Schwertmeister der Magie: Drei Fantasy Sagas auf 2500 Seiten. Alfred Bekker

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Название Schwertmeister der Magie: Drei Fantasy Sagas auf 2500 Seiten
Автор произведения Alfred Bekker
Жанр Историческая фантастика
Серия
Издательство Историческая фантастика
Год выпуска 0
isbn 9783745214710



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ausgestoßen, der ganz sicher mehr an Kraft herbeizurufen in der Lage war, als es eine ganze Hundertschaft von Schwertmeistern des Ordens vermochte. Zweifellos war er es gewesen, der seinen eigenen Kämpfer aus dem Spiel genommen hatte.

      Jener Angreifer, dem Gorian mit dem abgebrochenen Klingenstück beinahe den Fuß abgetrennt hatte, humpelte schleunigst davon, obwohl er sich inzwischen wohl zu Genüge erholt hatte, um erneut anzugreifen. Aber aus irgendeinem Grund schien das nicht dem Willen des Frostgottes zu entsprechen.

      Immer noch halb wahnsinnig durch den Schmerz, den ihm Sternenklinge in seinem durchbohrten Auge verursachte, trat Frogyrr näher. Er benutzte dafür diesmal die unteren drei Tatzenpaare und hielt den aus einem Riesenwalrosszahn gefertigten Schädelstab mit dem obersten Paar, sodass der Orxanier-Schädel ständig auf Gorian gerichtet war. Immer noch lief schwarzes Blut aus dem Auge des Eisbärengottes, und ein wütendes dumpfes Knurren drang ihm aus dem Schlund. Ein Laut, so tief, dass er ein Drücken in der Magengegend verursachte.

      Warum hat er mich verschont?, ging es Gorian durch den Kopf. Warum hat er nicht zugelassen, dass seine Frostkrieger mich auf die gleiche Weise zerhackten wie meinen Vater?

      Das Herz schlug ihm bis in den Hals. Ein Schwall chaotischer Gedanken wirbelte ihm durch den Kopf. Er versuchte, nicht an das zu denken, was mit seinem Vater geschehen war, sich nicht durch den Schrecken lähmen zu lassen und die Klarheit der Gedanken zurückzugewinnen. Selbst in diesem Augenblick, da alles verloren schien, wozu er angeblich bestimmt war, noch bevor es überhaupt begonnen hatte.

      Konnte es sein, dass alles nur ein Irrtum gewesen war? Dass seine Geburt und das Herabfallen des Sternenmetalls nichts miteinander zu tun hatten? Hatte am Ende sogar Morygor Gorians Rolle im Gefüge des Netzes der Schicksalslinien überschätzt? Oder hatte der Herr der Frostfeste einmal mehr die ihm eigene Gabe genutzt, und ihm war ein weitreichenderer Blick in die Zukunft gelungen, sodass er sorgfältig die Möglichkeiten und Wahrscheinlichkeiten hatte abwägen können? Vielleicht war dies einfach nicht der richtige Zeitpunkt, die Gefahr, die Gorian für ihn darstellte, endgültig zu beseitigen.

      Und dann fiel es Gorian wie Schuppen von den Augen, und er erkannte den Grund, warum ihn Frogyrr zunächst vor den Waffen seiner Schergen bewahrt hatte.

      Nicht nur der Ort, an dem ich getötet werde, und der Zeitpunkt spielen eine Rolle, sondern auch, wer die Tat ausführt!, ging es ihm siedend heiß durch den Kopf.

      In all diesen Punkten hatte Morygor seinem Knecht, dem Frostgott Frogyrr, offenbar äußerst präzise Vorgaben gemacht.

      Gorian hob den Kopf und überlegte, was er tun konnte. Er streckte die Hand aus, entriss den Dolch aus Sternenmetall mithilfe der Alten Kraft der Hand des Frostkriegers, der es inzwischen endlich geschafft hatte, sich ihn aus dem Schädel zu ziehen, und einen Lidschlag später befand sich die Waffe wieder in Gorians Hand. Ob sie ihm helfen konnte, wusste er nicht. Es war einfach nur ein Akt der Verzweiflung.

      Annähernd im selben Moment schoss schwarzes Licht aus dem Schädel am Ende des Elfenbeinstabs, den Frogyrr auf Gorian gerichtet hielt.

      Eine ungeheuer starke Kraft warf Gorian um und drückte ihn an den Boden wie zuvor seinen Vater. Für einige Augenblicke bekam er keine Luft und glaubte zu ersticken. Es war unmöglich, sich auch nur einen Fingerbreit zu bewegen.

      Er versuchte, den Dolch zu schleudern, um damit das zweite Auge des Frostgottes zu treffen. Aber der Dolch wurde ebenso an den Boden gedrückt wie er selbst.

      Frogyrr näherte sich Gorian bis auf wenige Schritte und richtete sich zur Gänze auf, wobei ein Teil des Eiskrähenschwarms genau über seinem Kopf kreiste. Zischend tropfte schwarzes Blut aus dem Auge, in dem noch immer Gorians Schwert steckte. Immer dann, wenn ein Tropfen den Erdboden berührte, stiegen von dieser Stelle äußerst übel riechende Dämpfe auf, deren Geruch mit nichts zu vergleichen war, was Gorian bis dahin kennengelernt hatte.

      Die ganze Zeit über verharrte er in der Gewalt des schwarzen Lichts, das ihn vollkommen lähmte. Er vermochte nicht einmal mehr die Augen zu bewegen, sodass sein Blick starr und tot wirkte. Wie dunkler Rauch umgab dieses schwarze Licht seinen Körper.

      Dann brach der Strahl aus dem Schädel am Ende des Elfenbeinstabs plötzlich ab. Doch das bedeutete nicht, dass Gorian wieder im Vollbesitz seiner Kräfte war und sich etwa hätte aufrichten können.

      Er versuchte die Muskeln und Sehnen seines Körpers anzuspannen und gleichzeitig all das an magischer Kraft, das noch in ihm sein mochte, zu sammeln. Doch er fühlte sich auf eine seltsame Weise leer und kraftlos. Nie zuvor war ihm so elend gewesen.

      Ein Gedanke erreichte ihn, so bedrängend, dass Gorian am liebsten laut aufgeschrien hätte, wäre er dazu in der Lage gewesen.

      „Da liegst du also, du verfluchtes Menschenkind!“, vernahm er den Gedanken des Frostgottes, und Gorian glaubte, dass ihm der Kopf zerspringen müsste.

      Der Frostgott fasste sich mit einer seiner Pranken an die Augenhöhle, aus der noch immer der Griff von Sternenklinge ragte. Bläuliches Blitzfeuer umflorte den Griff, und Frogyrr brüllte auf. Noch schrecklicher war der Gedanke, den er im selben Moment aussandte und an dem er Gorian in seiner vollen Wucht teilhaben ließ.

      Dann zog er Sternenklinge aus der Augenhöhle. Ein Schwall von schwarzem Blut folgte, und Frogyrr überschüttete Gorian mit Gedanken des Schmerzes. Er wollte, dass Nhorichs Sohn daran wenigstens auf geistiger Ebene teilhatte. Es war seine Rache für das, was Gorian ihm angetan hatte.

      Gorian glaubte für einen Augenblick schier wahnsinnig zu werden, als ihn die Wellen des Schmerzes durchfluteten. Und es gab im Moment nichts, womit er sich dagegen schützen konnte.

      Frogyrr fasste Sternenklinge mit zwei Fingern seiner Tatze und schleuderte das Schwert, das kaum die Größe seiner Reißzähne hatte, wie angewidert von sich.

      Mehrere der Eiskrähen stürzten sich augenblicklich darauf und fingen es aus der Luft, ehe es den Boden berührt hätte. Sie trugen es zur Eisscholle, wie es schon mit Schattenstich geschehen war. Morygor wollte offenbar die aus dem Bruchstück des Schattenbringers geschmiedeten Klingen für sich selbst haben, und Frogyrr sollte sie auf seiner Eisscholle nach Norden bringen.

      Der Bärengott nahm den Orxanier-Schädel von dem Riesenwalrosszahn. Die unzähligen in das Elfenbein geschnitzten fratzenhaften Gesichter veränderten sich und erwachten für Augenblicke zu einem schaurigen Scheinleben.

      Frogyrr rollte den Orxanier-Schädel über den Boden, und er verwandelte sich: Die Form blieb zwar erhalten, aber es bildeten sich acht mehrgliedrige Beine wie bei einer Spinne.

      „Fessle ihn!“, lautete der Gedankenbefehl des achtbeinigen Eisbären. Die Blutung aus seiner Augenhöhle hörte zwar auf, aber selbst er als Frostgott schien nicht über die Macht zu verfügen, das Auge, das Gorian ihm durch seinen Schwertwurf genommen hatte, so einfach wieder entstehen zu lassen. Dem Sternenmetall schienen tatsächlich besondere magische Eigenschaften eigen zu sein. Vielleicht stimmte es ja, dass die Finsternis mit Finsternis und die Macht des Schattenbringers mit seinem Metall zu bekämpfen war.

      Gorian versuchte den Schmerz zu unterdrücken. Er konzentrierte sich auf die Alte Kraft und auf den Dolch aus Sternenmetall, den er nach wie vor mit seiner Faust umklammert hielt. Auch wenn beides – Faust und Dolch - nicht zu bewegen waren, so war Gorian davon überzeugt, dass diese Waffe im Moment die einzige Option darstellte, die er hatte.

      Er hätte ihr einen Namen geben sollen, ging es ihm durch den Sinn. Es war der erste klare Gedanke seit einer unendlich langen Zeit, wie es ihm schien. Allerdings lag dies wohl eher daran, dass ihm die letzten Momente aufgrund der unglaublichen Schmerzen, mit denen sein Gegner ihn überschüttet hatte, wie eine halbe Ewigkeit vorgekommen waren.

      Einer Waffe einen Name zu geben, das bedeutete auch immer, ihre Macht zu erhöhen. Jedenfalls dann, wenn sie voller Magie war, wie es bei den Schwertern Sternenklinge und Schattenstich der Fall war. Die Axiome der Ordensmeister stimmten in diesem Punkt mit den Lehren der Priesterschaft des verborgenen Gottes überein. Nhorich hatte seinem Sohn aber gesagt, dass sowohl der Name als auch der Augenblick und der Ort, an dem er verliehen wurde, Einfluss auf