Handbuch Anti-Aging und Prävention. Rüdiger Schmitt-Homm

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Название Handbuch Anti-Aging und Prävention
Автор произведения Rüdiger Schmitt-Homm
Жанр Сделай Сам
Серия
Издательство Сделай Сам
Год выпуска 0
isbn 9783954842841



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früh einsetzenden chronischen und degenerativen Krankheiten. (Die beschleunigte Alterung kann den gesamten Organismus betreffen oder nur einzelne Bereiche.) Umgekehrt lassen sich durch Vermeidung von Risikoverhalten beschleunigte Alternsprozesse und Krankheiten vermeiden. Wir altern dann zumindest nur „normal schnell“.

      Es geht um mehr als nur um die Erfüllung eines Jugendtraums

      Wollen wir Gesundheit und Leistungsfähigkeit bis ins höhere Lebensalter erhalten, reicht aber das Vermeiden von Risikoverhalten allein nicht aus. Was der Erhaltung unserer Gesundheit substanziell im Weg steht, sind schädliche Alternsprozesse. Und genau die gilt es zu ins Visier zu nehmen.

      Interessanterweise kam bereits der griechische Philosoph und Naturforscher Aristoteles zu diesem Ergebnis. Er war davon überzeugt, die klassischen Krankheiten im Erwachsenenalter seien direkt mit dem Altern verbunden. Im Fall frühen Auftretens typischer Alterskrankheiten sah er dementsprechend Anzeichen vorgezogener Alterung. Für ihn waren nicht Einzelkrankheiten, sondern die Alterung der Hauptfeind der Gesundheit. Inzwischen können wir mit Sicherheit sagen: Aristoteles hatte in der Tat recht!

      „Krankheit ist vorzeitiges Altern, Alter aber natürliche Krankheit.”

      ARISTOTELES [griechischer Philosoph und Naturforscher, 384–322 v. Chr.]

      Leonid Gavrilov und Natalia Gavrilova von der Universität Chicago, zwei der renommiertesten Biogenetiker und Gerontologen, haben die weltweit umfassendsten und genauesten Modelle zur menschlichen Mortalität entwickelt. Ihre Forschungen bestätigen die Aussagen von Aristoteles in vollem Umfang. Mehr noch: Altern ist nur ein anderes Wort oder ein Sammelbegriff für Fehlfunktionen, Störungsprozesse und andere Erscheinungen, die dann je nach Ausprägung gemeinhin als Alterskrankheit bezeichnet werden. Ein biologischer Organismus kann erkranken, ohne gealtert zu sein (zum Beispiel bei Infektionen), aber er kann niemals altern und dabei gesund bleiben. Alterskrankheiten sind der sichtbare Ausdruck der eingetretenen Alterung.

      „Gesundes Altern ist ein Oxymoron wie gesundes Sterben oder gesundes Kranksein.“

      L. GAVRILOV und N. GAVRILOVA [Center of Aging an der Universität von Chicago]

      Bitte merken: „Well-Aging”, „Good-Aging“ oder ähnliche Begriffe sollen meist implizieren, dass nicht dem Altern selbst, sondern nur Krankheiten vorgebeugt werden soll, und sind deshalb ein Widerspruch in sich!

      Was Aristoteles fehlte, waren wirksame Interventionen gegen das Altern. Wir sind die erste Generation, die über Mittel und Möglichkeiten verfügt, Alterungsprozesse zu modulieren. Manche der dazu notwendigen Maßnahmen sind teuer, andere nicht überall verfügbar. Vieles aber kann inzwischen jeder von uns direkt für sein persönliches Präventionsprogramm nutzen. Welches die wirksamsten Strategien sind, welche Chancen und Risiken es dabei gibt und vor allem, wie man sie konkret anwendet – das werden wir noch ausführlich besprechen.

      Natürlich geht es in diesem Buch auch um die klassischen Ideale von Jugendlichkeit wie Aussehen der Haut oder Bewahren einer schönen Figur – also das, was viele immer noch in erster Linie unter Anti-Aging verstehen. Doch damit sind die heutigen Möglichkeiten einer Beeinflussung der Alterung längst nicht erschöpft. Gezielte Alternsprävention ist der eigentliche Schlüssel für Gesundheit, Leistungsfähigkeit und ein selbstbestimmtes Leben bis ins hohe Alter. Der Weg dahin ist eine lebenslange Aufgabe und die Chancen sind um so größer, je früher man beginnt.

      Seit einigen Jahrzehnten ist man den Faktoren, die hinter der menschlichen Alterung stecken, auf der Spur. Und die Suche war bisher alles andere als erfolglos, im Gegenteil: Sie war eher zu erfolgreich für alle, die auf eine einfache Lösung gehofft hatten. Denn: Bis heute wurden mehr als dreihundert Einzelmechanismen beschrieben, die etwas mit unserem Altern zu tun haben. Allzu oft wurde die Aufdeckung eines neuen Mechanismus vorschnell als „die Ursache“ des Alterns bezeichnet – ein Fehler! Denn es ließ sich bisher in jedem Fall zeigen, dass eine einzelne Theorie zur Erklärung aller im menschlichen Körper ablaufenden Alterungsprozesse nicht ausreicht.

      Der Streit unter den Anhängern verschiedener Theorien wurde nicht immer seriös ausgetragen und dies hat das Vertrauen in die Alternsforschung nicht gerade gefördert. Je komplexer die Alterung sich darstellte, desto lauter wurde der Ruf nach einer alles erklärenden Theorie, nach der Ursache des Alterns.

      Wenig sinnvoll: Warten auf die eine Pille

      Wäre unsere Alterung auf eine einzige übergeordnete Ursache zu reduzieren, könnte man auch darauf hoffen, mit nur einer Pille das Altern zu verhindern. Ein verlockender Gedanke nicht nur für die, die vom Zurückgewinnen ihrer Jugend träumen. Auch die Gegner jeglicher Art von Alternsintervention verweisen auf das theoretische Ziel, vielleicht einmal eine einzige Ursache zu finden. Nach ihrer Ansicht sollte das Altern beim Menschen überhaupt erst dann beeinflusst werden, wenn alle Fragen zur Alterung beantwortet sind.

      „Die meisten Dinosaurier waren Vegetarier, sie haben niemals geraucht oder Alkohol getrunken – und wo sind sie jetzt?“

      Warten, bis alle Fragen geklärt und alle möglichen Risiken ausgeschlossen sind? In jedem Fall wäre man auf der sicheren Seite. Doch die Vertreter dieser Abwartestrategie werden weniger. Aus gutem Grund. (Siehe „Nicht aufschieben, sondern handeln!“)

      „Wenn das Schicksal ruft: Feuer!, so achten das die wenigsten; erst wenn sie hören: Rien ne va plus!, bekommen sie Lust, aber zu spät.”

      LUDWIG BÖRNE [deutscher Publizist und Journalist, 1786–1837]

      Der Alternsphysiologe Byung Pal Yu von der Universität Texas in San Antonio unterstützt die Praktiker. Er macht keinen Hehl daraus, was er davon hält, auf irgendwelche speziellen Entdeckungen zu warten: „In einer radikalen Abkehr von der bisherigen Vorstellung vom sogenannten eigentlichen Alterungsprozess stimmen heute die meisten Gerontologen darin überein, dass Altern nicht von einem einzelnen Faktor verursacht wird, der den gesamten Ablauf steuert, sondern dass Altern durch das Zusammenspiel verschiedener intrinsischer und extrinsischer Kräfte bestimmt wird.“

      Die Ursachen für die Alterung beim Menschen sind extrem vielschichtig. Mit einer einzigen Pille gegen das Altern wird es also nichts werden.

      Wer die Schrittmacher stoppt, der bremst das Altern

      Zum Glück müssen wir nicht allen rund dreihundert Einzelmechanismen der Alterung Rechnung tragen. Alterung ist, wie gesagt, sehr komplex. Genau diese Tatsache, die Grundlagenforscher schon einmal die Haare raufen lässt, ist für uns eher von Vorteil. Denn die Komplexität ergibt sich daraus, dass viele Einzelfaktoren in Wechselwirkung zueinander stehen, einander verstärken oder von gemeinsamen übergeordneten Prozessen mitgesteuert werden. Eine Beeinflussung, die an wenigen zentralen Punkten ansetzt, kann deshalb weitreichende positive Effekte haben.

      Roy Walford, einer der bekanntesten Alternsforscher des 20. Jahrhunderts, hielt schon früh nichts von der bisherigen Strategie der Gegenüberstellung und Aufrechnung der verschiedenen Alternstheorien. Dieser reduktionistische Blickwinkel ziele am Wesen der Alterung vorbei. Seine Kritik brachte ihm zunächst einiges Missfallen von Kollegen ein; wie man sich denken kann, vor allem von denen, die hofften, dass sich ihre eigene Theorie durchsetzen würde.

      Nun, durchgesetzt hat sich heute eher die Ansicht von Walford, der nicht von „der Ursache“ des Alterns, sondern von verschiedenen „Schrittmachern“ sprach. Auch mit seinem persönlichen Eintreten für eine stärkere Anwendung der bereits zur Verfügung stehenden Mitteln stieß er lange auf den Widerstand konservativer Mediziner. Die Zahl der Gerontologen, die wie Walford wesentlich mehr konkrete Umsetzung forderten, nahm in den 90er-Jahren weltweit dennoch schnell zu.

      Nicht aufschieben, sondern handeln!