Im Gespräch mit Morrissey. Len Brown

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Название Im Gespräch mit Morrissey
Автор произведения Len Brown
Жанр Изобразительное искусство, фотография
Серия
Издательство Изобразительное искусство, фотография
Год выпуска 0
isbn 9783854454878



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      „Es war eine ganz besondere musikalische Beziehung. So etwas gibt es nur äußerst selten. Johnny und ich werden so etwas nicht noch einmal finden. Bei den Smiths waren Johnny und ich ein ideales Team. Das war definitiv die beste Zeit unseres Lebens.“ – Morrissey

      „Die Leute, die den Smiths nachtrauerten und ihnen immer noch nachtrauern, können sich einfach für den Rest ihres Lebens in einen Keller einschließen, ohne dass ihnen die Smiths-Sachen ausgehen werden. Ich sage immer zu den Leuten: ‚Gibt es denn nicht genug, das man sich anhören kann?‘ Wir haben so viel gemacht. So viele Songs.“ – Johnny Marr

      Man kann die Bedeutung der Smiths für die britische Popmusik gar nicht hoch genug einschätzen. Nach den Beatles – Pionieren, die das Wesen der Popmusik veränderten, indem sie zum ersten Mal Songs schrieben und spielten, die von der britischen Jugend handelten und für sie sprachen – wurden Morrissey und Marr mit ihrer Band in den Achtzigern zu Schöpfern der originellsten und provokativsten Popmusik des späten 20. Jahrhunderts. Auch 25 Jahre nach ihren ersten Radioeinsätzen belegen ihre eingängigen Singles und außergewöhnlichen Alben in den Leser- und Zuschauer-Bestenlisten immer noch obere Plätze, und ihr Werk klingt immer noch frisch und aktuell und inspiriert weiterhin Legionen neuer Künstler.

      „Die Jahre von 1983 bis 1987 waren eine Mischung aus Fabriklicht und Magie. Die Smiths waren die erste Post-Punk-Gruppe, die Kummer, Witz, Stil und Einfallsreichtum verbanden – mit einem beinahe chirurgischen Gespür für den richtigen Moment“, behauptete Andrew Collins im NME. In der Zeitschrift Rage hieß es: „Sie lehnten den hedonistischen Glimmer der Popmaschinerie der frühen Achtziger ab und produzierten stattdessen einen viel beachteten Kanon aus Existenzangst und Realismus, den perfekten Soundtrack für eine verlorene Teenagergeneration.“ Den Worten eines ihrer vielen „Manager“ zufolge, des verstorbenen Scott Piering, waren sie „eine unglaublich subversive Band. Sie hatten alle möglichen Themen, die vollkommen radikal waren, wenn Morrissey sie formulierte. Das war die Schönheit der Smiths. Sie hatten Feuer und Leidenschaft.“ In einer Besprechung des Albums The Queen Is Dead beschrieb der legendäre NME-Autor Nick Kent die Band als „einzig wirklich relevante Stimme der Achtziger“.

      Doch obwohl stets große Hoffnungen in die Smiths gesetzt wurden, später großartige Nachrufe geschrieben wurden und die Band während der Dauer ihres Bestehens (1982–1987) der unbestrittene Liebling der britischen Independentszene war, gelangen ihnen während dieser Zeit nur ganz zwei Top-Ten-Hits in den offiziellen britischen Charts. Das spricht Bände über die völlig verknöcherte Haltung des britischen Mainstream-Radios und -Fernsehens der damaligen Zeit.

      Obwohl sie inzwischen allgemein als innovativste englische Band der Achtziger gelten, spiegelte sich dies in den britischen Charts der damaligen Zeit nicht wider. Selbst die wesentlich düsterere Post-Punk-Musik von Siouxsie & The Banshees und The Cure hatte es in einer Arena, die zunehmend von Tanzmusik, Madonna, Michael Jackson und Prince dominiert wurde, leichter als die der Smiths.

      Für ihre Gegner symbolisierten sie bald „alles, was an der Indie-Musik geziert, pathetisch und verhasst war, indem sie Bilder von traurigen, einsamen Teenagern entwarfen, die des Nachts in ihren Klappbetten die Nase in Gedichtbände steckten“ (Rage). Doch für jene von uns, die dieser außergewöhnlichen Band in beinahe religiöser Ergebenheit folgten, erscheint ihr bitteres Ende (und die darauf folgenden juristischen Grabenkämpfe) bis heute kaum fassbar. Zweifellos belastete das Auseinanderbrechen der Smiths Morrisseys Karriere noch bis zum Ende des 20. Jahrhunderts.

      Als wir uns Anfang Januar 1988 zum ersten Mal begegneten, hatte Morrissey gerade eine traumatische Phase hinter sich. Die Smiths waren frisch beerdigt; ihr Ende lag knapp sechs Monate zurück. Gerade fünf Monate zuvor hatte ich im NME unter der Überschrift „Tomb It May Concern (Anm.: eigentlich: To Whom …, Wen es betrifft; Wortspiel mit tomb, Grab)“ einen Nachruf geschrieben, in dem ich auch auf ihr posthum veröffentlichtes Studioalbum Strangeways, Here We Come eingegangen war.

      „Das Verhältnis zwischen mir und den anderen Bandmitgliedern lässt sich nicht einmal annähernd als ‚verbittert‘ beschreiben“, hatte Johnny Marr im vergangenen August dem NME gegenüber erklärt und seinen Ausstieg aus der Gruppe bestätigt. „Ich kenne sie alle schon lange und mag sie sehr.“ Es sollte sich jedoch bald erweisen, dass dies erst der Beginn einer zunehmend verbitterten Beziehung zwischen Morrissey, Marr, Bassist Andy Rourke und vor allem Schlagzeuger Mike Joyce war.

      Morrissey widersprach Marrs Aussage und erzählte mir, er habe von Johnny Marr seit dem 19. Mai 1987 nichts gesehen oder gehört, und dass er von Mike Joyce oder Andy Rourke seit dem vergangenen Juli nichts mehr gehört habe. Marr stellte es später anders dar: „Einen oder zwei Monate nach der Trennung sprach ich mit ihm (Morissey) noch einmal. Er rief mich an, um zu fragen, ob ich Interesse an einem Abschiedskonzert der Smiths in London hätte.“ (NME, April 1991)

      Welche Version nun wahr sein mag oder nicht – die Smiths waren fünf Jahre zusammen, bevor sie sich trennten; fünf Jahre, in denen sie sich als innovativste Band erwiesen, die Großbritannien seit den Beatles hervorgebracht hatte. Und – um Nick Kent aus seinem Portrait der Gruppe in der ITV-Sendung South Bank Show vom Oktober 1987 zu zitieren – „wie die Beatles verkörperten sie ihre Zeit und ihre Herkunft“. An anderer Stelle beschrieb Paul Morley ihre Kunst als „Songs, die auf komische Weise die englische Tragödie diagnostizieren könnten.“

      „Die Smiths waren fast wie ein Gemälde“, erzählte mir Morrissey, aufrichtig traurig. „Jeden Monat fügte man hier und da noch etwas hinzu … aber es war noch nicht ganz fertig und wurde einfach weggewischt. Es fällt mir schwer, mich an diesen Gedanken zu gewöhnen. Diese Leute, die mir auf die Schulter klopften und sagten, ‚Oh! Die Smiths haben sich also getrennt! Sehr schlau, sehr klug, sehr gerissen‘ … Ich hatte keine Ahnung, wovon sie eigentlich redeten. Selbst die Leute, denen die Musik gefiel, fanden den Zeitpunkt der Trennung gut gewählt; es ist eine sehr weit verbreitete Ansicht, dass die Trennung zur rechten Zeit geschah. Ich werde ziemlich wütend, wenn Leute das zu mir sagen.“

      Morrissey wusste nichts von der offiziellen Trennung der Smiths, „bis ich es im NME las.“ In dem Bericht vom 1. August 1987 wurde zwar behauptet, einer der Gründe „für den persönlichen Konflikt zwischen Morrissey und Marr“ sei es gewesen, dass Letzterer in die USA gereist war, um dort mit den Talking Heads Aufnahmen zu machen, doch Morrissey beharrte darauf, er habe von Marrs Reisen und Unternehmungen nichts gewusst, bis er diese Story im NME zu Gesicht bekam. Morrisseys Hoffnungen, den Namen „The Smiths“ weiterführen zu können, wurden ebenfalls zunichte gemacht. In der Ausgabe des NME vom 8. August ließ Marr wissen, die Verwendung des Bandnamens sei „juristisch gesehen ungeheuer verwickelt“. Somit verhinderte Marr, dass Morrissey mit den Smiths einen Neubeginn wagen konnte. „Ich glaube aber, er war damit schlecht beraten“, sagte Morrissey.

      Obwohl sich Morrissey nicht dazu hinreißen ließ, Namen zu nennen, so stammte dieser Rat doch ziemlich sicher von dem früheren Manager der Smiths, dem Amerikaner Ken Friedman. Eine Zeitlang nach der Trennung blieb er Marrs persönlicher Manager. In Morrisseys Augen war er derjenige, der einen Keil in die Freundschaft zwischen Morrissey und Johnny getrieben hatte. (Friedman stritt dies ab, und vom März 1988 an lehnte auch Morrissey es ab, über das Thema zu sprechen, und deutete an, „die Affaire“ werde bereits auf juristischer Ebene verhandelt.)

      „Der Grund dafür, warum alles so gut funktionierte, war, dass innerhalb der Smiths jeder seinen Platz, seine Fähigkeiten und die Position der anderen kannte“, fuhr Morrissey fort. „Es war eine starke Einheit, und niemand schien in die kleine private Geheimwelt der Smiths vordringen zu können. Als dann aber plötzlich jemand dieses Muster durchbrach, fiel alles in fünfundzwanzig verschiedene Richtungen auseinander.“

      Bald sollte ich freilich feststellen, dass alles noch weit komplizierter war. Abgesehen von dem juristischen Minenfeld aus Verträgen und Tantiemen, an dem die Beziehungen zwischen den Bandmitgliedern ein Jahrzehnt später endgültig zerbrachen, war die Freundschaft zwischen Morrissey und Marr bereits unwiderruflich gescheitert, als sich die Smiths Anfang 1987 in Bath zusammenfanden, um Strangeways, Here We Come aufzunehmen.

      Andere bekannt gewordene Probleme innerhalb der Band – etwa Bassist Andy Rourkes Kampf gegen die Heroinabhängigkeit