Название | Schwertmeister der Magie: Drei Fantasy Sagas auf 2500 Seiten |
---|---|
Автор произведения | Alfred Bekker |
Жанр | Историческая фантастика |
Серия | |
Издательство | Историческая фантастика |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783745214710 |
Nhorich versuchte seinem Sohn klarzumachen, dass er schon mehr gelernt habe als so mancher, der kurz davor stand, sich der ersten Prüfung eines Schwertmeisters zu unterziehen, und dass er diese Ausbildung gar nicht mehr bräuchte. Gorian aber wandte ein, dass es doch sicherlich besser sei, alles zu erfahren, was es über die Alte Kraft zu wissen gab, um dann umso mehr Möglichkeiten zu haben, Morygor und das Frostreich bekämpfen zu können. Wenn Morygor selbst schon ahnte, dass man ihn stürzen konnte, dann musste sich doch mithilfe der magisch begabten Ordensmeister der beste und sicherste Weg finden lassen, der zu diesem Ziel führte.
Und warum sollte es eigentlich nur Morygor vorbehalten sein, den Verlauf der Schicksalslinien einschätzen zu können und die entscheidenden Momente zu erkennen, an denen geringe Kraft große Wirkung entfaltete? Wieso sollte der Orden dem Feind nicht auf dessen eigenem Gebiet schlagen können, wenn man die Kräfte all seiner Mitglieder zu diesem Zwecke bündelte?
„Aber genau dies wird nicht geschehen“, wandte Nhorich auf dieses Argument seines Sohnes hin ein. „Denn dazu ist der Orden bereits innerlich zu verderbt, unfähig, die Aufgaben zu erfüllen, für die seine Gründer ihn einst geschaffen haben.“
Der Wunsch, dem Orden als Schüler beizutreten und auch gegen die Ermahnungen seines Vaters dort die Ausbildung zu beginnen, wurde immer stärker in Gorian, je näher die Möglichkeit rückte, diesen Gedanken in die Tat umzusetzen. Mochte Nhorich auch tief greifende Differenzen mit dem Orden und einigen seiner Mitglieder haben – musste sich diese Abneigung deswegen auch auf seinen Sohn übertragen?
Gorian hatte die Antwort für sich selbst schon gefunden. Es ging letztlich darum, Ost-Erdenrund vor einem schrecklichen Unheil zu bewahren oder dieses Unheil zumindest einzudämmen. Und Gorian fand, dass man zu diesem Zweck die alten Gegensätze beiseite schieben müsste, wollte man auch nur den Hauch einer Erfolgsaussicht haben.
Bisweilen wurden die Streitigkeiten zwischen Gorian und seinem Vater so heftig, dass sie daraufhin tagelang nicht miteinander sprachen. Gorian schmerzte es, dass es offenbar nicht möglich war, seinen eigenen Weg zu gehen, von dem er glaubte, dass er der richtige war, ohne seinen Vater zutiefst zu verärgern. Hatte Nhorich nicht damals gesagt, Gorian sollte selbst entscheiden, ob er dem Orden beitreten würde oder nicht, sobald er das entsprechende Alter erreichte? Offenbar schien das nicht mehr uneingeschränkt zu gelten.
Genau in dieser Zeit wisperte wieder Ar-Dons Stimme in seine Gedanken. Zunächst war sie nichts weiter als ein einschmeichelndes Flüstern, aber bald schon wurde sie drängender, fordernder. „Dein Vater hat vor dir Geheimnisse, hält wichtige Wahrheiten vor dir verborgen. Er weiht dich nicht ein und verschweigt dir vieles. Ich aber würde dir so gut und treu dienen, wie ich Morygor diente. Ja, mehr noch, ich würde dir ewig dankbar sein, wenn du mich befreist und neu erstehen lässt. Und ich würde dir helfen, Morygor zu besiegen, denn ein Teil von mir hasst ihn wie sonst nichts auf der Welt!“
Und noch eher sich Gorian selbst die Frage stellen konnte, weshalb Ar-Don seinen Herrn und Meister zu hassen vorgab, obwohl der ihm doch Asyl in seiner Frostfeste geboten hatte, drang eine Flut von Bildern in den Geist des Jungen ein, so heftig, dass ihm für einen Moment schwindelig wurde. Zunächst schien alles Chaos zu sein: Farben, Formen, schließlich Konturen einer vereisten Landschaft, die einem Totenreich glich und in der nichts Lebendiges auszumachen war. Die in Eisrigge gelegene Frostfeste erschien vor Gorians innerem Auge – und Schreie gellten in seinem Kopf, die nichts Menschliches an sich hatten, obwohl es zweifellos ein furchtbar geschundener Mensch war, der sie ausstieß.
„Sieh, was ich getan habe! Sieh, was ich wurde! Und sieh, warum ich hasse!“, wisperte Ar-Don.
„Nein!“, rief Gorian laut aus. „Ich will es nicht sehen!“
Seine Augen wurden pechschwarz, und für einen Moment sah er buchstäblich nichts; nur Schwärze umgab ihn – und die gequälten Schreie einer Seele, die offenbar innerhalb der Eismauern von Morygors Festung gefoltert wurde ...
––––––––
An einem der folgenden Tage gab es einen so harschen Wetterwechsel wie schon lange nicht mehr. Hagelschauer, Schneefall und ein eisiger Wind aus Nordwesten zeigten den Menschen in Thisilien, dass die Hoffnungen, die ihnen der Waldprediger eingeredet hatte, doch verfrüht gewesen waren. Die Frostgötter streckten ihre eisigen Klauen nach den nördlichen Herzogtümern des Heiligen Reichs aus, wie sie dies schon lange nicht mehr getan hatten, und zudem war der Schattenbringer in letzter Zeit ein deutliches Stück weiter vor die Sonne gerückt.
Eine ganze Weile hielt dieses für die Jahreszeit viel zu kalte Wetter an und setzte der gerade erblühten Vegetation zu. Nhorich unternahm einen zusätzlichen, vom Kalender her eigentlich nicht eingeplanten Ritt, um die Zaubersymbole an den Grenzmarkierungen seines Landes nachzuzeichnen, und stellte dabei fest, dass sie so stark verblasst waren, als wären sie schon seit Jahren nicht erneuert worden.
„Gleichgültig, ob Magie oder nur das schlechte Wetter dafür verantwortlich ist, es ist ein Zeichen“, sagte Nhorich zu Gorian, der ihn auf diesem Ritt abermals begleitete. Gorian konnte die Symbole an den Schädelsteinen schon größtenteils selbstständig erneuern, aber Nhorich bestand darauf, jeden Strich eigenhändig zu setzen, so als würde es auf die Sorgfalt bei jedem einzelnen Kraftzeichen diesmal mehr ankommen als bei anderen Gelegenheiten.
„Was ist eigentlich mit deinem Versprechen, das du mir damals gabst und nachdem ich selbst entscheiden kann, ob ich dem Orden beitrete oder nicht?“, fragte Gorian unvermittelt, nachdem sie dieses Thema in den letzten Tagen tunlichst gemieden hatten.
„Es ist schwer, einem solchen Grundsatz treu zu bleiben, wenn man erkennt, dass der eigene Sohn einen Irrweg beschreitet.“
„Keiner von uns kann das beurteilen, Vater. Nicht jetzt. Nicht zu diesem Zeitpunkt.“
„Mag sein. In den Axiomen des Ordens wirst du gelesen haben, dass ein Irrweg manchmal ein notwendiges Stück des richtigen Weges ist, der dann letztlich zum Ziel führt.“
„Meine Frage hast du mir noch nicht beantwortet.“
„Ist es denn noch von Bedeutung, was ich darauf antworte? Wirst du nicht ohnehin tun, was dir als richtig erscheint? Würde meine Antwort dich daran hindern, das zu tun, was du dir vorgenommen hast?“
„Das weiß ich nicht.“
Nhorich atmete tief durch, doch es klang mehr wie ein Seufzen. „Das Wort, das ich dir gegeben habe, gilt nach wie vor“, sagte er schließlich. „Auch wenn es mir schwerfällt und ich mein Versprechen in letzter Zeit vielleicht nicht genügend beachtet habe.“
„Das bedeutet mir viel“, sagte Gorian.
––––––––
Am nächsten Tag trieben Eisschollen in der Bucht von Thisilien, und es waren so viele geflügelte Fische im Wasser, dass kein Fischer an der gesamten Küste zwischen Twixlum und dem Grenzfluss Seg, an dessen östlichem Ufer das Herzogtum Estrigge begann, auszulaufen wagte. So zahlreich waren diese Bestien, dass wohl selbst eine Hundertschaft guter Harpuniere den Kampf mit diesen Geschöpfen verloren hätte. Das Korn auf den Feldern wurde durch den Hagel niedergedrückt, und jedem war klar, dass der nächste Winter sehr hart werden würde.
Da das Wetter