Название | Got Me? Hardcore-Punk als Lebensentwurf |
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Автор произведения | Dolf Hermannstädter |
Жанр | Документальная литература |
Серия | |
Издательство | Документальная литература |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783862870271 |
Wo wir gleich beim nächsten Stichwort wären, Realität. Das ist alles was zählt. Subjektive Einschätzungen sind gut und lustig, aber sobald die störend werden, hab ich keinen Bock mehr drauf. Hab echt bessere Dinge zu tun als mich mit Kinderkacke auseinanderzusetzen, (ich weiß, das hat jetzt wieder jeder verstanden).
Apropos Kinderkacke, da kommt mir diese ganze Bootleg-Geschichte in den Sinn. Voll zum Kotzen, wie die kleinen Kinder, die ihre Klebebilder sammeln und dann tauschen und sich freuen, wenn sie ihr Album zuerst voll haben. Ganz abgesehen davon ist es materialistisch, unfair und egoistisch, ganz das was wir brauchen. Außerdem stört es die Underground-Infrastruktur (denk mal nach warum …). Deshalb mein Wunsch zu diesem Thema, dass irgendeiner auf die schlaue Idee kommt, all die Bootlegs, so wie sie existieren, nachpresst und zwar so viele wie vom ›Markt‹ gebraucht werden. Damit sich die ganzen gierigen Wixer, die Scheiben bunkern, und die Bootlegger, die Kohle machen wollten, in den Arsch beißen. Also hopp, mach mal jemand.
Im übrigen bin ich die nächsten Monate wieder zu Hause. Das heißt, dass in Zukunft wieder alles (hoffentlich) so läuft, wie es laufen soll. Bitte hier auch gleich Unregelmäßigkeiten während meiner Abwesenheit zu verzeihen. Davon abgesehen sind wir keine Zeitschrift, die irgendjemanden ernähren muß. Deshalb machen wir eh was wir wollen.
Ok, das soll genügen. ‘89 war nicht schlecht, ‘90 soll noch besser werden. (Ich könnte natürlich auch schreiben, dass ‘89 schlecht war und ‘90 noch schlechter wird – kommt eben immer drauf an, was man meint, gelle.) Dann stellt sich aber die neue Frage, was macht man wenn es ganz gut (oder ganz schlecht) ist. Fragen über Fragen, ich glaub ich will jetzt als nächstes Astronaut werden.
Trust #22 – März 1990
Napoleon wurde wegen seiner großen Kriege als Held gefeiert und man sprach von Ruhmestaten. Hitler wurde wegen seiner großen Kriege als Verrückter bezeichnet und man sprach von Greueltaten. Obwohl beide in etwa dasselbe taten, nämlich Kriege führten und Menschen in den Tod schickten oder umbringen ließen. Nun, wir sollten froh sein, dass Hitler nicht gefeiert wurde und keiner von seinen ›Ruhmestaten‹ schwärmt – das wäre unglaublich. Dass es aber nicht so ist, zeigt ganz einfach, dass die Menscheit doch fähig ist zu lernen und sich weiterzuentwickeln, zwar sehr langsam, aber immerhin. Das ›Problem‹ ist einfach, wie bestimmte Taten oder Begebenheiten von der Gesellschaft oder vielleicht besser von der Masse definiert werden. War es ›gestern‹ für die Masse noch völlig normal ›Hexen‹ zu verbrennen oder Sklaven zu halten, wird es ›morgen‹ vielleicht genauso normal sein, Metzger für pervers zu halten oder es als krimineller Akt gelten, wenn mensch in der Rüstung/Chemieindustrie arbeitet. Heute ist der Masse klar, dass die Inquisitoren damals pervers waren und unrecht hatten. Wird es in einigen Jahrhunderten genauso mit den Metzgern sein? (Für diejenigen, die schon wieder zuviel mitdenken, der Vergleich ist nicht vergleichend in dem Sinne, einfach zwei zufällig gewählte Beispiele, und ist auch nicht so zu verstehen im Kontext Inquisitor-Frau/Metzger-Tier ja, OK danke). Werden heute noch normale und angesehene Berufe oder Tätigkeiten in einigen hundert Jahren als ›Wie konnte so etwas passieren‹-Geschichten abgehandelt. Wenn Atom-, Gen-, Raumforscher, ja vielleicht sogar Wissenschaftler allgemein die Buhmänner sind? Oder von mir aus Raucher oder Sportler als selbstzerstörende, kranke Produkte der damaligen Zeit belächelt werden. Wird Einbrecher dann vielleicht ein anerkannter Spezialistenberuf sein? Weiß keiner, logisch. War dir eh alles klar – gut! Vielleicht war es einigen aber noch nicht klar und sie können jetzt gewisse Dinge aus einem anderen Blickwinkel betrachten. Jeder sollte für sich selbst definieren und nicht die Definition der Masse (egal wie groß oder klein) übernehmen, insofern das bei der heutigen Manipulation überhaupt noch möglich ist.
Entwicklungen gibt es aber in jedem Fall. Hörte ich von demselben älteren Mann vor ein bis zwei Jahren noch Sachen wie »Die Chaoten sollten alle mal arbeiten gehen, Randalierer, Pack usw.« kamen aus demselben Mund doch tatsächlich nach Auseinandersetzungen in der Hafenstr. Worte wie »Die haben schon recht, die sollen sich nur wehren und sich nichts gefallen lassen«. Na also, es geht voran! Könnte man meinen, doch wenn ich da an die vermeintlichen ›Vollkornbrötchen‹, die ich mir neulich holte denke, kommen mir da schon wieder Zweifel. Leicht dunkle, eingefärbte Weißmehlprodukte als Vollkorn zu verkaufen, ist so ziemlich alles, was mir einfällt. Das geht von Sauerei über Volksverarschung zu gesundheitsschädlich, könnte die Liste noch ewig weiterführen. Furchtbar, so was geht mir voll auf den Sack. Tz, tz, es gibt doch wirklich nichts schlimmeres, als mir falsche Vollkornsemmeln zu verkaufen – oder? … doch, alkoholfreies Bier als normales Bier getarnt, da gehts dann wirklich los mit der Ungerechtigkeit dieser Welt … Mist, jetzt hab ich ja garnichts über die Szene geschrieben, muß wohl an meiner kleinen Erkältung liegen. Vielleicht sollte ich ja mal was über die Szene in Augsburg schreiben – na lieber nicht. Gut, abschließend noch ein Gruß an alle Hasis all over. Wie dem auch sei, man sieht sich im Mai.
Trust #23 – Mai 1990
Jaa, ich weiß, wir sind wieder ›zu spät‹ raus, daran solltet ihr euch aber gewöhnt haben. Ich war zwei Wochen im Krankenhaus und das natürlich genau in dem Redaktionsschluß-Zeitraum – für manche Sachen kann man einfach nichts.
Es fiel auch das Wort Sommerpause, im Moment weiß ich aber nicht ob ja oder nein. Wenn sie an anderer Stelle angekündigt ist, gibt’s eine, wenn nicht, gibt’s vielleicht trotzdem eine – oder eben nicht, lasst euch überraschen.
Diesmal sollte ja auch eine 7“ dabei sein – es wurde geschafft. Wird aber wohl auch einmalig bleiben, aufgrund von Zeit, Kosten, Organisation …
Die Leserumfrage lief sehr gut, bisher sind um die dreihundertfünfzig Rückläufe zu verzeichnen. Die Verlosung wird irgendwann im Mai stattfinden, so dass die Gewinner ihre Preise spätestens im Juni haben werden. In der nächsten Ausgabe werden wir dann auch die Ergebnisse des Polls und der Umfrage veröffentlichen.
So, dann will ich’s mal gut sein lassen und mich erst wieder in der nächsten Ausgabe auslassen. Mir fehlt einfach die Zeit, obwohl da wären ein paar Sachen aus dem Hospital, die bestimmt … Gut, gut, ich hör ja schon auf – bis zum nächsten Mal! Keep rockin.
Trust #24 – September 1990
Sieht ja ganz so aus als kommt das Heft diesmal pünktlich. Kann jetzt aber noch nicht abgeschätzt werden, genausowenig wie die Seitenzahl, also sollte ich die Klappe halten und zum eigentlichen Thema kommen.
Wie ihr sehen könnt, gab es endlich mal wieder einige Leserbriefe, das ist grundsätzlich natürlich zu begrüßen, wenn ich da allerdings die persönliche Meinung (nicht wie viele vermuten eine politische Meinung) einiger Leute lese, weiß ich nicht ob lachen oder weinen angesagt ist. Deshalb hier mal einige generelle Statements (nicht zum Thema Sexismus, oh nein) um gewisse Dinge ins ›rechte‹ (oder wird mir jetzt wieder vorgeworfen ich wäre Faschist, da ich ja was ins ›rechte‹ rücken will) Licht zu rücken – na gut von mir aus auch ins ›linke‹, ihr könnt ja schonmal zu diskutieren anfangen – belästigt mich aber nicht, bevor ihr kein konkretes Ergebnis habt.
Was in letzter Zeit so abgeht gibt mir doch zu bedenken, auf der Hand liegendes Beispiel, die Band NONOYESNO (es gibt natürlich noch massig mehr, D.I., NO FX …). Da hört man immer wieder von Boykottaufrufen, Konzerte werden abgesagt weil die Band sexistisch sei und es wird generell Stimmung gegen sie gemacht. Diese ›politisch‹ motivierten Leute (im Text werde ich jetzt immer ›diese Leute‹ sagen – gemeint sind u.a. sogenannte: Radikale Linke, Autonome, FrauenrechtlerInnen, usw., ihr wisst schon wer – oder?) machen also politische Arbeit, indem sie diese sexistische