Название | Handbuch Anti-Aging und Prävention |
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Автор произведения | Rüdiger Schmitt-Homm |
Жанр | Сделай Сам |
Серия | |
Издательство | Сделай Сам |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783954842841 |
Obwohl sich also die durchschnittliche Lebenserwartung für einen gerade geborenen Menschen allein in den vergangenen 100 Jahren verdoppelt hat, ist die maximale Lebensspanne (und damit die Geschwindigkeit der Alterung) seit wenigstens 2000 Jahren oder 140 Generationen unverändert geblieben. Die Aussage, der Mensch werde heute älter als früher, ist daher falsch. Richtig wäre: Heute erreichen mehr Menschen als früher ein hohes Alter!
Der älteste Mensch der Welt
Kaum etwas verleitet so zum Schummeln wie Altersrekorde. In der Gerontologie hat man deshalb früh gelernt, sich bei Altersangaben wirklich nur auf eindeutige Beweise zu stützen. Mangels verbriefter Daten gibt es nur wenige absolut sichere Beweise für das Erreichen des menschlichen Höchstalters. Aber es gibt sie. Am 21. Februar 1875 wurde im südfranzösischen Arles ein Mädchen mit Namen Jeanne Calment geboren. Am Ende des Zweiten Weltkriegs war sie mit 70 Jahren längst im Rentenalter. Madame Calment lebte noch weitere 50 Jahre in Südfrankreich, bis sie am 4. August 1997 starb. Bis wenige Jahre vor ihrem Tod hatte sie ein selbstständiges Leben geführt. Jeanne Calment erreichte damit das mutmaßliche Höchstalter für Menschen: Sie wurde 122 Jahre alt. Es gibt zurzeit weltweit nur eine Handvoll Menschen, die nahe daran sind, es Jeanne Calment gleich zu tun.
In der Natur kommt der Tod zu den Jungen
Kehren wir noch einmal zur durchschnittlichen Lebensspanne und zu unseren Vorfahren zurück, diesmal aus der Sicht der natürlichen Normalität, was das Leben und Sterben betrifft. Seitdem die „moderne“ Form des Menschen, der Homo sapiens, auf der Erde lebt, beträgt die durchschnittliche Lebenserwartung fast bis in die Gegenwart nur 20 bis 30 Jahre. Und auch wenn man die hohe Säuglings- und Kindersterblichkeit herausrechnet, bleibt doch die beachtenswerte Tatsache bestehen, dass als natürliche Normalität über 100 000 Jahre lang zumindest die Mehrzahl der Menschen nur ein mittleres Alter erreichte – gemessen an der damals wie heute gültigen Höchstgrenze von etwa 120 Jahren. Direkten Alterserscheinungen oder Alterskrankheiten fielen über Jahrtausende hin nur wenige zum Opfer. Die meisten Menschen starben im wahrsten Sinn des Wortes jung, denn der Alterungsprozess lief, wie gesagt, praktisch genauso ab wie heute.
Verlängerung am falschen Ende
In den Industrienationen beträgt die durchschnittliche Lebenserwartung zurzeit etwa 80 Jahre. Unsere durchschnittliche Lebensspanne hat sich somit deutlich verlängert. Allerdings ist es nicht die „starke“ Lebensphase, die sich verlängert hat, sondern im Wesentlichen der „schwache“ Abschnitt unseres Lebens, das Alter.
Heute sterben nur noch relativ wenige Menschen aufgrund äußerer Einflüsse, sondern tatsächlich an den meist sehr unangenehmen Folgen des Alterungsprozesses – ein Zustand, der in der Natur eigentlich nicht oder zumindest nur als Ausnahme vorgesehen ist.
Unsere Zivilisation und unser Gesundheitswesen helfen uns heute, im Alter länger zu leben. Anders ausgedrückt: Wir haben die Chance, länger alt zu bleiben. Solange aber die Geschwindigkeit unserer Alterungsprozesse selbst nicht verändert wird, ist diese Aussicht ein mehr als zweifelhaftes Glück – von den dramatischen finanziellen Auswirkungen auf das Gesundheitswesen ganz zu schweigen (siehe Teil III).
Für den Einzelnen wünschenswerter und für die Gesellschaft wichtiger ist im Hinblick auf die Beeinflussung der Lebensspanne ein völlig neuer Ansatz: Länger jung und leistungsfähig bleiben! Und genau diesem Ziel gehen wir in diesem Buch nach.
„Man sollte manchmal einen kühnen Gedanken aussprechen, damit er Frucht brächte.”
JOHANN WOLFGANG VON GOETHE [deutscher Dichter und Naturwissenschaftler, 1749–1832]
Alt werden, aber nicht alt sein – die Vergrößerung der funktionellen Lebensspanne
Weder die Verlängerung der durchschnittlichen noch die der maximalen Lebensspanne ist uneingeschränkt erstrebenswert. Es lässt sich unschwer voraussagen, dass nur wenige Menschen Interesse daran haben, länger zu leben, wenn die gewonnenen Jahre keine lebenswerten Jahre, sondern nur eine Verlängerung des Altseins sind. (Das gilt auch dann, wenn sich in Umfragen ein deutlicher Unterschied ergibt, je nachdem, ob man jüngere oder ältere Leute zu diesem Thema befragt. Im Alter nimmt die Akzeptanz der Lebensverlängerung zu, selbst wenn diese mit erheblichen gesundheitlichen Abstrichen verbunden ist.) In der Gerontologie wurde deshalb der Begriff der „funktionellen Lebensspanne“ geprägt. Damit wird der Bereich des gesunden, aktiven und produktiven Lebens umschrieben.
Die Frage ist nur: Wie lässt sich dieses Ziel erreichen? Noch immer setzen viele Menschen ihre Hoffnungen auf eine stetige Weiterentwicklung der medizinischen Krankheitsbehandlung. Die Medizin ist jedoch, wie gesagt, in erster Linie darauf ausgerichtet, Krankheit, Degeneration und Alterung zu kompensieren, weniger darauf, ihnen wirklich vorzubeugen.
In der steigenden Lebenserwartung sehen deshalb zunehmend mehr Experten alles andere als eine positive Entwicklung. Aktuelle Prognosen zur Entstehung von Alterskrankheiten wie Alzheimer oder Zahlen zur Pflegebedürftigkeit scheinen entsprechende Befürchtungen zu rechtfertigen.
Wir scheinen umdenken zu müssen
Gerontologen kommen angesichts jüngerer Erkenntnisse in der Alternsforschung zu neuen Denkansätzen. Einer der renommiertesten Alternsforscher, Denham Harman, hält eine wirksame Verlängerung der aktiven Jahre nur für möglich, wenn das therapeutische Augenmerk nicht nur (Alters-) Krankheiten, sondern eben tatsächlich dem Alterungsprozess selbst gilt. Auch Richard Cuttler vom Gerontology Research Center in Baltimore wird nicht müde zu betonen, dass nur durch eine Beeinflussung der Alterung selbst in Zukunft degenerative Alterserscheinungen und Alterskrankheiten, von Krebs bis zur Demenz, in ihrer Gesamtheit möglichst weit in Richtung des maximalen Höchstalters hinausgeschoben werden können.
Entsprechend beschäftigen wir uns weniger mit der Frage, wie man das Alter verlängern kann. Viel wichtiger und interessanter ist nämlich, wie wir länger Kraft und Jugendlichkeit erhalten können. Und wie es vielleicht sogar gelingt, die Altersuhr in manchen Bereichen ein Stück zurückzudrehen.
„Langlebigkeit ist nur erstrebenswert, wenn sie das Jungsein verlängert, nicht aber das Altsein hinauszieht.”
ALEXIS CARREL [französischer Nobelpreisträger für Medizin, 1873–1944]
Ist Altern eine Krankheit?
Was meinen Sie dazu? Spontan würden die meisten Menschen die Frage eher verneinen. Andererseits häufen sich Krankheiten im Alter ganz erheblich. Zumindest scheint also eine enge Verbindung zu bestehen.
Über die Frage, wie Alter und Krankheit zusammenhängen, sind ganze Bücher und unzählige Artikel in Fachzeitschriften geschrieben worden. Das Meiste davon muss uns hier nicht interessieren. Im wesentlichen Teil dieses Buches geht es ja nicht um graue Theorie, sondern um konkrete, praktische Möglichkeiten, wie wir unser Altern verlangsamen und länger leistungsfähig bleiben können. Doch gerade deshalb lohnt es sich, zumindest einen kleinen Moment bei diesem Thema zu bleiben. Sie werden sehen, so theoretisch, wie die Frage klingt, ist sie gar nicht.
Alterskrankheiten – eine Folge schlechter Gewohnheiten?
Jeder, den Sie auf der Straße nach Alterskrankheiten fragen, würde Ihnen sofort wenigstens einige nennen können, etwa Parkinson, Diabetes, Atherosklerose, Alzheimer oder Krebs. Früher wie heute werden bestimmte Krankheiten geradezu zwangsläufig mit dem Altern verbunden.
In der Medizin ist dagegen immer noch eine andere Einschätzung verbreitet. Nach Medizinersicht treten Alterskrankheiten nur beim krankhaften und damit „unnormalen“ Altern auf. „Normal“ altert, wer von Krankheiten frei bleibt und ein durchschnittliches