Depeche Mode - Die Biografie. Steve Malins

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Название Depeche Mode - Die Biografie
Автор произведения Steve Malins
Жанр Изобразительное искусство, фотография
Серия
Издательство Изобразительное искусство, фотография
Год выпуска 0
isbn 9783854454304



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wir die Leute seltsam anstarren und nie lächeln.“ Fletcher pflichtete bei: „Wir haben ein Publikum, das Synthesizer mit düsterer Stimmung der Musiker gleichsetzt. Viele Numan-Fans kamen zu unseren Gigs.“ Aber Depeche Mode erfüllten ganz und gar nicht deren Erwartungen. Die Band war in keiner Weise „Sci-Fi“, und Gahan stand zwar recht still auf der Bühne, machte aber keineswegs den Eindruck, als sei er weggetreten, abwesend oder nicht ganz von dieser Welt.

      Trotz aller widersprüchlichen Kommentare zur Platte sahen sich die britischen Medien anlässlich des Beitrags von Depeche Mode veranlasst, die Gruppe erstmals näher in Augenschein zu nehmen. Betty Page von Sounds schrieb Anfang 1981 den ersten längeren Artikel, in dem sie den Begriff „Futurist“ von der Vorstellung des todessehnsüchtigen, elitären Kunstbeflissenen löste: „Macht euch frei von der unerträglichen Idee, dass Futuristen entweder gelangweilte Muttersöhnchen sind, die mit teuren Instrumenten herumspielen, oder tödlich ernste Avantgardisten, die das Evangelium von Kafka predigen. Die derzeitige Welle von Electronic-Bands ist ein echtes Basisphänomen – immer mehr muntere junge Männer und Frauen schnappen sich statt billiger Gitarren lieber Synthesizer und Drum Machines, um damit preisgünstige Musik zu machen.“

      Als Page die Band interviewte, hatten Depeche Mode schon die Aufmerksamkeit größerer Plattenfirmen auf sich gelenkt, die bei den Indies vielversprechende Talente suchten. Daniel Miller weiß noch: „Sehr bald, nachdem wir beschlossen hatten, zusammen eine Single zu produzieren, und noch ehe die Scheibe wirklich herauskam, war die Band in der Presse schon so häufig erwähnt worden, dass einige große Firmen hinter ihr her waren und eine Menge Geld boten. Der übliche Spruch dieser Leute war: ‚Natürlich sind Mute ein fabelhaftes Label, aber da werdet ihr doch nie einen Hit bekommen, denn die Leute haben ja gar keine internationalen Verbindungen.‘“

      Depeche Mode lehnten diese Angebote ab und vertrauten auf Miller, der sich als sehr geschickt handelnder Karriere- und Musikmentor erwies. Vince Clarke sagte dazu im Magazin Sounds: „Wir hatten bei Mute eine größere Chance. Daniel hat uns gut behandelt, und wir mochten seine Art. Wir hörten uns die Angebote anderer Plattenfirmen an, beschlossen dann aber, bei ihm zu bleiben. Mit den Silicon Teens hatte er großen Erfolg, und wir fühlten uns diesem leichtgewichtigen Sound irgendwie verwandt. Für solche Dinge hat Daniel eine gute Nase. Leider wird er oft unterschätzt.“ Der ziemlich weltgewandte Miller empfand es seinerseits als seine Verantwortung, „das Bestmögliche für Depeche Mode zu tun. Für Mute Records und die ganze alternative Seite der Industrie war es auch höchst wichtig, uns nicht in das Getto einer kleinen Seitenlinie der Musik drängen zu lassen. Sonst wären wir am Ende nur noch eine frei verfügbare A&R-Quelle für die Großfirmen geworden. Wir wollten unser Label weiterentwickeln und mit Künstlern über lange Zeiträume arbeiten.“

      Clarkes offenbar fester Entschluss, dass Daniel Millers Label das richtige für Depeche Mode war, besiegelte die unmittelbare gemeinsame Zukunft. Als einziges hauptberufliches Mitglied der Band – die anderen hatten ja immer noch Jobs oder gingen aufs College – trieb Vince die anderen an, die sich entweder noch nicht entschließen konnten oder einfach untätig blieben. Martin Gore stimmte zwar mit Clarke und Miller überein, aber wer weiß, ob die Band bei Mute Records geblieben wäre, wenn Clarke, Miller und Gore nicht einen leichten, aber unablässigen Druck auf die anderen Bandmitglieder ausgeübt hätten. Gores Kommentar dazu 1988: „Warum schlossen wir nicht mit einer der großen Firmen ab? Es wäre doch sehr verlockend gewesen. In der Rückschau fällt mir eigentlich nicht so recht etwas ein, weshalb wir es nicht taten, aber es war letztlich zu unserem Glück. Kann man sich vier achtzehnjährige Knaben ohne einen Penny vorstellen, denen Summen in Höhe von zweihunderttausend Pfund geboten werden? Aber unsere Entscheidung, bei Mute zu bleiben, war die beste, die wir je getroffen haben.“

      Daniel Miller war sich sehr wohl über das fügsame Wesen von Gore im Klaren – es wurde sogar Gegenstand eines Witzes innerhalb der Band: „Martin scheut vor Entscheidungen zurück, also lässt er die Dinge eher an sich vorbeiziehen, als dass er einen Einwand erhebt. Wir nannten dieses Verhalten immer das ‚Arsenal-Syndrom‘, denn als wir uns näher kennenlernten, erzählte er uns einmal eine Geschichte dazu. Wir redeten gelegentlich über Fußball und wer Fan von welchem Club war. Da sagte er: ‚Ich glaube, ich bin ein Arsenal-Anhänger.‘ Ich fragte: ‚Wie meinst du das?‘ Da berichtete er, er sei immer mit dem Vater eines Freundes zu den Spielen von Arsenal gegangen, und er fügte hinzu: ‚Eigentlich machte mir das in den letzten fünf Jahren gar keinen Spaß mehr, aber ich wollte es nicht sagen, also ging ich weiter mit.‘ Das sagt eigentlich alles über Martin aus. Er setzt sich nicht mit Dingen auseinander. Lieber langweilt er sich jeden Samstagnachmittag zu Tode, als dass er jemanden vor den Kopf stößt, indem er sagt, dass er keine Lust hat. Irgendwie ist das ja auch wieder sehr liebenswürdig.“

      Gahan, von Natur aus offener in seinem Wesen, gibt aber zu: „Der wirkliche Grund, warum wir nicht mit einem größeren Label abschlossen, war wahrscheinlich der, dass wir das durch unsere Unentschlossenheit verpassten. Daniel Miller bemühte sich um uns, übte aber keinen Druck auf uns aus. Was auch immer die anderen uns böten, sagte er, er würde sein Bestes tun, um mit ihnen zu wetteifern, und wenn wir unsere Singles in den Charts sehen wollten, dann würde er alles daransetzen, das zu erreichen.“

      Sämtliche Mitglieder von Depeche Mode, so Daniel Miller, seien sehr begeistert davon gewesen, wie sie von dem alternativen Indie-Label Mute behandelt wurden. „Bei einem Label zu sein, wo die Leute zur Band ein enges persönliches Verhältnis haben, war für Depeche Mode wichtig, und das ist ja im Grunde das Wesentliche an einem Independent-Label. Die Jungs wollten in die Indie-Charts kommen, und außerdem mochten sie die Leute nicht, mit denen sie bei den großen Plattenfirmen Kontakt gehabt hatten.“

      Das Tempo ihres Aufstiegs überraschte die Musiker – darauf waren sie nicht vorbereitet. Nach Millers Empfinden waren Gore und Fletcher am meisten davon verwirrt. „Dave und Vince waren weitaus ehrgeiziger als die beiden anderen. Die gaben mir das Gefühl, dass sie sich ja eher für eine Amateurband hielten und nur spielten, weil es ihnen Spaß machte. Sie hatten gerade erst begriffen, dass sie wirklich gut waren.“ Fletcher bestätigt das: „Vince lebte von Arbeitslosengeld und drängte uns immer voran, ehrgeizig, wie er nun mal war. Martin und ich hatten solche Ambitionen nicht, wir zwei sind Faulpelze.“

      Zu diesem Zeitpunkt hatten Gore und Fletcher begonnen, innerhalb von Depeche Mode eine Arbeitseinheit zu bilden. „Anfangs war Fletch die andere Hälfte von Martin, sozusagen sein Sprachrohr – sie ergänzen einander einfach perfekt“, sagt Miller. „Andy ist absolut pragmatisch, sehr ehrlich und scheut nicht vor Konfrontationen zurück, er sucht sie geradezu; Martin hingegen ist verträumt, künstlerisch und vermeidet Konfrontationen um jeden Preis.“

      Anfang 1981 arbeiteten die beiden noch in der City und hatten keinerlei Neigung, ihre Jobs hinzuwerfen, besonders Fletcher, der ja keine ausgesprochene Musikernatur war. Der hitzige Gahan ließ sich am meisten beeindrucken, während die anderen zunächst eher vorsichtig und misstrauisch blieben. Diese abwartende Haltung der Band gab Fletcher und Gore die Zeit, erst einmal zu sehen, wie erfolgreich sie nun tatsächlich wurden, ehe sie die wirtschaftliche Sicherheit, die ihnen ihre Jobs boten, aufgaben. Sie vertrauten auf den Rat Millers und genossen die Atmosphäre eines Independent-Labels in dem Bewusstsein, jederzeit wieder aussteigen zu können. Miller legte noch immer keinen Wert auf einen schriftlichen Vertrag. „Wir hatten ohne Vertrag vereinbart, dass wir alle Einnahmen innerhalb von Groß­britannien jeweils genau zur Hälfte teilen und dass sie für die restliche Welt siebzig Prozent bekommen, was für eine neue Band ein gutes Geschäft ist“, sagt der Mute-Chef zwanzig Jahre später. „Auch jetzt haben wir praktisch dieselben Abmachungen, aber aus den Verkäufen im Ausland erhalten sie nun noch ein erheblich höheres Einkommen. Wir arbeiten noch immer auf der Fünfzig-zu-fünfzig-Basis, aber natürlich sind die Beträge, die wir uns teilen, weitaus größer als am Anfang.“

      Fletchers Kommentar: „Uns war die prozentuale Teilung der Gewinne durchaus recht. Keine große Plattenfirma hätte uns einen solchen Vertrag gegeben wie Mute. Allerdings hatten wir in den ersten zwei Jahren natürlich nur wenig Geld zur Verfügung, denn einen saftigen Vorschuss bekamen wir ja nicht.“

      Welche Gründe auch immer die Band zunächst bewogen, bei Mute zu bleiben, ihr Freund Daryl Bamonte ist überzeugt, dass es