Название | Eine Alte Dame Ging Hering |
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Автор произведения | Rich Schwab |
Жанр | Документальная литература |
Серия | |
Издательство | Документальная литература |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783862871889 |
»Scheiße.«
»Warste auf der Rennbahn?«
»Rennbahn! Scheiße! Thekla!«
»’n Überfall?« Ronnie ist Taxifahrer. Nachts.
»Überfall? Mich? Scheiße!« Ronnie ist auch Trainer der Mülheim Maniacs – American Football ist schwer im Kommen in Köln.
»Krach mit deiner Ollen?«
»Thekla!!«
»Biste pleite? Sach do’ma’ wat!«
»Pleite? Ich? SCHEISSE!« Aber irgendwann kann er’s ja doch nicht mehr für sich behalten, und es stellt sich raus, dass er vor drei Tagen kurz nach Mitternacht drei Typen aus dem Madame George abgeholt hat, die unbedingt noch irgendwo richtig einen draufmachen wollten.
»Ich fahr’ die zum Copa – gefällt ihnen nich’. Ich fahr’ die zum Olympia – ich soll warten, sie wollen sich dat angucken. Die Uhr läuft ’ne Viertelstunde – ich geh’ rein, die spendieren mir ’nen Kaffee un’ wollen woanders hin. Ich fahr’ die nach Vögelsang, wir gehn zusammen rein, die Uhr läuft, die saufen Johnny-Cola, ich krieg’ Kaffee un’ Rémy – gefällt ihnen nich’. Ich fahr’ die zum Maharadscha – ich soll wieder mit rein. Ich erinnere die, datt die Uhr mittlerweile auf hundertzwanzig Märker steht. Steckt der eine mir zwei Blaue in’n Kragen un’ sagt: Na un’? Lass se doch weiterlaufen!« Zeit, ’ne neue Runde zu bestellen, was diesmal ’noh und ich übernehmen. Wir wissen den Wert einer guten Anekdote wohl zu schätzen.
»Also rein in’s Maharadscha, die Johnny-Cola, ich Kaffee un’ Rémy, der eine von denen geht mit Esther in’n Whirlpool, un’ die andern beiden nölen so rum. Stellt sich raus, die sin’ hohe Tiere bei irgend’nem Ölkonzern, die halbe Zeit zwischen Hamburg un’ Venezuela unterwegs, der andere ’n Kollege aus Caracas. Eigentlich hatten se nur ’n kurzen Termin bei der Erdöl in Wesseling, aber der Ami will ehm noch wat erleben, un’ sie auch. Aber dauernd knaatschen se rum, wat Köln für’n Kaff is’ un’ so. Jaa: Hamburg! Dat wär ma’ ne Stadt! Un’ als der dritte von seiner Nummer zurückkommt, heißt et auf einmal: Wat sommer uns hier lange rumquälen – wir zischen jetz’ ab nach Hamburg!«
»Un’ du fährst se hin!«
»Un’ ich fahr se hin! Scheiße! Thekla!! Klar fahr’ ich die hin! Schon halb besoffen fahr’ ich die nach Scheiß-Hamburg!! Un’ sauf’ un’ koks’ un’ zock’ un’ fick’ mit denen zwei Tage un’ Nächte die Reeperbahn rauf un’ das Vier Jahreszeiten runter. Schampus un’ Rémy un’ Hummer un’ Austern un’ Steaks un’ Captagon un’ Weiber in allen Farben un’ Pokerrunden un’ Würfelrunden un’ Runden übern Dom –«
»Über’n Dom?«
»Ja, den Hamburjer Dom – so nennen die ihre Deutzer Kirmes. Die steht da dat janze Jahr.« Ronnie schmeißt sich zwei Cappies in’s Bier und spült sie runter. Er hat die ganze Tasche voll davon. Wir lehnen dankend ab. »Un’ ein’n Schotter haben die – die hätten die janze Friesenstraße aufkaufen können! Un’ bei jeder Gelegenheit kriegt der tolle Kölner Taxifahrer ’nen Blauen in den Arsch gesteckt! Ich könnt’ mir jlatt ’n eijenes Taxi kaufen von der Scheiß-Erdöl-Asche!«
»Is’ doch super, Ron! Wat schreiste denn dauernd Scheiße?«
»Weil ich irgendwann von der Reeperbahn die Schnauze voll hab’! Der Dödel hängt mir in Fransen zwischen den Knien, un’ mein Kopp is’ kurz vorm Explodieren! Ich sach bye-bye un’ adios un’ tschö mit ö un’ krieg’ noch ’n Bündel Scheine ins Hemd gesteckt un’ brauche knapp drei Stunden von Sankt Pauli bis zur Zentrale. Ich liefer’ die Karre ab un’ steig’ in meine eigene un’ will nur noch nach Hause un’ eine Woche abratzen, abratzen, abratzen …«
»Ja, un’ dann?«
»Un’ dann hält mich hundert Meter vor meiner Haustür die Schmier’ an! Die Schmier’!!* Ich bin quasi schon im Bett!! THEKLA!!!«
»Ah ja – un’ du wills’ natürlich nich’ blasen un’ machs’ Theater un’ die nehmen dich mit un’ der Dokter kommt: Blutprobe. Wieviel?« Er klopft das Ergebnis mit seinem Schädel dreimal kurz auf die Tischplatte.
»Drei-« tock, »komma-« tock, »neun.« Tock. Nicht schlecht. Wir applaudieren und bestellen noch ’n paar Kurze. »Dreikommaneun! Umjerechnet: Zwei Jahre den Lappen weg un’ fünf Jahre keinen Taxischein! Scheißescheißescheiße! Wollt ihr ’nen Taunus kaufen?«
’noh und ich gucken uns an. Suchen wir nich’n Auto?
»Ja, glotzt nich’ so blöd! Wat soll ich mit der Karre? Hat sowieso nur noch ’n halbes Jahr TÜV. Fährt aber astrein! Is’n Kombi!« Ein Kombi! Ein Ford Taunus Kombi! Mit genug TÜV, um an die Côte d’Azur und wieder zurück zu kommen!
»He, Ron, wir ha’m keine Gönner bei Erdöls! Wat soll die Karre denn kosten?«
»Ach, Scheiße,« er wühlt in seinen Taschen und schmeißt Fahrzeugpapiere und ’nen Autoschlüssel auf den Tisch, »tu mir ’nen Heiermann!«*
»’n Heiermann?! Haste se noch alle?«
»Gib den Heiermann un’ nimm den Hobel oder leck mich am Arsch, Büb! Eh’ ich übermorgen wieder nüchtern werd’ un’ mir dat anders überleje!«
Na ja – wir zahlten den Heiermann und seinen Deckel und nahmen den Hobel. Daraufhin musste er zur Feier des Abschlusses noch einen ausgeben. Wurde dann noch ein schöner Nachmittag.
Und ein schöner Mai. Mit all dem Listen-Abhaken, Veedelnohs Bude Zwischenvermieten, all den Abschiedsrunden und Abschiedsküssen. Und dann war’s auf einmal Zeit, den Kombi aufzutanken, Schlafsäcke und Gitarren hinten rein, ein paar Kassetten und ’ne Frankreichkarte ins Handschuhfach, und an einem strahlend wolkenlosen Junimorgen dröhnten wir noch dreimal um den Bonner Verteiler, machten eine letzte Flasche Kölsch auf und legten, platt, aber effektiv, Canned Heat ein. On the road again* …
7
Anton II
»Vielleicht ein wenig platt, aber sehr effektiv. Er macht es, Anton. Ich wusste doch, dass ich mich auf meine Prinzessin verlassen kann. Mein Araberhengst und deine Idee mit dem Grundstück im Bergischen haben natürlich auch geholfen.« Eimermachers Stimme klang, als seien alle Probleme schon gelöst. Merck wischte sich eine Schweißperle vom Nasenflügel. »Jetzt bist du dran, Anton.« Ja, jetzt war er dran, daran gab es nichts zu rütteln.
»Ja, isch muss dat noch orjanisieren, Isaak, so schnell schießen die Preußen nit.« Eimermacher wieherte sein Lachen.
»Du kommst aus Worringen, Anton, du bist so preußisch wie unser Rabbi. Und dass geschossen wird, ist doch wohl in unserem Fall auch nicht nötig – hoffe ich.«
»Nänä«, beschwichtigte Merck, »is’ doch nur so ’ne Redensart. Isch will damit nur sagen, dat jeht alles nit so Hals über Kopf, dat muss vernünftisch vorbereitet sein.«
»Sollst du, Anton, sollst du. Ich kann ja auf mein Päckchen noch ein Weilchen warten, aber wenn ich das richtig verstehe, musst du doch deinen Einkauf in diesem Sommer noch unter Dach und Fach gebracht haben?«
»Isch bin am Ball, Isaak, isch bin am Ball.«
»Schön. Brauchst du Geld? Vorher schon?«
»Ach wat, Jeld! Nein, et jeht nur noch drum, dat jeschickt einzufädeln. So jeschickt, datt kein Schwanz uns jemals damit in – eh – Verbindung – eh …« Wieder das Wiehern.