Название | Septemberrennen |
---|---|
Автор произведения | Isolde Kakoschky |
Жанр | Контркультура |
Серия | |
Издательство | Контркультура |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783967525489 |
»Das war die letzte Wurstscheibe«, stellte Monika wenig später fest und legte sie ihrem Mann auf den Teller. »Ich glaube, nachher muss ich dringend zum Einkaufen fahren. Oder magst du mitkommen?«
Er überlegte. »Ach nein, fahr du nur. Ich werde noch mal rüber in die Werkstatt gehen. Gestern habe ich ja nun gar nichts geschafft.«
»Ich denk, du hast den Flitzer soweit?« Monika wäre gern mit ihrem Mann gemeinsam gefahren.
»Das schon. Aber ich hab da noch was für den Huber angenommen. Den will ich nicht so lang warten lassen.«
Monika nickte verstehend. »Dann mach das.«
Der Huber war ein Bauer aus dem Nachbardorf und mitunter der einzige zahlende Kunde in den Zeiten, wo Christian über Monate an einem Auto schraubte, bis es endlich verkaufsfertig war.
»Aber was hältst du davon, wenn wir morgen etwas unternehmen? Das Wetter scheint es doch gut zu meinen.«
»Ja, warum nicht«, stimmte Christian ihr zu. »Wenn nix schief geht, kriege ich dem Huber seinen Trecker heute wieder flott.« Er erhob sich. »Dann will ich auch gar nicht weiter trödeln und mache mich mal los. Zum Abendessen bin ich spätestens wieder da. Und wenn du Getränke kaufst, lass sie im Auto stehen, ich bringe sie dann rein.«
Monika sah ihm lächelnd hinterher. So hatte sie Christian kennengelernt, immer am Schrauben, immer dabei, etwas zu reparieren. Allerdings war damals noch nicht abzusehen gewesen, dass er einmal seine eigene Werkstatt haben würde. Sie räumte das Geschirr zurück in die Küche und warf noch einen Blick in den Kühlschrank. So, wie es aussah, war ein ziemlicher Großeinkauf fällig. Dann griff sie den leeren Wasserkasten und eine Klappbox und fuhr los. Zuerst war der Metzger dran. Zum Glück hatte sich der morgendliche Andrang schon gelegt. Schnell hatte sie Wurst und Fleisch beisammen. Nun musste keiner mehr hungern. Für den Supermarkt konnte sie sich Zeit lassen, dort war noch den ganzen Tag geöffnet. Grübelnd bummelte sie durch die Gänge und verfluchte sich selbst, dass sie sich keinen Einkaufszettel geschrieben hatte. Irgendetwas würde sie wieder vergessen. Aber meistens konnte sie beim Kochen ganz passabel improvisieren. Darin war sie genauso gut wie Christian beim Reparieren.
Wieder zuhause schaltete sie die Waschmaschine an, begann schon mal mit den Vorbereitungen für das Abendessen und schob einen Kuchen in den Ofen; nur für den Fall, dass Christian schon früher fertig wurde. Und wenn nicht, dann konnte er ihn am Montag immer noch in der Werkstatt essen.
Schließlich ließ sie sich mit einem Buch im Garten auf einem Liegestuhl nieder und versank schon bald in der spannenden Handlung um den »Bluttempel« einer gewissen Martina Schmid, die hier ganz in der Gegend zuhause war. Ob es wirklich solche Geschehnisse gegeben hatte beim Bau der Walhalla?, fragte sie sich, als sie das Buch zuklappte. Nein, das war doch nur ein erdachter Roman, beruhigte sie sich selbst. Aber einen Besuch wäre der alte Tempelbau schon einmal wieder wert. Sie selbst war das erste Mal schon als Kind mit der Schulklasse dort oben gewesen, aber ob Christian das Bauwerk kannte, wusste sie gar nicht zu sagen. Zehn Jahre lang hatte es Restaurierungsarbeiten an dem Bauwerk gegeben, da hatte sie nie über einen Besuch nachgedacht.
Während sie noch darüber grübelte, trat Christian durch die Terrassentür und lächelte ihr zu. »Fertig! Was sagst du nun?«
»Ich sage: Wenigstens habe ich den Kuchen nicht umsonst gebacken!«, gab Monika glücklich zurück.
»Dann setze ich mal gleich den Kaffee auf.«
Während sie sich in guter Stimmung Kaffee und Kuchen schmecken ließen, brachte Monika das Gespräch auf den geplanten Ausflug und reichte Christian ihr Buch über den Tisch. »Schau mal!«, forderte sie Christian auf.
»Was soll ich mit einem Roman?«, rümpfte der die Nase. Lesen war noch nie etwas für ihn gewesen, sofern es sich nicht um Fachliteratur handelte.
»Du sollst auch gar nicht lesen«, wandte sie ein.
»Aber schau doch mal das Bild an«, wies sie auf das Buchcover hin. »Kennst du die Walhalla?«
»Klar, kenne ich das Ding, steht bei Regensburg oben auf dem Berg rum«, antwortete er eher desinteressiert. Monika zog die Augenbrauen hoch und streifte ihren Mann mit einem kritischen Blick. »Du alter Ignorant! Das ist unsere Geschichte! Wenn du nichts dagegen hast, würde ich gerne mal wieder hinfahren. Denn seit
wir uns kennen, war ich nicht mehr dort. Und du wahrscheinlich noch nie. Es ist herrliches Wetter für Sonntag angesagt. Der Ausblick von da oben ist traumhaft. Gib dir einen Ruck und lass uns morgen hinfahren!«
Christian beugte sich über den Tisch zu Monika herüber und küsste sie schmatzend auf den Mund. »Natürlich fahren wir da hin, wenn du es gerne möchtest.« Viel zu oft musste sie zurückstecken, wenn er für seinen Beruf und sein Hobby, was auf das Gleiche raus kam, unterwegs war. Da konnte er sich schon mal mit ihr gemeinsam etwas Kultur und Geschichte reinziehen.
4. Kapitel
Nach einem ausgiebigen, gemütlichen Frühstück brachen Christian und Monika am Sonntag in Richtung Regensburg auf. Den vorigen Abend hatten sie noch auf der Terrasse verbracht, bis die Dunkelheit hereinbrach. Monika hatte zwischendurch den bereits vorbereiteten Auflauf in den Herd geschoben und Christian sorgte für eine kühle Flasche Weißwein. Sie genossen den wunderbaren, lauen Sommerabend in romantischer Stimmung. So verschieden sie auch waren, so sehr liebten sie sich und nahmen manchen Kompromiss füreinander in Kauf. Während sich Monika auf die Besichtigung des Denkmals freute, war es für Christian nur wichtig, seine Frau neben sich zu haben und sie glücklich zu sehen.
Der schnellste Weg wäre ein Stück über die Autobahn gewesen, doch sie wählten die etwas längere, aber schöner zu fahrende Strecke über die Landstraße. Heute kam es nicht auf ein paar Minuten an. Am gegenüberliegenden Donauufer sahen sie in der Ferne bereits Regensburg liegen, die mächtigen Türme des Doms ragten weithin sichtbar auf. Und während sie sich Donaustauf von Osten her näherten, rückte der gewaltige Bau der Walhalla in ihren Blick, wie er oben auf dem Felsen thronte. Christian steuerte den Wagen die Walhallastraße hinauf bis zum Parkplatz und als sie ausstiegen, wehte ihnen die hochsommerliche Wärme entgegen. Wie gut, dass keiner auf die Idee gekommen war, vom Donauufer die Treppen hinauf zu steigen, dachte Monika. So war es nur noch ein kurzer Anstieg, dann hatten sie das Plateau erreicht.
»Was für ein Bauwerk!«, bekannte Christian voller Erstaunen. »Aus der Ferne begreift man gar nicht, wie riesig das wirklich ist.« Sein Blick ging entlang der Säulen, die sich 15 Meter hoch gen Himmel reckten.
»Ist schon gewaltig, was unsere Vorfahren hier gebaut haben, und das vor über 170 Jahren ohne die technischen Hilfsmittel von heute«, pflichtete ihm Monika bei.
Sie liefen durch den Säulengang bis zum Eingang und betraten kurz darauf die Ruhmeshalle. Innen empfing sie eine angenehme Kühle. Monika ließ ihrem Mann Zeit, den Gesamteindruck auf sich einwirken zu lassen. Die riesige Halle wirkte imponierend und erhaben und bot einen wahrhaft ansprechenden Rahmen, um die Persönlichkeiten des deutschen Volkes zu ehren. Gemächlichen Schrittes liefen sie an den Büsten der berühmten Menschen aus vielen Jahrhunderten, die hier einen Platz gefunden hatten, entlang. Vor Martin Luther verweilte Christian einen Moment. Auch wenn er sich nicht viel aus Geschichte machte, den kannte er. In Eisleben war Luther geboren und gestorben, in der Stadt wohnte seine Schwester jetzt,
und auf dem Marktplatz stand ein Denkmal des großen Reformators. Und sogar hierher, ins katholische Bayern, in die Walhalla, hatte es der Begründer des Protestantismus geschafft. Auch Händel entdeckte er, dessen Denkmal auf dem Halleschen Markt