Название | Schwertmeister der Magie: Drei Fantasy Sagas auf 2500 Seiten |
---|---|
Автор произведения | Alfred Bekker |
Жанр | Историческая фантастика |
Серия | |
Издательство | Историческая фантастика |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783745214710 |
Gorian war ebenfalls in der Nähe und führte seine täglichen Übungen mit Sternenklinge durch. Mit geschlossenen Augen kämpfte er gegen einen imaginären Gegner und konzentrierte dabei die Alte Kraft so sehr, dass ein bläulicher Lichtflor die dunkle Klinge umgab, wenn er sie schnell bewegte und genug Entschiedenheit und Willen in seine Hiebe legte. Verschwand der Flor, war Gorian zu langsam und seine Konzentration auf die Alte Kraft zu gering. Ziel der Übung war es, den Lichtflor ständig aufrechtzuerhalten. Doch eine einzige unbedachte Bewegung, der keine willentliche Entscheidung des Kämpfers zugrunde lag und die daher nicht mit der nötigen Schnelligkeit durchgeführt wurde, reichte aus, dass die Lichterscheinung verblasste und dann nur wieder mit großer Mühe erzeugt werden konnte. Es war eine reine Konzentrationsübung, denn auf die Kampfkraft der Waffe hatte der Lichtflor keinerlei Auswirkung.
Gorian hielt plötzlich in der Bewegung inne und öffnete die Augen, in denen nichts als pure Finsternis zu sehen war. Dass der Lichtflor verlosch, war in diesem Moment nicht mehr von Bedeutung, denn Gorian hatte die Anwesenheit von etwas gespürt, das weitaus wichtiger erschien. Es war nicht das Raunen des zerschlagenen Gargoyle, der sich mit seiner untoten Existenz noch immer nicht abfinden konnte, sondern etwas anderes. Etwas, das Gorian bisher noch nicht kannte.
Er blickte zum Horizont. Eine Wand aus grauem Dunst stand, einer düsteren Mauer gleich, mitten in der Bucht von Thisilien. Das Platschen der geflügelten Fische, die aus den Fluten emporsprangen und nach kurzem Flug wieder eintauchten, war den ganzen Tag über zu hören gewesen. Nun jedoch war es still. So als ob irgendetwas die geflügelten Meeresräuber dazu veranlasst hatte, sich in ihrem ureigensten Reich der Tiefe zu verbergen.
Zu verbergen vor einer Macht, der auch sie nichts entgegenzusetzen hatten ...
Gorian blinzelte und sah die Schatten in der Nebelwand schon einen Moment früher, als andere sie erkannt hätten. Er ahnte ihr Auftauchen in ähnlicher Weise voraus wie den Angriff der geflügelten Fische während jener Bootsfahrt, die die erste Erinnerung seines Lebens war.
Die Schatten wurden größer. Ein Geräusch, das an Ruderblätter erinnerte, die ins Wasser getaucht wurden, mischte sich mit dunklen Stimmen, die sehr rau klangen und sich offenkundig nicht in einem der heiligreichischen Dialekte unterhielten. Barsche Befehle waren es, die erteilt wurden, kehlige Schreie, dumpfe Laute, die für menschliche Ohren unartikuliert klangen, für solche mit anderen Hörgewohnheiten jedoch offenbar Bedeutung hatten.
Orxanier!, durchfuhr es Gorian, während er das Schwert in die Scheide steckte, die er immer noch bevorzugt auf den Rücken gürtete, obwohl er längst groß genug gewesen wäre, sie an der Seite zu tragen.
Dunkel tauchte das erste der Schiffe aus dem Dunst hervor. Es war lang und breit, und der Mast diente einzig dem Hissen der Fahne, denn Orxanier segelten nicht, sie ruderten. Am Bug war deutlich ein Rammsporn aus Metall zu erkennen, der dazu diente, Eis zu zerbrechen, wenn in harten Wintern die Buchten an den Küsten der nördlichen Länder zugefroren waren.
„Sieh mal, Gaerth, deine bucklige Verwandtschaft will uns einen Besuch abstatten!“, drang in diesem Moment Beliaks Kommentar an Gorians Ohr. Der Adh sah von seiner Arbeit auf, die darin bestand, ein paar Taue zu entwirren, die er am liebsten wohl einfach durchgebissen hätte, doch das hätte ihm den Ärger des Hofherrn eingebracht.
Gorian lief zur Anlegestelle. „Was haben diese Schiffe hier zu suchen?“
Gaerth ließ ein dumpfes Grollen hören und knurrte etwas Unverständliches, wobei dampfender Speichel zwischen seinen Hauern hervorsprühte.
„Na, ist das etwa nicht die Flagge deines Clans?“, fragte Beliak und grinste dabei von einem seiner großen Ohren zum anderen. „Was wollen die hier? Hast du denen etwa eine Brieftaubenbotschaft geschickt, dass sie alle herkommen sollen, um Zuflucht vor Morygors Horden zu finden? Wer weiß, vielleicht erstreckt sich das Frostreich ja schon bis zur orxanischen Küste.“
„Ja, das ist zu befürchten“, murmelte Gaerth. „Doch für Brieftauben ist es längst viel zu kalt in Orxanien. Und ich wüsste auch keinen Orxanier, der mit Tauben mehr anzufangen wüsste, als sie zu verspeisen. Wenn man Botschaften überbringen will, kann man schließlich laufen ...“
„Aber nicht übers Wasser.“
„... oder rudern!“
„Ist das wirklich die Flagge deines Clans?“, fragte Gorian an Gaerth gerichtet.
Der Orxanier nickte und hielt die linke Pranke hoch. „Eine orxanische Hand, der ein Finger fehlt – das ist das Zeichen unseres Clans, weil unser Ahnherr diesen Finger verlor, als er bei einer Mutprobe einen lebendigen Eisfrosch zu verschlingen versuchte.“
„Der Frosch hat sich gewehrt?“
„Offenbar“, lachte Beliak. „Und ich habe dafür auch vollstes Verständnis.“
„Ja, aber das verlängerte sein Leben nur um wenige Herzschläge“, sagte Gaerth. „Dann verschlang ihn mein Ahnherr mit einem Happen - und mitsamt seinem eigenen Finger.“
„Ihr Orxanier habt schon eigenartige Manieren“, spottete der Adh.
„Mein Ahnherr verhinderte dadurch einen Krieg, weil diese Mutprobe eine Landstreitigkeit regelte. Und jemanden, der seinen eigenen Finger isst, den greift niemand an, denn man traut ihm jede Grausamkeit zu, auch wenn er in Wahrheit doch eher friedfertig war, mein Ahnherr.“
Immer mehr orxanische Ruderschiffe tauchten aus dem Dunst auf. Heisere Stimmen stießen Laute aus, die an das tiefe Bellen großer Hunde erinnerten. Damit wurde offenbar der Rhythmus angegeben, in dem gerudert wurde.
Gaerth wandte sich an Gorian. „Ich habe keine Ahnung, was die hier wollen. Eigentlich hatte ich gedacht, unser Clan wäre von Morygors Horden vernichtet worden.“
„Genau das ist wohl geschehen“, befürchtete Gorian. „Und deine Verwandten sind gekommen, um uns im Auftrag des Frostherrn zu töten!“
Und tatsächlich - je näher die Schiffe der Orxanier kamen, desto deutlicher wurde, dass es sich nicht um gewöhnliche Angehörige dieses Volkes handelte.
Es waren Untote.
Frostkrieger – gefallen im Kampf gegen Morygors Horden und durch Magie zu einem neuen, eisigen Leben erweckt. Willenlose Mördersklaven im Dienste des Frostherrn. Der Zauber, der sie zu Untoten gemacht hat, war ein anderer als jener, durch den Schwertmeister des Ordens zu Schattenreitern wurden, aber ebenso wirksam. Ein beträchtlicher Teil von Morygors Truppen bestand aus diesen Kreaturen – mit Vorliebe aus ehemaligen Orxaniern, da sich ihre Kraft auch in ihrer untoten Existenz erhielt. Wer schon im Leben robust war, der war auch als Frostkrieger härter als andere. Es gab aber auch Erzählungen über Eiskrieger, die ursprünglich Menschen oder Adhe gewesen waren – und ganz selten sogar goldäugige, spitzohrige Caladran von den Inseln im Westen.
Die Haut der Frostkrieger war grünlich und ähnelte verwesendem Fleisch, doch der Frostzauber verhinderte, dass sich ihre Leiber zersetzten, und hielt sie aufrecht. Sie waren durch und durch gefroren, und das Eis ließ sie selbst in dem schwachen, dunstigen Licht dieses grauen Tages schimmern und glitzern wie die Waren auf den Fischmärkten von Thisia.
Gorian hatte seinen Vater bisweilen von den Frostkriegern erzählen hören. Manches davon entstammte wiederum den Erzählungen von Großvater Erian, der lange und ausdauernd gegen sie gekämpft hatte.
Der magische Schutz, mit dem Nhorich sein Land umgeben hatte und der vor kurzem erst durch das Erneuern der Kraftzeichen wieder gestärkt worden war, würde gegen diese Untoten nichts nützen, denn ebenso wie bei den Schattenkriegern oder Ar-Don gab es unzweifelhaft eine sehr starke Verbindung zwischen ihnen und diesem Ort.
Und diese Verbindung hieß Gaerth.
Der Orxanier wirkte völlig konsterniert, als er