Название | So feierten wir damals |
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Автор произведения | Группа авторов |
Жанр | Сделай Сам |
Серия | |
Издательство | Сделай Сам |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783784042329 |
Aufbewahrt wurden die Plätzchen bei Oma in mir damals riesig erscheinenden Blechschachteln: eine runde, grüne mit Pferdekopf und Reiterin auf dem Deckel und eine eckige mit Blumendekor auf goldenem Grund. Die kleinen Plätzchenstapel wurden mit Pergamentpapier säuberlich voneinander getrennt. (Ich habe die Dosen noch in Gebrauch, zum Aufbewahren von Fotos, Plätzchen backe ich nicht – als Single werde ich damit zugeschüttet von lieben Menschen, die mir etwas Gutes tun wollen.)
Barbarazweige gab es nur bei Oma. Sie schnitt einige Zweige vom Kirschbaum ab und stellte sie in ihr „kleines Zimmer“. Er war ihr Namenstag, der in unserer wenig religiösen Familie kaum eine Rolle spielte. Ich glaube, mit den Zweigen gratulierte sie sich selbst – in diesem Garten durfte sonst nie etwas abgeschnitten werden, um in einer Blumenvase zu enden.
Eine beliebte Sonntagabendbeschäftigung war es, zum Schaufenstergucken in die Stadt zu fahren. In der Adventszeit hatte dies besondere Reize: Auf dem Paradeplatz stand ein Mann mit einem qualmenden Gefährt und verkaufte gebackene Esskastanien. Ich durfte für 50 Pfennig eine Tüte davon kaufen. Die Schaufenster waren weihnachtlich dekoriert. Beim Kaufhaus Anker war jedes Schaufenster anders dekoriert: mal mit Steifftieren, mal mit Watteengeln, auch Märchen wurden dargestellt. Toll war ein Nikolaus, der von innen mit einer Rute ans Schaufenster klopfte. Überhaupt bewegte sich immer mal wieder was in den Fenstern.
In der Wartehalle des Hauptbahnhofs hatte man für die Vorweihnachtszeit eine große Eisenbahnlandschaft aufgebaut, durch die gleich mehrere Züge brausen konnten – wenn man entsprechend viel Geld einwarf. Papa gefiel das so gut wie mir: „Komm, wir lassen mal wieder einen fahren“, war seine bevorzugte Aufforderung an mich, wenn wir vor der Spielzeugeisenbahn standen. Noch heute mache ich das gerne und denke dabei schmunzelnd darüber nach, was ich gerade mache.
Wenn der Himmel an diesen Abenden besonders rot gefärbt war, sagte Oma, daran lasse sich erkennen, dass die Engel im Himmel gerade Weihnachtsplätzchen backten.
Unter der Woche durften die Kerzen am Adventskranz nicht angezündet werden. Mein Vater hatte Angst vor einem Brand und hielt von alldem sowieso eher wenig.
Spätestens nach dem dritten Advent wurde es richtig spannend. Am 18. Dezember habe ich Geburtstag. Immer wieder dieselbe Enttäuschung: „Du bekommst zum Geburtstag nicht so viele und nicht so große Geschenke; dafür bekommst du an Weihnachten mehr!“ Die Geburtstagsgeschenke, die ich bekam, waren meist weihnachtlich verpackt. Nur Oma achtete darauf, dass Weihnachten und Geburtstag nicht vermischt wurden. Sie hatte Übung damit: Opa hatte am 19. Dezember Geburtstag. Ich sehe deutlich einen Strauß frischer Tulpen von ihr vor mir, der ganz ohne Tannengrün auskam. Mitten im Winter, in jedem Jahr, in den 50ern! Am 18. Dezember einen für mich, am 19. Dezember einen für Opa. Und am Sonntag nach unseren Geburtstagen bereitete sie eine Ochsenzunge mit Pfifferlingen zu. Zum Nachtisch gab es Ananas aus der Dose, mit frisch geschlagener Sahne. Wir aßen in Omas Wohnzimmer, mit frisch geputztem Silberbesteck. Nur Papa bekam das Werktagsbesteck. Er besaß die Gewohnheit, beim Schneiden die Gabel mit dem Messer anzukratzen.
Manchmal habe ich auch am vierten Advent Geburtstag. So auch in diesem Jahr. Es ist mein sechzigster.
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