Depeche Mode - Die Biografie. Steve Malins

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Название Depeche Mode - Die Biografie
Автор произведения Steve Malins
Жанр Изобразительное искусство, фотография
Серия
Издательство Изобразительное искусство, фотография
Год выпуска 0
isbn 9783854454304



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eine Art Feier zu Ehren des neuen Genres der Electronic Music. Außer uns waren noch Throbbing Gristle und Cabaret Voltaire dabei.“

      Aus diesem einen Gig wurde eine Rough-Trade-Tournee, wobei Miller und Rental als Vorgruppe von Stiff Little Fingers spielten. „Das war zwar anstrengend, machte uns aber dennoch viel Spaß“, sagt Miller. „Wir kamen dabei höchst miserabel an. Stiff Little Fingers waren eine konventionelle Punkband, während wir beide nur mit Synthesizern und einem Playback-Tape auf die Bühne kamen und eigentlich nur Lärm machten, denn wir spielten ja keine richtigen Songs.“ Als Miller von der kurzen Tournee wieder nach Hause kam, fand er einen Berg von Demo-Tapes vor – von Musikern, denen The Normal gefallen hatte und die nun ebenfalls mit Mute ins Geschäft kommen wollten. „Ein Tape gefiel mir wirklich. Es war von einem Sänger namens Fad Gadget. Der Beschluss, mit ihm zusammenzuarbeiten, wurde zu einem Wendepunkt für mich.“

      Fad Gadget war die Schöpfung des Kunststudenten Frank Tovey aus Leeds, der düstere Elektronik mit schwarzhumorigen Schilderungen städtischen Lebens mischte. Seine Single „Back To Nature“ war 1979 die nächste Scheibe, die nach The Normal auf dem winzigen Mute-Label erschien, das Miller von seiner Wohnung im Nordwesten von London aus betrieb. Während die nächsten Singles erschienen, „Ricky’s Hand“ und „Fireside Favourites“, entwickelte der innovative Fad Gadget einen harten, rhythmischen Synthie-Stil und eine extreme, selbstzerstörerische Bühnenpersönlichkeit, mit der er seiner Zeit weit voraus war. Trent Reznor von Nine Inch Nails zum Beispiel schuldet dem schöpferischen Einfluss von Frank Tovey Dank, obschon Fad Gadget längst nicht mehr existiert und als Toveys Alter Ego vergessen ist.

      Im Lauf des folgenden Jahrs gaben Mute experimentelle Platten von Non heraus. Hinter diesem Namen verbarg sich der aus San Francisco stammende Musiker Boyd Rice, der kompromisslose Außenseiter-Synthie-Musik machte. Darunter waren auch Singles, in deren Mitte Rice persönlich vier Löcher zur „multiaxialen Umdrehung“ bohrte und die sich in verschiedenen Geschwindigkeiten abspielen ließen. Das erste Mute-Album war Die Kleinen und die Bösen von der Deutsch-Amerikanischen Freundschaft (DAF), eine LP mit minimalistischer elektronischer Tanzmusik, die spätere Trends wie Industrial und Techno beeinflusste.

      Daniel Miller erfand auch die Silicon Teens, eine imaginäre, jugendliche Synthie-Band, die angeblich die Popkultur neu definierte, indem sie ein Album klassischer Rock’n’Roll-Songs herausbrachte, darunter „Memphis Tennessee“ von Chuck Berry und „Just Like Eddie“ von Heinz. Music For Parties von den Silicon Teens wurde ein Kultfavorit – einige große Plattenfirmen machten Mute sogar Angebote, die Silicon Teens zu übernehmen, wobei sie natürlich nicht wussten, dass es eine solche Band überhaupt nicht gab. Das bestätigte Millers Überzeugung, dass eine neue Form von Teenagerpopgruppen, die ausschließlich Synthesizer spielten, Anfang der Achtzigerjahre aufkommen werde.

      Miller räumt wohl ein, dass Gary Numan der erste Solostar des Synthie-Pop war. Er weist aber darauf hin, dass auf Numans Alben auch Gitarren, Schlagzeug und Saiteninstrumente zu hören sind: „Numan war gut, und er ließ sich auch weitgehend auf die elektronische Popkultur ein. Ich mochte das Album Blue von Tubeway Army, das anfänglich auf blauem Vinyl herauskam. Es war eine wirklich gute Platte, aber für mich als Puristen nicht rein genug, denn da gab es immer noch Schlagzeug und Gitarre.“ Miller erläutert weiter: „Synthie-Pop-Musik war historisch unvermeidbar. Etwas Derartiges hatte es noch nie gegeben, aber dann kamen plötzlich viele Singles fast gleichzeitig heraus. Sie alle entstanden aus der Liebe zu elektronischer Musik, mit billigen Synthesizern und dank der Inspiration durch Punk.“

      Millers Leidenschaft für innovative Synthie-Künstler machte ihn zum offenkundigen Ansprechpartner, als Depeche Mode Ende 1980 zu Rough Trade kamen. „‚Wie wär’s denn mit diesem Mann?‘, sagten sie und zeigten auf Daniel, der gerade ins Büro gekommen war“, erinnert sich Gahan. „Doch er warf uns nur einen Blick zu, murmelte ‚Igittigitt‘ und ging sofort wieder raus, wobei er die Tür hinter sich zuknallte.“ Und Vince Clarke ergänzt: „Verschiedene Leute hatten uns schon gesagt, was wir machten, sei nicht ihre Art von Musik, aber wir sollten es doch mal Daniel vorspielen, weil der sein eigenes Label aufbaute. Aber Daniel war wirklich schlecht drauf, als wir ihm bei Rough Trade begegneten. Und so sagte er nur, es gefalle ihm nicht, und stürmte davon.“ Clarke und Gahan berichteten Martin Gore nach ihrem Besuch bei Rough Trade, Daniel Miller sei ein „reichlich grantiger alter Bastard“. Für Gore, einen Fan von Fad Gadget, war Miller aber ein Idol.

      Zwanzig Jahre später erzählt Miller gern seine Version der Geschichte: „Es war im Herbst 1980, und irgendwas war bei der Herstellung der Plattenhülle für eine Fad-Gadget-Single schiefgelaufen, worüber ich mich furchtbar ärgerte. Scott Piering, einer der wichtigsten Promoter im Land, der bei Rough Trade arbeitete, wollte mir ein Tape geben, weil er meinte, ich hätte vielleicht Interesse daran. Aber ich sah diese vergammelt aussehenden New-Romantics-Typen da rumsitzen und rannte raus, und das war alles. Ich habe mir das Tape noch nicht einmal angehört, ich sagte nur: ‚Keine Zeit, hab’s eilig!‘“

      So verpasste Miller seine erste Gelegenheit, und Stevo kam zum Zug, der gerade seine eigene Plattenfirma, Some Bizzare, aufmachte, um seine lang geplante Compilation mit Demos der Futuristen herauszugeben. „Depeche Mode waren an einem meiner Abende in Canning Town im Bridgehouse, und wir unterhielten uns über mein Label und das Some Bizzare Album“, entsinnt sich der unternehmungslustige Stevo. Bei der Erinnerung daran lacht Vince Clarke: „Wir waren jung und leicht zu beeindrucken, und Stevo versprach uns unter anderem, er könne uns eine Tournee als Vorgruppe von Ultravox besorgen, was für uns wie die Erfüllung eines Traums klang.“ Die Band ließ sich zwar von Stevos Enthusiasmus mitreißen, blieb aber wie immer zurückhaltend und war noch keineswegs bereit, irgendeine Verpflichtung einzugehen.

      „Etwa einen Monat nach unserem ersten Zusammentreffen sah ich sie spielen“, erzählt Daniel Miller, der nun seine zweite Chance bekam. „Dabei brachte ich sie aber nicht mit jener Band in Verbindung, der ich im Büro von Rough Trade begegnet war. Sie spielten als Vorgruppe für Fad Gadget im Bridgehouse in Canning Town, und ich fand sie einfach brillant. Fad Gadget hatte gerade den Soundcheck hinter sich, und normalerweise wäre ich mit ihm und der Band weggegangen, aber aus irgendeinem Grund blieb ich und beobachtete diese Gruppe, die aussah, als wäre sie eine miese New-Romantics-Band. Ich hasste die Neuen Romantiker, aber was da aus den Lautsprechern kam, das war einfach unfassbar. Zuerst dachte ich: ‚Nun ja, der erste Song ist bei allen gut.‘ Aber es wurde immer besser. Die meisten Songs, die sie an diesem Abend spielten, landeten tatsächlich auch auf dem ersten Album. Und sie waren unglaublich bescheiden. Dabei muss man bedenken, dass damals Leute wie ich, die irgendeine Art von künstlerischem Hintergrund hatten, die meiste elektronische Musik machten – Gruppen wie The Human League oder Cabaret Voltaire. Wir waren auch alle schon etwas älter und hatten daher einen starken Krautrock-Einfluss.“

      In seinem Kopf hatte Miller „eine Vision von einer viel jüngeren Band aus der elektronischen Szene. Das war im Grunde auch das Konzept hinter meiner imaginären Gruppe Silicon Teens. Die gab es zwar in Wirklichkeit gar nicht, aber wir stellten sie als erste rein elektronische Teenagerpopgruppe der Welt dar. Es brauchte nicht viel Fantasie, sich vorzustellen, dass diese Musiker als erste Instrumente Synthesizer statt Gitarren spielten. So sah ich auch damals Depeche Mode, obwohl mir später klar wurde, dass das eigentlich nicht stimmte, denn sie konnten ja durchaus auch Gitarre spielen.“

      Miller traf die Jungs nach dem Konzert hinter der Bühne und sagte: „Ich würde wirklich gern was mit euch machen, zum Beispiel eine Single.“ In der Woche darauf sah er sie wieder. „Damals arbeitete ich mit Boyd Rice von Non zusammen, der mit mir zum zweiten Gig kam, und auch er war total überwältigt. Ich hatte ein weiteres Gespräch mit den Jungs, und das war’s dann auch.“ Gahan entsinnt sich: „Daniel sagte, er könne eine Platte von uns rausbringen. Wenn wir danach nicht mehr bei ihm bleiben wollten, seien wir nicht dazu ver­pflichtet. Es war das ehrlichste Angebot, das wir bislang bekommen hatten.“ Vince Clarke dazu: „Wir konnten uns zunächst nicht entscheiden, welches Angebot wir nun annehmen sollten, denn Stevo war ja auch an uns inter­essiert. Warum wir schließlich Daniel die Zusage gaben, weiß ich gar nicht mehr, aber so fing damals alles an.“

      Die neuen Partner besiegelten ihre Vereinbarung per Handschlag und nicht durch einen schriftlichen Vertrag. Miller wollte unbedingt