Название | Die Berliner Mauer |
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Автор произведения | Alexander Schug |
Жанр | Документальная литература |
Серия | |
Издательство | Документальная литература |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783940621535 |
Leben mit der Mauer. Straßenszene vom Herbst 1989
Um diese Fluchtbewegung gen Westen zu stoppen, wurde bereits am 26. Mai 1952 die Grenze zur Bundesrepublik mit Stacheldraht abgeriegelt. In Berlin blieben jedoch zahlreiche Sektorenübergänge offen, weshalb sich die ›Abwanderung‹ hier fortsetzte. Die SED-Führung sah sich daher zu einer Verschärfung der Strafgesetze veranlasst: Seit Dezember 1957 galt das Verlassen der DDR als ›Republikflucht‹ und bereits bei Vorbereitung und Versuch drohte Gefängnis. 1961 stimmte der sowjetische Partei- und Staatsführer Nikita Chruschtschow schließlich einer Abriegelung der Sektorengrenze in Berlin zu. Im Juli begannen die geheimen Vorbereitungen zur Grenzschließung, die dann in der Nacht vom 12. auf den 13. August erfolgte.1
Die Berliner Mauer wurde zum Symbol des ›Kalten Krieges‹ und hatte 28 Jahre Bestand. Erst der Amtsantritt Michail Gorbatschows in der Sowjetunion führte mit ›Glasnost‹ (Offenheit) und ›Perestroika‹ (Umgestaltung) zu grundlegenden politischen Veränderungen, von denen auch die DDR nicht unberührt bleiben sollte, auch wenn sich die SED-Führung dem zunächst entschieden widersetzte. Die Ostblockstaaten erhielten unter der neuen sowjetischen Führung mehr Freiheiten und mussten bei politischen Reformen nicht mehr sofort die militärische Intervention der Sowjetunion fürchten. Die ungarische und die polnische Regierung nutzten diese Chance – anders als die DDR.2 Heute wird die besondere Rolle der polnischen Gewerkschaftsbewegung Solidarno
Die Harzer Straße in Berlin am 20.9.1961
Zwar fand auch in der DDR ein Wandel statt, jedoch nicht in der überalterten Staatsführung, sondern in Folge einer friedlichen Revolution, ausgelöst durch oppositionelle Gruppen innerhalb der Bevölkerung. Bereits seit den 1980er Jahren bildeten sich – vor allem im kirchlichen Milieu – informelle oppositionelle Gruppen, die für Menschenrechte und Pluralismus eintraten. Sie wurden zur Keimzelle der friedlichen Revolution in der DDR und fanden 1989 den lange erhofften Zulauf aus der Bevölkerung. Seit dem Spätsommer 1989 wurde der Protest immer breiter. Tausende gingen bei den Leipziger Montagsdemonstrationen, aber bald auch andernorts in den Städten der DDR auf die Straße. Am 4. November forderten bei einer Großdemonstration auf dem Ost-Berliner Alexanderplatz prominente Redner, darunter die Schriftsteller Christoph Hein, Christa Wolf, Stefan Heym und Heiner Müller sowie der Schauspieler Ulrich Mühe, und sogar schließlich auch Vertreter der SED wie Gregor Gysi und Günter Schabowski, vor mehr als 500.000 Zuhörern demokratische Reformen.3
Zu der anwachsenden Bürgerrechtsbewegung kam eine rasant steigende Zahl von Ausreiseanträgen, die die SEDFührung in ernsthafte Bedrängnis brachte. Während Anfang 1989 noch 100.000 Menschen auf eine Genehmigung ihrer Ausreiseanträge warteten, versuchten ab dem Sommer Tausende mit der Besetzung bundesdeutscher Botschaften in Warschau, Prag und Budapest sowie der Ständigen Vertretung der Bundesrepublik in Ost-Berlin ihre Ausreise aktiv durchzusetzen. Am 30. September saßen mehr als 10.000 Menschen in der Botschaft in Prag fest, als der damalige bundesdeutsche Außenminister Hans-Dietrich Genscher die Nachricht über die Ausreisebewilligung durch die DDR vom Balkon des Botschaftsgebäudes überbrachte. Nach einer weiteren Ausreisewelle forderte die Regierung der damaligen
Aufbau und Ausbau der Grenzanlagen
Die Berliner Mauer war kein statisches Gebilde, das einmal errichtet fast dreißig Jahre unverändert geblieben ist. Sie wurde vielmehr laufend verändert und perfektioniert. Die Mauer war auch nicht einfach eine Betonwand, wie sie vom Westen her wahrgenommen wurde, sondern setzte sich aus verschiedenen Sperranlagen zusammen.5
Der Ausbau der Grenzanlagen vollzog sich in mehreren Phasen. Zunächst wurde West-Berlin in den frühen Morgenstunden des 13. August 1961 mit Stacheldraht und provisorischen Sperren abgeriegelt. In der Folgezeit entstand an deren Stelle eine Mauer aus großen Blockelementen und mehreren Lagen kleinerer Hohlblocksteine, die mit einem Stacheldraht abschloss. Mitte der 1960er Jahre wurde diese Grenzanlage durch eine Mauer aus schmalen Betonplatten ersetzt, auf der ein Abwasserrohr aus Beton angebracht war, um das Übersteigen der Mauer zu verhindern. Mitte der 1970er Jahre löste diese wiederum die so genannte ›Grenzmauer 75‹ ab, die deutlich widerstandsfähiger und von Fahrzeugen nicht zu durchbrechen war. Sie bot außerdem ein glattes, ›sauberes‹ Erscheinungsbild in Richtung West-Berlin, wie Axel Klausmeier und Leo Schmidt in ihrer Dokumentation der Berliner Mauer schreiben, »weil den Machthabern der DDR seit den siebziger Jahren immer mehr daran gelegen war, die Außenwirkung ihres Staates nicht durch die offensichtliche Brutalität der Grenzanlagen zu beeinträchtigen.«6
Ost-Berliner Kameramann am Potsdamer Platz, 19.8.1961
Volkspolizisten hinter der Mauer am Potsdamer Platz, 18.8.1961
Die Mauer in der Berliner Liesenstraße hat eine Höhe von 4 Metern erreicht, 13.8.1961
Grenzübergang Chaussestraße, 1962
Die eigentliche Mauer stellte das ›Vordere Sperrelement‹ der Grenzanlagen dar, das Ost-Berlin von der vermeintlich ›feindwärtigen‹ Seite, also den Westsektoren trennte. Tatsächlich waren die Sicherungsanlagen allerdings auf die ›freundwärtige‹ Seite, also auf das eigene Territorium ausgerichtet, sollten sie doch Menschen an der ›Republikflucht‹ hindern. In Richtung Osten wurde die Vorderlandmauer daher durch ein gestaffeltes System von Sperrelementen ergänzt, die bereits verhindern sollten, dass Fluchtwillige bis an die Mauer gelangen konnten.
Klausmeier und Schmidt schreiben: »Zunächst traf man auf verschiedene Warnzeichen. Die unmittelbare Sperrzone vor den Grenzanlagen wurde durch rot-weiße Pfosten und Markierungen oder auch durch ein niedriges rot-weiß gestrichenes Geländer angezeigt. In Abständen angebrachte Schilder warnten Unbefugte mit der viersprachigen Aufschrift ›Grenzgebiet – Betreten verboten‹.«7
Von der provisorischen Mauer zum Bollwerk: Der fertige Grenzübergang Chausseestraße, 24.10.1965
Zum Teil fanden sich in dem Sperrgebiet so genannte Vorfeldsicherungen, wie z.B. vorgelagerte Plattenwände, Zäune oder Durchfahrtssperren oder auch Vergitterungen an Fenstern. Die eigentlichen Grenzanlagen begannen auf Ost-Berliner Seite mit der Hinterlandsicherungsmauer, kurz Hinterlandmauer, die in Richtung Ost-Berlin mit langen weißen, grau gerahmten Rechtecken bemalt war. Zwischen Vorder- und Hinterlandmauer befand sich der Todesstreifen. In dieser Richtung war die Hinterlandmauer komplett weiß gestrichen, damit sich ein Flüchtender auch nachts vor ihr abzeichnete.
Hinter der Hinterlandmauer gab es einen ein Elektrosignalzaun, der Alarm auslöste, wenn Flüchtende versuchten, ihn zu überwinden. Hinter diesem Zaun befanden sich oft Hundelaufanlagen und andere Hindernisse wie die ›Flächensperren‹ mit aufrecht stehenden langen Stahlspitzen, die einen vom Zaun herunterspringenden Flüchtling schwer verletzen konnten.
Rund