligen Missionsleiter war er sich ziemlich sicher, eine positive Aussage zu erhalten.

      »Aber ja! Mit dem allergrößten Vergnügen möchte ich zurück nach Terra reisen! Dieser wilde Planet hat so seine Reize, welche ich seit meiner Rückkehr vermissen musste. Ihr dürft mich also wieder fest als Missionsleiter für Eure neue Operation einplanen. Es ehrt mich sehr, dass Ihr dabei gleich an mich gedacht habt.« Vor lauter Rührung kamen dem Dicken glatt die Tränen.

      Kiloon blieb verwundert an der Eingangstür stehen. »Das ist ein Missverständnis, Balthasar! Ich brauche dich nämlich als Ausbilder im Missionscamp, nicht als Kapitän der künftigen Mannschaft. Eine solche Entscheidung könnte ich bei den Vordersten niemals rechtfertigen, schon weil die von dir geleitete Mission sich nicht gerade mit Ruhm bekleckert hat.

      Du sollst deinem designierten Nachfolger vielmehr dabei helfen, ähnliche Fehler zu vermeiden! Bringe ihm die Gefahren und Besonderheiten Terras nahe – mehr verlange ich gar nicht von dir. Du bist nicht mehr der Jüngste!«

      Balthasar stieg jählings Zornesröte ins Gesicht. Er musste sich sehr zusammenreißen, damit er dem Regent nicht gehörig seine Meinung geigte. Auch wenn Kiloon gemeinhin als Alannas entmachtete Drohne galt, so war er dennoch in der Lage, eine Jagdfreigabe für ihn zu erwirken. Daher hielt er seine äußerst negativen Emotionen mühsam im Zaum, nickte nur kurz und versprach:

      »Wie es Euch beliebt! Sagt mir zu gegebener Zeit einfach Bescheid, wann ich mich wo einzufinden habe.«

      Erst als Kiloon gegangen und mit dem Magnetmobil weggefahren war, zerschmetterte Balthasar mehrere Gegenstände auf dem Fußboden seines Hauses, um seinem Ärger Luft zu machen. In dieser Angelegenheit war das letzte Wort garantiert noch nicht gesprochen!

      Er würde noch für kurze Zeit abwarten, ob der Regent seine Meinung von selbst änderte. Womöglich fände er ja gar keinen passenden Kandidaten und käme zum Schluss reumütig wieder angekrochen, damit er den Job doch übernähme. Falls nicht, würde er seine Dienste der einzigen Person anbieten, die auf diesem Planeten wirklich das Sagen hatte.

      Irgendwann würde der feige Kiloon bei seiner Frau wegen der geplanten Mission schließlich doch Farbe bekennen müssen, und dann würde diese hoffentlich dafür sorgen, dass er zu seinem Recht kam. Bestimmt sogar, denn sie begab sich gerne schon aus Prinzip in die Opposition; gerade wenn Kiloon etwas nicht wollte, zeigte sie sich üblicherweise genau hiervon begeistert.

      ›Notfalls könnte ich Alannas Unterstützung sogar erzwingen, denn schließlich weiß ich von der fiesen Sabotageaktion im Vorfeld der letzten Mission, die sie der bedauernswerten Katelara in die Schuhe geschoben hat. Sie wird sich tunlichst davor hüten, dass die Affäre publik gemacht wird.

      Ich könnte zum Beispiel jederzeit die inoffiziellen Untersuchungsergebnisse meiner Kollegen an Ardens Sektion weitergeben. Auch wenn sie als Regentengattin Immunität besitzt, so könnte ich damit zumindest ihre Karriere als hochgeachtete Vorderste beenden!‹