Название | Vagos, Mongols und Outlaws |
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Автор произведения | Kerrie Droban |
Жанр | Зарубежная психология |
Серия | |
Издательство | Зарубежная психология |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783854454045 |
Schnitt. Zurück in die Gegenwart. Bislang hatten bereits verschiedene Bundesbehörden versucht, die Vagos zu infiltrieren, doch immer ohne Erfolg. In Kalifornien waren sie vier oder fünf Mal so groß wie die Hells Angels, und ihre Gewalttätigkeit hatte sich herumgesprochen. Die Polizeibehörden sorgten sich zunehmend wegen des Hangs der Gang zu brutalen, scheinbar sinnlosen Angriffen, Waffenschmuggel, zur Verbreitung und zum Handel mit gefährlichen Betäubungsmitteln, zu Schutzgelderpressung, Kreditwucher und Mord, Straftaten, die von der Biker-Szene ausgingen und mittlerweile alle Bevölkerungsschichten in Mitleidenschaft zogen. Die Gangmitglieder lebten wie Ratten in den dreckigsten, stinkendsten Löchern der Stadt. Die Regierung interessierte sich nicht dafür, das Problem einzudämmen – sie wollte es beseitigen!
„Und was muss ich machen?“ Ich verschränkte die Arme vor der Brust, nervös und angespannt, da ich nicht wusste, was für eine Aufgabe mir bevorstand. Kiles informierte mich kurz und knapp über die Geschichte und die Bedeutung der Vagos: Der Club war in den Sechzigern im San Bernardino Valley gegründet worden und umfasste 24 Chapter in Südkalifornien, Arizona, Nevada, Oregon, Utah und auf Hawaii. In Mexiko gründeten sich zehn Chapter (in Baja California, Jalisco und Mexiko-Stadt). Die Gang, zuerst nannte sie sich „The Psychos“, wählte als Abzeichen ein Bild des nordischen Gottes Loki, der für seine Gerissenheit und sein Intrigenspiel bekannt ist, auf einem stilisierten Motorrad. Sie musste keinen Feind fürchten und beabsichtigte auch nicht, Rivalen wie den Hells Angels oder den Mongols den Krieg zu erklären. Der Club schloss sich sogar je nach Lage der Dinge mit anderen Gangs zusammen. Durch seine Unberechenbarkeit und seine gewalttätigen, sorgsam eingefädelten und unberechenbaren Übergriffe sicherte er sich seine Machtposition. Die Philosophie der Vagos war eindeutig, denn die Mitglieder wollten lieber gefürchtet als verehrt werden! Sie waren die Mafia auf zwei Rädern, doch ohne die Absicht, ein bestimmtes Ansehen zu wahren oder ihr Tun irgendwie zu legitimieren. Die Vagos verbargen ihre Brutalität nicht, sondern stellten sie offen zur Schau. Egal ob ihr Draufgängertum auf ihr offensives Macho-Gebaren zurückzuführen war, auf einen tierischen Instinkt oder den Kampf um die Vormachtstellung in der Drogenwelt – durch ihr Handeln kamen erschreckend viele Menschen ums Leben.
„Sie sollen da rein, Informationen über die Gang sammeln, die Anführer identifizieren, von ihnen Drogen kaufen und möglichst viele illegale Schusswaffen sicherstellen“, sagte Kiles und nannte mir eine Liste der Bars in einem Radius von 40 Meilen um mein Apartment, die von den Vagos häufig besucht wurden. Die Mitglieder seien nicht schwierig auszumachen, klärte sie mich auf, denn alle Outlaw-Biker-Gangs trügen voller Stolz ihre Kutten. Es waren ärmellose Westen aus Jeansstoff oder Leder mit aufgenähten Abzeichen, die nicht nur die Zugehörigkeit zu einem Club symbolisierten, sondern auch die kriminellen und sexuellen „Errungenschaften“ eines Bikers verrieten. Sie wollten der Öffentlichkeit zeigen, dass sie zu den Gesetzlosen gehörten, den sogenannten „Onepercentern“3, einer kleine Gruppe von Motorradfans, verantwortlich für 99 Prozent aller Straften, die Biker verübten.
„Achten Sie auf die Führungspersonen!“ Kiles trank ihren Becher aus. Ich hatte keinen blassen Schimmer, wie man die Anführer erkannte. Sie erklärte es mir: „Die mit dem grünen Abzeichen.“ Die Vollmitglieder (Full-Patch-Members) trugen auf der Rückseite ihrer Kutte ganz unten den „Bottom Rocker“, auf dem „Kalifornien“ stand. Der Aufnäher oben gab den Club an, in diesem Fall die Vagos, und der mittlere Aufnäher zeigte ein großes V und ein Bild des gehörnten Loki. Der Name Vagos stammte – obwohl er leicht spanisch klingt – von „vagabond“ ab, dem englischen Begriff für umherziehende Menschen. Die Gang bestand zu 70 Prozent aus Weißen, jedoch war der Anführer ein Latino.
„Wenn Sie drin sind, müssen Sie improvisieren.“
Die „Bezahlung“ für den gefährlichen Auftrag bestand nicht in Geld, sondern in Zeit. Falls ich nicht den Rest meines Lebens hinter Gittern verbringen wollte, musste ich Resultate liefern. Die mir drohenden 22 Jahre zogen sich wie eine Schlinge um meinen Hals zusammen, nahmen mir die Luft zum Atmen. Ich verfügte weder über einen Plan noch ein Bike und stand auch nicht unter dem offiziellen Schutz der Behörde. Ich fühlte mich alleingelassen und war so einsam wie niemals zuvor in meinem Leben.
Zuerst folgte ich Kiles’ Vorschlag und hing in Kaschemmen wie dem Motherlode rum, in der Hoffung, Gespräche der Biker zu belauschen, während ich mit den Stammgästen Billard spielte und einige Bier hob. Der Trinkspruch der Biker – „Viva Los Vagos und fick die anderen in den Arsch“ – hallte durch den Laden. Die Graffiti an der Wand bildeten eine Mischung aus Realität und Phantasie ab, denn sie spielten auf das Thema Autoklau im großen Stil an, allerdings mit Blick auf eine fiktive Latino-Straßengang in Los Angeles, die Krieg gegen eine ebenfalls fiktive Grove-Street-Gang führte. Ich beobachtete einige Biker, die mir argwöhnische Blicke zuwarfen. Adrenalin pumpte durch meine Adern, ich hatte das Gefühl, unter Starkstrom zu stehen. Damals lebte ich in einem winzigen Apartment mit meinem Pitbull Hercules, 30 Meilen von der County-Grenze entfernt. Jede Nacht fuhr ich durch die frostige Dunkelheit von meiner Bude zu der Bar und dann wieder zurück. Meist stolperte ich um 3 Uhr morgens durch die Tür – hungrig, übermüdet und verängstigt, da das gleiche Spielchen in einigen Stunden wieder von vorne begann.
Nachdem zwei Wochen lang nichts passiert war, legte ich mir einen Plan zurecht.
Das in Hesperia gelegene Motherlode stank ekelerregend. Eine Mischung aus schalem Bier, Pisse und Kotze verpestete die Luft. Vor dem Schuppen standen die Harleys aufgereiht. Die Musik pulsierte wie ein rasender Puls. Die Bar war nur schlecht beleuchtet, verqualmt, vollgestellt mit Billardtischen und einer Jukebox. Der Besitzer hatte die Wände zu Ehren der Vagos grün streichen lassen. An diesem Ort herrschte eine gewalttätige und bedrohliche Atmosphäre, sogar wenn nichts geschah. Einige Vollmitglieder standen eng beieinander, die Biergläser in den Händen. Die Frau hinter dem Tresen glich einem verunstalteten Troll. Sie stieß mit den Händen, die Fleischklumpen ähnelten, schwungvoll ein kühles Bud in meine Richtung. Fluoreszierendes grünes Licht flackerte über der Bar. Auf zerrissenen Plakaten erkannte ich die Ankündigung für eine Party der Vagos, die die Biker „Dünnschiss-Feten“ nannten. Gesprächsfetzen drangen durch den allgegenwärtigen Lärm wie ein lautes Grunzen.
Ich bemerkte eine attraktive Brünette. Sie hing in den Armen eines in schäbiges Leder gekleideten Bikers, der so aussah, als hätte man ihn gerade erst von der Müllkippe aufgesammelt. Er trug schwarze Jeans und kein T-Shirt, sondern nur die Kutte. Jeder Zentimeter seiner Arme war von Tattoos bedeckt, und auf den Schmerbauch hatte er sich ein Hakenkreuz in Grün stechen lassen. Ein grünes Stirnband bedeckte teilweise seinen Bürstenschnitt. Auf dem linken Arm erkannte ich die Zahl 22, die für „V“, den 22. Buchstaben des Alphabets, stand und gleichzeitig die Abkürzung für „Vagos“ war. Die Frau blickte zu mir rüber. In ihrem Gesicht konnte ich keine Anzeichen für den getriebenen und verzweifelten Ausdruck einer Süchtigen erkennen. Sie hatte rosige Wangen, eine wahre Mähne, gepflegte Zähne und weckte in mir den Impuls, als ihr Retter aufzutreten. Was machte sie bloß hier – mit diesem Typen?
„Das is’ Vinnys alte Dame“, verriet mir eine abgehalfterte Meth-Süchtige durch den Lärm der Musik hindurch. Im Vergleich mit dem Biker hätte der Kontrast zwischen ihm und der Schönen nicht größer sein können. Sie war eine Außenseiterin unter Außenseitern, auf eine merkwürdige Art von Vinny beschützt, der sie als sein Eigentum ansah. Kein