Das pathologische Leiden der Bella Jolie. Ramona Raabe

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Название Das pathologische Leiden der Bella Jolie
Автор произведения Ramona Raabe
Жанр Языкознание
Серия
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783947373246



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es das ist, was Sie hören wollen, kann ich Ihnen natürlich bestätigen, dass Janina nicht der Engel war, zu dem diese Pseudo-Freunde sie machen. Manchmal war sie sogar ein richtiges Biest. Nicht immer die Ehrlichste. Ein Mensch, der Prioritäten abwägte, und wenn du dich auf der falschen Seite der Wippe befunden hast, dann musstest du selber sehen, wo du bliebst. Tschüdelüüü! (Das ist eine fröhlichere Variante für ein schroffes TSCHÜSS.) Aber das musst du doch jetzt bitte nicht persönlich nehmen. Das hat nichts mit dir als Mensch zu tun!

      Janina hatte die herausragende Gabe, dich unfassbar schnell auf 180 zu bringen, aber sie war noch begabter darin, dich wieder für sich zurückzugewinnen. Ich glaube, sie ist die abstoßendste und charmanteste Persönlichkeit, die mir je begegnet ist. Und ich vermisse sie jeden Tag.

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      Wachter schaltet das Video aus, drei Sekunden bevor es sich selbst beenden würde. Ein zweites von Tamara Markow findet sich auf dem Portal, wie er in dem Menü erkennt. Manche Wegbegleiter wurden mehrfach befragt. Wer hatte das entschieden? Wer erhielt mehr Sprechzeit? Jene, die sie wirklich besser kannten, oder jene, die sich lieber reden hören? Margot war stets auf der Suche nach den lauten Geschichten. Das gab den Schwätzern mehr Raum, oder den Tagträumenden, die sich Zuhörer suchten. Draußen trommelt sanfter Regen auf die Straßen und Dächer. Wann hat er das letzte Mal Regen auf seiner Haut gespürt? Regen, nicht Duschkopf-Geplätscher. Das Nass, das aus dem Himmel über die Welt hereinbricht. Aus der Natur, die ihr Zelt über alle Landschaft spannt, die wir unsere Erde nennen. Die sogenannte höhere Gewalt. Nein, von dieser höheren Gewalt wird er ferngehalten. Als ließe sich in einem Bunker aus Beton das Niedere vor dem Höheren verstecken. Sonne bekommt er öfter zu spüren, obgleich er dennoch einen chronischen Vitamin-D-Mangel aufweist. Das zeigt der Universal-Scan ihm regelmäßig an. An Tagen mit schönem Wetter kommt es öfter vor, dass einige von ihnen für ein paar Stunden rausgehen. Manchmal machen sie einen gemeinsamen Ausflug auf eine Wiese oder ein Schiff. Wachter freut sich dann und redet mit keinem. Aber geregnet hat es an diesen Tagen nicht, und niemals kam jemand auf die Idee, ihn bei grauem Himmel und fallenden Tropfen zu fragen, ob er davon etwas mitbekommen wolle. Wachter hat eine Sehnsucht nach etwas, was sich am besten als das ungeformt Haptische beschreiben lässt. In den schützenden Räumen des Wohnheims ist alles glatt und trocken. Die Dinge sind gelackt und gut verarbeitet, kantig und wuchtig. Alles fügt sich so, wie es sich gehört, alles ist hart und handfest, zeigt sich aus tiefer Überzeugung materiell. Nur sein Kissen ist weich und nachgiebig, aber nicht wie ein Wassertropfen, der aus dem Himmel fällt. Und so fragt er sich, als auch an diesem grauen Nachmittag die Klänge des leichten Regens in seinem Zimmer vernehmbar sind und er sich dafür bereit macht, die weiteren Videos anzusehen, ob er jemals wieder spüren soll, wie echte Regentropfen sich in seinem Haar ein feuchtes Nest schaffen.

      Die Mutter

      Renate.

      Als Janina noch ein Kind war, gehörte sie zu den nachdenklichen Kindern, denen eine gesunde Stille häufig als Laster angekreidet wird. Sie sprach nicht viel und zeigte einen eher gering ausgeprägten Bewegungsdrang. Das bedeutete nicht, dass sie den ganzen Tag wie eine in Stein gemeißelte Statue auf ihrem Platz verweilte oder sich ungehalten einer lethargischen Natur hingab, aber es war eben auch nicht so, dass sie sich mit größter Freude den anderen Kindern, die vergnügt kreischend und tobend über den Platz jagten, angeschlossen hätte. Viel lieber rannte sie allein, zuhause im Garten, sich ungestüm von links nach rechts wendend und die Laufrichtung ändernd, und sah dabei niemals so aus, als sei sie allein. Sie interessierte sich nicht sonderlich für die anderen Kinder als Personen, aber für ihre Tätigkeit, ihr Aussehen und all das, was sie im aktuellen Moment taten. Zum Beispiel hätte sie gesagt, dass sie einen blauen Strickpullover besonders schön finde, oder den Stoff eines Haargummis in der Frisur eines anderen Mädchens. Zu Beginn, müssen Sie wissen, da sorgte ich mich einfach, dass mein Kind, nun, vielleicht etwas materialistisch veranlagt sei, verstehen Sie. Auch wenn gegen einen frühen Sinn für Mode ja nichts spricht. Aber dann begann sie andere Dinge zu sagen, eher Sonderbares, aber gleichwohl auch Schönes. Ja, genau so lässt es sich am besten ausdrücken: sonderbar und schön, so wie sie. Etwa: Wenn Lara läuft und springt und ihr Fuß kurz in der Luft ist, dann ist das schön. Oder: Ich mag es, wenn Tobias seinen Reißverschluss zuzieht. Schau mal – da! Und wenn ich sie dann gefragt hätte: Na, wenn du den Tobias so nett findest, magst du ihn dann nicht zu deinem Geburtstag nächstes Wochenende einladen?, dann hätte sie mich nur mit großen Augen angeschaut, ganz plötzlich mit diesem unschuldig irritierten Ausdruck, als hätte ich in einer fremden Sprache gesprochen. Als wollte sie mich fragen, wie sich die Bewegung eines sich schließenden Reißverschlusses denn zum Geburtstag einladen lasse.

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