Bob Marley - Catch a Fire. Timothy White

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Название Bob Marley - Catch a Fire
Автор произведения Timothy White
Жанр Изобразительное искусство, фотография
Серия Rockgeschichte
Издательство Изобразительное искусство, фотография
Год выпуска 0
isbn 9783854454656



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des Legislativrates, die darauf hinweisen, dass es schon ein geringes Ausmaß antiweißer Propaganda durch eine religiöse Gemeinschaft in zumindest einem Bezirk gibt, die durch Garvey wahrscheinlich aufgeheizt werden wird.«

      Der Bezirk, auf den man sich bezog, war St. Thomas, und bei der religiösen Gemeinschaft handelte es sich um die Bruderschaft der Piby. Was die antiweiße Propaganda betraf, so war die Bruderschaft nur der Meinung, die afrikanische Rasse, einstmals die vornehmste auf Erden, jetzt jedoch die missachtetste und gequälteste, werde eines Tages wieder ihre Stellung als die von Jah bevorzugte erleben.

      Am 17. Mai 1926 veröffentlichte der Daily Gleaner einen oberflächlichen Bericht über die Piby. Zwei Tage später erschien im Gleaner eine Fortsetzung: »Neue Glaubenslehren in der Holy Piby enthalten, einem bemerkenswerten Buch, das in den Vereinigten Staaten gedruckt und in Umlauf gebracht wird. Glaubhafte Religion, als deren Apostel Marcus Garvey gilt.« Der Gleaner vom 27. Mai: »Gerüchte über eine Massenveranstaltung zur Denunziation der Holy Piby.«

      Am 4. Juni werden Sprecher der UNIA zitiert, die sagten, Garveys Organisation habe nicht das Geringste mit der Piby zu tun. Aber da Garveys Rückkehr nach Jamaika in Kürze bevorstand, ließ sich der Gleaner, das Sprachrohr der oberen Mittelklasse, nicht von seinem Ziel abbringen, nämlich Garvey bei dem religiösen Establishment der Schwarzen auf der Insel in Misskredit zu bringen.

      Am 6. Juni erschien im Gleaner ein Leitartikel mit der Überschrift »Eine neue Religion«:

      »Wir haben zwei Publikationen der neuen äthiopischen Religion erhalten, auf die wir in letzter Zeit des Öfteren angespielt haben. Diese Bücher bzw. Pamphlete ergänzen die Holy Piby, die die Heilige Schrift ersetzende Bibel der Garveyiten, die proklamiert, Elias sei der Erlöser gewesen – eine Behauptung, die den ernsthaften und kompromisslosen Hebräer entsetzt hätte. Es ist nur recht, wenn man sagt, dass diese Religion allerorts nur wenige Bekehrte gefunden hat. Einige törichte und leichtgläubige Menschen haben sich möglicherweise dazu veranlasst gesehen, ihr Geld in eine Black Star Line zu investieren, die kaum je mehr als drei Schiffe besaß und nur durch Spenden von Freunden von Hafen zu Hafen gelangen konnte. Dieselben Leute wehrten sich allerdings, als sie zu diesem Pech verfolgten kommerziellen Unternehmen auch noch eine Religion annehmen sollten. In Jamaika wird man über Dinge dieser Art jedenfalls so lange lachen, bis sie nicht mehr existieren. Dinge dieser Art sind nur unverschämt. Sie weisen eine Art von Vulgarität auf, die sogar die Vulgären ekelt.«

      So wurde Garvey, der sich auf dem Heimweg befand, als krimineller Lump dargestellt, als Ketzer und unverantwortlicher, unehrlicher und blasphemischer Anführer, der nichts als heftigste Verachtung verdient habe. Bei Besuchen in den alten UNIA-Hauptquartieren auf den Westindischen Inseln und in Zentralamerika versuchte er, die Bewegung wieder zusammenzubringen, aber überall traf er auf Interesselosigkeit. 1928 sprach er in Londons riesiger Royal Albert Hall vor fast leerem Haus. Da seine Anhängerschaft sich derartig aufgelöst hatte und sein geliebtes Jamaika ihm absolut feindselig gesinnt war, ließ sich Garvey 1935 wieder in England nieder. »Führerschaft bedeutet alles – Schmerz, Blut, Tod«, so lautete sein persönliches Credo. 1940 blieb ihm dann gar nichts mehr, und man begrub ihn in britischer Erde.

      Aber der Rastafari-Glaube hatte in seinem Heimatland Wurzeln gefasst und gewann hauptsächlich als eine bäuerliche Landesbesetzungs-Bewegung mit religiösem Anstrich immer mehr Bedeutung. Howell rief seine Gemeinde auf: »Jener Mann in England (zuerst George V., dann Edward VIII.) ist nicht unser König! Behaltet das Land, bezahlt keine Steuern, denn unser König, der König aller Könige, ist jetzt in Äthiopien gekrönt worden, und aller Tribut gebührt nur ihm!«

      Howell und eine ganze Schar anderer Rasta- und Pseudo-Rasta-Führer machten sich an die Aufgabe, dieser kühnen neuen Religion Hand und Fuß zu geben. Unter diesen Theoretikern befanden sich H. Archibald Dunkley und Joseph Nathaniel Hibbert, beides Mitglieder des überaus geheimen ägyptischen Freimaurer-Ordens, der bekannt war unter dem Namen ›Great Ancient Brotherhood of Silence‹ (Große, uralte Bruderschaft des Schweigens), Robert Hinds, ein Schüler von Bedward; David und Annie M. Harvey, 1931 Gründer der ›Israelites‹-Sekte, und der selbsternannte Prince Edward Emanuel, der von sich behauptete, 1915 in der Kirchengemeinde von St. Elizabeth leibhaftig vom Himmel herabgestiegen zu sein und daher wie der biblische Melchisedek keine sterblichen Eltern zu besitzen. Andere frühe Rasta-Führer waren Claudius Henry, Altamont Reed, Paul Ervington und Vernal Davis.

      Diese selbsternannten ›Propheten‹ formulierten eine Anzahl von Diät- und Hygiene-Gesetzen, die mit der religiösen Lehre einhergingen. Sie verlangten von ihren Anhängern, keinen Alkohol, keinen Tabak und kein Fleisch (besonders kein Schweinefleisch) zu sich zu nehmen und auch keine Schalentiere, keine schuppenlosen Fische, keine Raubfische und keine aasfressenden Meerestiere und auch nicht viele allgemein verbreitete Gewürze wie zum Beispiel Salz. Kurz, alles, was nicht ›ital‹ war, eine Rasta-Bezeichnung für ›rein‹, ›natürlich‹ oder ›sauber‹, war verboten. Außerdem verboten sie das Kämmen oder Schneiden von Haaren und zitierten dazu die heilige Anweisung im 3. Buch Mose, 21,5: »Sie sollen auch keine Glatze scheren auf ihrem Haupt noch ihren Bart stutzen und an ihrem Leibe kein Mal einschneiden.« Ihre Haarsträhnen ließen sie verfilzen und sich verflechten zu Dreadlocks, so genannt, um die Aversion der Nichtgläubigen gegenüber ihrem Aussehen zu verspotten. (Das Substantiv ›dread‹ – Schrecken, Grauen – hat sich seither ebenfalls in ein Wort des Lobs gewandelt.) Das Kraut ›ganja‹ (Marihuana) wurde von ihnen als ›wisdomweed‹ (Weisheitskraut) angesehen, und die Rasta-Führer drängten darauf, es in einem religiösen Ritus zu rauchen, denn sie sagten, es sei auf dem Grab von König Salomon gefunden worden, und sie zitierten Passagen aus der Bibel, so den Psalm 104,14, um seine sakramentalen Eigenschaften zu bestätigen: »He causeth the grass to grow for the cattle, and herb for the service of man, that he may bring forth food out of the earth.« (»Du lässest Gras wachsen für das Vieh und Saat zu Nutz den Menschen, dass du Brot aus der Erde hervorbringst.«)

      Der Kult verschrie die aus Afrika stammende Pukumina-Religion auf Jamaika sowie alle christlichen Kirchen als dekadent. Überdies verkündete man, die Schwarzen seien die überlegenere Rasse, und nach dem Harmageddon würden sie über alle Schöpfung herrschen, wie sie es zu Anbeginn getan hätten.

      Die Rastas wiesen Vorwürfe anderer Religionen von sich, sie seien anti-weiß oder anti-braun (gegen die Mulatten), und forderten alle auf, zu bereuen und Jah (eine Kurzform für Jehova) anzuerkennen. Sie gelobten, dass zu einer geheimen Stunde, die nur einigen wenigen ganz besonders Frommen bekannt sei, die Gläubigen zurückkehren würden nach Äthiopien auf eine Weise, die nicht enthüllt sei, und damit endlich das tropische Dampfbad Jamaika verlassen könnten, das sie buchstäblich als die Hölle auf Erden betrachteten. Bis zu diesem Zeitpunkt jedoch würden sich die Rastas weigern, Anteil zu nehmen an den Machenschaften des täglichen Lebens und Handelns in ›Babylon‹, dem Ort, an dem der Geist sich zeitweilig in Gefangenschaft befinde.

      Die Armen folgten massenhaft dem Ruf der Rastas, da der Kult ihrem Status als Ausgestoßene der Gesellschaft ein gewisses Ansehen zusprach. Als Rastas konnten sie jetzt in Würde auf den Tag des Jüngsten Gerichts warten, an dem die Ersten die Letzten sein würden und die Letzten die Ersten. 1934 hatte es der Rastafarianismus zu einer starken Gefolgschaft besonders bei den unteren Klassen und in den Ghettos von Kingston gebracht.

      Ein Ableger der Ethiopian World Federation, Inc., einer Interessengemeinschaft, die gegründet worden war, um im Ausland Sympathien und Unterstützung für den äthiopischen Kampf gegen den italienischen Faschismus zu gewinnen, wurde 1938 auf Jamaika ins Leben gerufen. Die Reaktion von Rastas und Nicht-Rastas war gleichermaßen enthusiastisch, und 1955 verkündete Selassie, der während Mussolinis Besetzung seines Kaiserreichs (1936–1941) im Exil gewesen war, fünfhundert fruchtbare Morgen seines persönlichen Landbesitzes stünden schwarzen Siedlern aus dem Westen zur Verfügung, die Äthiopiens Kampf zur Bewahrung seiner Freiheit unterstützt hatten. Jamaikas Rastas waren begeistert über dies Angebot und forderten ihre Landsleute auf, die in großer Anzahl nach England auszuwandern begannen, um dort Arbeit zu finden: »Ethiopia, yes! England, no! Let my people go!«

      Mittlerweile hatte Leonard Howell seine Anhängerschar aus der Rasta-Mission in den Bergen von St. Catherine in eine abgelegene Spanish-Town-Siedlung namens Pinnacle geführt, einen verlassenen Landsitz