Das - unerwünschte - Jagdverhalten des Hundes. Clarissa v. Reinhardt

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Название Das - unerwünschte - Jagdverhalten des Hundes
Автор произведения Clarissa v. Reinhardt
Жанр Сделай Сам
Серия
Издательство Сделай Сам
Год выпуска 0
isbn 9783936188608



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darauf, dass die bei mir im Training befindlichen Welpen und Junghunde nicht diese Art von Spiel spielen. Dies gilt insbesondere, wenn sie von der Rasse oder Mischung her schon beste Voraussetzungen für ein ausgeprägtes Jagdverhalten mitbringen. Es ist kein Problem, wenn der Hund mit Gegenständen spielt, sie herumträgt, sich selbst in die Luft wirft und wieder fängt und schließlich auf ihnen einschläft. Aber Beutespiele, bei denen der Hund übermäßig auf den Gegenstand fixiert wird, ihm nachjagt und sich dabei stimmungsmäßig aufheizt, sollten Sie stark begrenzen oder am besten ganz weglassen.

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      DAS ARBEITEN MIT DER REIZANGEL IST NUR DANN SINNVOLL, WENN DER HUND (WIE DIESER DEUTSCH-DRAHTHAAR-RÜDE) SPÄTER JAGDLICH GEFÜHRT WERDEN SOLL.

      Auch andere Verhaltensweisen, die erst viel später mit Ernstbezug gezeigt werden, werden bereits in der Welpenzeit – und zwar schon ab der 6. Lebenswoche – spielerisch ausprobiert und perfektioniert.

      Hierzu gehören

       das Belauern/ Anschleichen,

       das Fixieren,

       der „Überfall“,

       das Beißschütteln,

       das Wegtragen und Bewachen der Beute.

      Der junge Hund lernt aber nicht nur durch eigenständiges Ausprobieren, sondern auch durch Nachahmung von Verhaltensweisen, die er bei seiner Mutter oder anderen erwachsenen Tieren sieht. Deshalb sollten Sie besonders in der Welpen- und Junghundezeit sehr genau darauf achten, dass Ihr junger Hund nicht von einem älteren gezeigt bekommt „wo der Hase lang läuft“ – im wahrsten Sinne des Wortes. Selbst wenn Ihr Hund bisher noch nie irgendein Interesse am Wildern gezeigt hat, ja vielleicht sogar gar nicht oder kaum auf Beutetiere reagierte, selbst wenn diese direkt vor seiner Nase hochgingen, dürfen Sie die Gefahr der Stimmungsübertragung nicht unterschätzen. Haben Sie einen Hund in Begleitung, der Spurlaut gebend losprescht, wird der Ihre mit großer Wahrscheinlichkeit mitrennen. Falls dies nicht so ist, haben Sie einfach großes Glück, das Sie hoffentlich zu schätzen wissen. image

      In freier Natur bringt die Hunde- oder Wolfsmutter den Welpen getötete Beutetiere oder größere Stücke von ihnen, an denen sie üben können, wie sie ihre Pfoten und Zähne am geschicktesten einsetzen, um sie zu halten und zu fressen. Später bringt sie auch lebendige Beute, die durchaus noch in der Lage ist, Fluchtversuche zu unternehmen, um den Welpen „Trainingsmaterial“ zu verschaffen. Das mag aus unserer Sicht grausam erscheinen, ist aber für das Überleben in freier Wildbahn enorm wichtig. Ein Hund (oder Wolf), der nicht gelernt hat, Beute zu fangen, zu halten und auch zu töten, wäre nicht überlebensfähig.

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      Vor ein paar Jahren kamen Kunden zu mir, die einen Hund mit besonderer Vorgeschichte übernommen hatten. Er hatte bis zum Alter von sechs Monaten in einem echten Rudel mit seinen Eltern und Geschwistern gelebt und auch mit ihnen gejagt, und zwar erfolgreich! Die ganze Hundefamilie verschwand stunden- oder auch tagelang in den Tiefen des Bayerischen Waldes und kam anschließend blutverschmiert, zufrieden und satt nach Hause zurück. Die Besitzer fanden es einfach aufregend, echtes Rudelverhalten zu beobachten und ließen ihnen deshalb alle Freiheiten. Natürlich blieben die Tiere auf ihren Streifzügen nicht unbemerkt, und es gab ganz erhebliche Probleme mit der Jägerschaft, die mit dem Abschuss der Hunde drohte. Nachdem sich die Besitzer wenig einsichtig zeigten, veranlasste der Amtsveterinär eine Beschlagnahme aller Tiere, die zunächst in einem Tierheim untergebracht und dann vermittelt wurden. So kamen meine Kunden zu einem dieser Hunde. Leider wurde ihnen bei der Vermittlung aber nicht gesagt, mit welch ausgeprägtem Jagdverhalten sie bei ihm zu rechnen hatten. Es war – vorsichtig ausgedrückt – eine Katastrophe. Der Hund war insgesamt sehr nett und freundlich und Menschen auch durchaus zugetan, denn er war ja nicht nur in der Wildnis aufgewachsen, sondern hatte von klein auf Kontakt mit ihnen gehabt. Auch im Ortsbereich war er noch recht gut zu führen und befolgte einfache Kommandos selbst bei hoher Ablenkung problemlos. Allerdings nur, solange es sich bei der Ablenkung nicht um Beute handelte. Kam er schließlich raus in die Natur, war womöglich noch ein Wald in der Nähe, war es vorbei mit Leinenführigkeit und Grundgehorsam. Er war die ganze Zeit auf Spurensuche, das kleinste Knacken im Unterholz versetzte ihn in Alarmbereitschaft, sichtete er ein noch so kleines Tier wie zum Beispiel ein Eichhörnchen, war er nicht mehr ansprechbar. Er jaulte auf, schrie regelrecht, sprang mit seinen 40 kg Körpergewicht in die Leine, stieg auf die Hinterbeine wie ein Pferd und war außer Rand und Band. Inzwischen ist er zehn Jahre alt und wird allmählich ruhiger. Ihn zu führen, ist aber nach wie vor keine leichte Aufgabe.

      Kommen wir zurück zum Lernen durch Nachahmung. Wenn die Welpen etwa vier Wochen alt sind, beginnt das Muttertier, ihnen Verhaltensweisen vorzumachen. Zum Beispiel, indem sie sich mit einem Knochen vor ihnen hinlegt und diesen ausgiebig benagt. Schließlich steht sie auf und entfernt sich, lässt den Knochen aber liegen. Die Welpen, die sie zuvor beobachtet haben, versuchen nun, es ihr gleich zu tun. Durch Versuch und Irrtum (ein weiteres Lernprinzip) finden sie heraus, wie man den Knochen am besten benagt, und perfektionieren die Technik hierzu von Mal zu Mal.

      Ähnlich verhält es sich beim Anpirschen und Belauern der Beute. Wenn aus den Welpen Jungtiere geworden sind, begleiten sie die Alten bei der Jagd. Wieder lernen sie durch vorheriges Zusehen und anschließende Nachahmung, durch Ausprobieren und Perfektionieren – und von Mal zu Mal werden sie besser.

      Auch individuelles Talent spielt eine Rolle. Übrigens nicht nur in freier Wildbahn, sondern auch bei unseren Haushunden. Während der eine Hund sehr gut darin ist, gefundene Spuren ausdauernd zu verfolgen, ist ein anderer vielleicht weniger talentiert. Ein Jäger wird sich über ersteren freuen, ein ganz normaler Hundebesitzer über zweiteren...

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      DIE HANDLUNGSKETTE

      Das Jagdverhalten besteht aus einer ganzen Kette von Verhaltensweisen. Zunächst muss Beute ausfindig gemacht werden, was wenige Minuten oder auch Stunden oder sogar Tage dauern kann. Das ist abhängig von der Größe des Jagdgebietes, der Populationsdichte der potentiellen Beutetiere, der Jahreszeit und Witterung und vielen weiteren Faktoren. Befindet sich schließlich Beute in unmittelbarer Nähe, wird die Orientierungshaltung eingenommen, bis schließlich Blickkontakt zu ihr hergestellt ist. Als Nächstes folgt das Anpirschen und, falls im Rudel ein großes Beutetier erlegt werden soll, das Einkreisen. Auch dieser Vorgang kann unter Umständen sehr lange dauern. Im Winter besteht eine Jagdstrategie von Wölfen darin, ein großes Beutetier wie einen Elch oder Bison ins Wasser zu treiben und stunden- oder tagelang nicht herauszulassen, bis das Tier so unterkühlt und erschöpft ist, dass es sich bei einem Angriff kaum noch wehren kann. Schließlich folgt der Teil der Handlungskette, der mit hohem Energieaufwand verbunden ist: das Hetzen der Beute, bis sie erreicht ist, um dann anzugreifen, sie zu packen und schließlich zu töten. Darauf folgt das Zerlegen und Konsumieren, ist die Beute groß genug, werden auch Stücke weggetragen und zur Vorratshaltung vergraben.

      ÜBERSICHT DER HANDLUNGSKETTE

       AUFFINDEN DER BEUTE

       ORIENTIERUNGSHALTUNG