Название | k-punk |
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Автор произведения | Mark Fisher |
Жанр | Документальная литература |
Серия | |
Издательство | Документальная литература |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783862872374 |
Nach dem merkwürdigen Nicht-Zusammentreffen mit D-Generation war das erste Mal, dass mir der Name »Mark Fisher« begegnete, eine Autorenzeile in einem der wunderbar gestalteten Blätter, die das geheimnisvolle Wesen namens Ccru herausgab. Ich erinnere mich nicht mehr, ob sie mir ihre Traktate schickten oder ob ich durch unseren gemeinsamen Freund Kodwo Eshun auf sie stieß. Von Beginn an stachen Marks Texte heraus. Ein Großteil der Texte der Cybernetic Culture Research Unity, einer paraakademischen Organisation, die lose an das philosophische Institut der Warwick University angebunden war, trat absichtlich hermetisch auf, eher wie experimentelle Literatur als akademische Prosa. Auch in Marks Beiträgen winden sich die Worte im Grunde über die Seite, aber der Stil war niemals wissenschaftlich, sondern äußerst luzide. Er mochte natürlich – wie wir alle damals – gnomische Neologismen und Portmanteau-Worte; zwischen all der apokalyptischen Nüchternheit und Dringlichkeit gab es ein ausgreifendes Spiel mit der Sprache. Aber – und das kennzeichnet seine gesamte Karriere als Autor – Mark machte seine Texte nie dichter oder schwerer als notwendig. Mit Leidenschaft verteidigte er den echten Kommunikator, den, der glaubt, dass die Ideen und Themen, um die es geht, einfach zu wichtig sind, um sie zu verdunkeln. Warum Hindernisse für das Verstehen errichten? Ich bin fest davon überzeugt, dass Mark Fisher, trotz seiner zuweilen arkanen und abwegigen Interessen, genau deswegen eine Leserschaft hatte, die weit über die engen Kreise der Forscher und Akademiker hinausging. Er sprach niemals von oben herab, sondern lud den Leser immer ein, riss ihn mit sich.
Getroffen habe ich Mark das erste Mal 1998, als ich die akademische Zeitschrift Lingua Franca überzeugte, mich einen langen Text über Ccru und seine Verbündeten in der abtrünnigen Universität, wie O[rphan] D[rift>], schreiben zu lassen. Im Vergleich zu der verstörenden Eigentümlichkeit ihrer Texte waren Ccru in Person überraschend mild und, na ja, britisch. Aber auch hier stach Mark im Vergleich zu seinen Genossen ein wenig heraus und zwar aufgrund seiner schieren Intensität. Ich erinnere mich daran, wie seine Hände zitterten, während er leidenschaftlich über alles von der Cyberpunk-Ästhetik des Jungle über die Hinfälligkeit des Sozialismus referierte. Obwohl er leise und ruhig sprach, spürte man bereits eine besonderes Vorliebe für das öffentliche Wort, die Aura eines im Entstehen begriffenen Redners.
Danach waren Mark und ich Autoren für die post-Rave Musiktheoriewebsite Hyperdub, die das frühere Ccru-Mitglied Steve Goodman, aka Kode9, gegründet hatte. Freunde wurden wir erst, als sich Mark 2003 mit k-punk in die Blogosphäre warf, ein paar Monate nachdem ich Blissblog begonnen hatte. Mit unglaublicher Geschwindigkeit rekonstituierte sich online so etwas wie ein Äquivalent zu der alten Musikkritikszene. Zumindest dachte ich das: Das ist der Musikjournalismus im Exil, eine Wiedererweckung all seiner besten, früheren Momente, die man in den noch existierenden Zeitschriften vermisste (also die Überbleibsel von NME und Monatsmagazine wie Q). Alles natürlich, außer bezahlt zu werden. Aber tatsächlich erwachte in der Bloggerszene der frühen 2000ern die allumfassende Perspektive des Musikjournalismus der goldenen Jahre – als Musik einen herausgehobenen Status genoss, aber Film, Fernsehen und Politik mit hineinspielten – auf wundersame und unerwartete Weise zu neuem Leben.
»Es ging nicht nur um Musik und auch in Musik geht es nicht nur um Musik«, so formulierte es Mark, wenn er darüber schrieb, was NME für ihn bedeutete, als er als Arbeiterklassenjunge mit einem beschränkten Zugang zur Hochkultur aufwuchs. »Es war ein Medium, das einen fordert.« Dasselbe galt für die Blogosphäre, dessen Bevölkerung aus Autodidakten, unabhängigen Forschern, desillusionierten Akademikern (wie Mark) und vereinzelten Sonderlingen Theorien entwarfen und die Texte berühmter Denker nach Begriffen und analytischen Werkzeugen plünderten, um sie zu missbrauchen. Als Entschädigung dafür, dass man nicht von seinen Onlinetiraden und Schwärmereien leben konnte, bot die Blogosphäre außergewöhnliche Kräfte: unglaubliche schnelle Reaktionen, flexible Formate (man konnte lange und dichte Texte posten oder kurze Denkgranaten) und die Möglichkeit, den Text durch Bilder, Songs und Videos zu illustrieren. Das Wichtigste war jedoch, dass es eine interaktive und kollektive Veranstaltung war, von der es in der Musikpresse nur eine Ahnung gab (durch Leserbriefe, Autoren, die jede Woche untereinander stritten und die regelmäßige Aufnahme von Querulanten aus den hitzigen Fanzines). Die Blogosphäre war ein echtes Netzwerk.
Mit seiner sprudelnden Leidenschaft wurde k-punk bald zu einer entscheidenden Schnittstelle. Mark war ein Dynamo, niemals um eine Provokation verlegen, voll von Ideen, mit denen man sich auseinandersetzen musste. Er wurde zur Kultfigur. Ein Katalysator. Außerdem war er der perfekte Gastgeber, der eine salon-ähnliche Energie in den Kommentarspalten von k-punk versprühte, wo er Debatten initiierte und Streit schlichtete, wenn es mal bissig wurde (was unvermeidlich geschah). In diesem freundschaftlich-aufsätzigen Geist wurde dann das Internetforum Dissensus von Mark und Matthew Ingram gegründet (dessen Blog Woebot eine unserer anderen Schnittstellen war). In gewissem Sinne war Mark in diesen Diskussionen am meisten in seinem Element: Er stritt, manchmal stimmte er zu, immer nahm er die Argumente seiner Gesprächspartner auf, um die Diskussion voranzubringen. Ein paar seiner treffendsten Einsichten und Formulierungen entstanden aus diesem Für-und-Wider: Juwelen, die man schwer aus dem diskursiven Dickicht, in dem sie geboren wurden, lösen kann, zahllose kurze Dialoge und Interaktionen, in denen sein Denken am spielerischsten und lebendigsten zur Geltung kam.
Während dieser ganzen Zeit in den frühen 2000ern befand ich mich in einer angenehm verwirrenden Situation: Jemand, den ich beeinflusst hatte, wurde zu jemandem, der mich beeinflusste. Es lag eine gewisse nervöse Spannung darin, jeden Morgen den Computer anzuschalten, um zu sehen, welchen Fehde-Handschuh Mark in die Diskussion geworfen hatte – man hatte auf jeden Fall das Gefühl, mithalten zu müssen. Wir traten oft, obwohl weit voneinander entfernt, als eine Art Duo auf (zwischen uns lagen fünf Stunden, Mark war in London und ich in New York). Einer von uns kommentierte, was der andere geschrieben hatte. Es war ein sich gegenseitig ergänzendes und ausnehmend höfliches Verhältnis, wie ein Ball, den man hin und her spielt, obwohl wir ziemlich regelmäßig nicht einer Meinung waren. Andere beteiligten sich; es ging in alle Richtungen und jeder konnte mitmachen.
Trotz aller Kooperation herrschte in der Blogosphäre, und besonders in dem Dialog zwischen Mark und mir, eine gewisse Konkurrenz. (Was ohne Zweifel bei vielen Autoren in ganz verschiedenen Bereichen der Fall ist). Für mich war es eine ungewöhnliche Erfahrung, überflügelt und übertroffen zu werden und mich deswegen immer wieder steigern zu müssen. In einigen unserer Diskussionen hatte Mark den Vorteil, die Dinge drastischer, mehr Schwarz-Weiß zu sehen, während ich die Grautöne betonte oder anerkannte, dass die Gegenposition nicht vollkommen falsch war. Im wahren Leben mag das eine Tugend sein, aber im Schreiben mildert es deine Attacke.
Mark hatte größere Ressourcen der »Nichtung« – sein Begriff für den gnadenlos Zug des Kritikers oder des Künstlers, andere Herangehensweise abzulehnen und sie auf den Müllhaufen der Geschichte zu werfen. (Diese Abschätzigkeit war ein Merkmal seiner Autorenpersona, aber ich sollte hinzufügen, dass er als Mensch großzügig und offen war.) Der Improvisationsmusiker John Butcher hat diese Haltung aus der Perspektive des Künstlers in einem Interview mit Wire 2008 so beschrieben:
»Diese Musik befindet sich in Gegnerschaft zu anderer Musik. Sie koexistiert nicht friedlich mit allen anderen. Die Tatsache, dass ich mich dafür entschieden habe, impliziert, dass ich nicht wertschätze, was du da machst. Meine Praxis stellt deine Praxis infrage. Das ist es, was unser musikalisches Denken und unsere Entscheidungen antreibt.«
Für Fisher und Butcher war die »Gegnerschaft« das Wahrzeichen der Ernsthaftigkeit, ein Zeichen, dass etwas auf dem Spiel steht und Differenzen es wert sind, ausgetragen zu werden. Es ist vor allem diese negative Fähigkeit – die Willensstärke, zu diskreditieren und zu verwerfen –, die Musik und Kultur dazu bringt, sich vorwärts zu bewegen, anstatt in halbseidener Toleranz und Anything-Goes-Attitüde zu verharren. Wenn Musik eine Form der »aktiven Kritik« ist, dann ist Musikkritik eine Art klangloser Beitrag zur Musik.
Um meine Gedanken zu ordnen und meinen Kopf freizukriegen, bevor ich diesen Text schreibe, bin ich spazieren gegangen. Es lag etwas Englisches in diesem