Название | Der neue Landdoktor Paket 1 – Arztroman |
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Автор произведения | Tessa Hofreiter |
Жанр | Языкознание |
Серия | Der neue Landdoktor |
Издательство | Языкознание |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783740980672 |
Zum Glück wurde das auch nicht von ihr erwartet, denn jetzt erschien Caro und bat Korbinian ins Sprechzimmer hinüber. Ehe er ging, reichte er Gerti seine Visitenkarte. »Ich möchte nicht noch einmal so viele Jahre vergehen lassen, ehe ich dich wiedersehe. Bitte ruf mich an, wenn du magst. Wir könnten uns verabreden.«
»Ja«, sagte Gerti schwach. Ihr Blick klebte an der Tür, die sich hinter dem Rücken des Mannes geschlossen hatte.
»Gerti? Gerti! Hallo, wo bist du?« Eine junge Stimme riss sie aus ihrer Fassungslosigkeit. Emilia stand mit einem breiten Grinsen vor ihr. »Gerti, ich hab jetzt schon zweimal gefragt, wo das Einschreiben ist, das ich zur Post bringen soll.«
»Äh, ja, das Einschreiben, das ist hier.« Mit fahrigen Bewegungen holte die Sprechstundenhilfe einen großen Umschlag hervor. Mit aller Macht versuchte sie, sich auf das zu konzentrieren, was bisher ihr Leben bestimmt hatte: ihre Arbeit. »Du musst bitte noch einen Moment warten, es sollen auch Proben eingeschickt werden, die sind aber noch nicht fertig verpackt.«
»Macht nichts, setz ich mich eben noch ins Wartezimmer und blättere die Zeitschriften durch.« Emilia setzte sich, und Gerti ging in einen anderen Raum, um das Päckchen versandfertig zu machen.
Jetzt war der Tresen nur mit Caro besetzt, die immer öfter auf die Uhr schaute. Sie war nervös. Gleich hatte diese Fiona Bartels ihren Termin, gemeinsam mit Felix. Als die beiden wenige Minuten später ankamen, holte Caro tief Luft und setzte ein freundliches Lächeln auf.
Süß!, war das erste Wort, das ihr durch den Kopf schoss. Diese Fiona wirkte einfach süß. Und war nicht dreist, wie sie es sich insgeheim vorgestellt hatte, sondern fast ein wenig schüchtern.
»Hallo, du musst Caro sein«, sagte sie leise. »Felix hat mir erzählt, dass du hier arbeitest. Es ist irgendwie eine komische Situation, aber wir werden schon das Beste daraus machen.«
»Sicher«, murmelte Caro. Sie versuchte, Felix’ Blick einzufangen, aber er schaute sie nicht an. »Bitte, setzt euch. Anna ist schon hier, und der Doktor ist gleich frei.«
Die beiden setzten sich zwischen die anderen Wartenden, die sie sehr aufmerksam musterten. Alle wussten, dass Felix und Caro ein Paar waren, deshalb fiel es auf, dass der junge Mann mit einer anderen Frau gekommen war. Einer anderen, schwangeren Frau!
Miriam Holzer hob die Zeitschrift vors Gesicht und raunte ihrer Nachbarin zu: »Vielleicht ist das ja seine Schwester? Blond und blauäugig sind beide.«
»Schmarrn! Seit wann hat denn der Messner Felix eine Schwester?«
»Stimmt auch wieder! Aber wer ist sie dann? Und schau mal, was die Caro für ein Gesicht macht!«
Die Tür zu Doktor Seefelds Sprechzimmer öffnete sich, er verabschiedete sich herzlich von Korbinian Wamsler und rief Fiona Bartels auf. Mit den vorsichtigen Schritten einer Hochschwangeren ging sie in das Zimmer, gefolgt von Felix, der für seinen erstaunten Onkel nur einen gemurmelten Gruß übrig hatte.
»Nanu?« Verwundert blieb Korbinian Wamsler am Tresen stehen und schaute Caro fragend an. »Warum geht Felix denn mit dieser jungen Frau gemeinsam zum Arzt?«
Er hatte nicht laut gesprochen, aber da das genau die Frage war, die sich auch die Damen im Wartebereich stellten, hörte man dort sehr genau zu. Caro lächelte gequält. »Das ist sozusagen ein Notfall, und es ist in Ordnung«, antwortete sie so leise, dass man es jenseits des Tresens kaum verstehen konnte.
Korbinian schaute sie scharf an. Er sah, dass die junge Frau nur mühsam die Fassung bewahrte. Nichts ist in Ordnung, dachte er alarmiert, sie will es nur hier in der Öffentlichkeit nicht sagen! Er beschloss, eine Notlüge aus dem Hut zu zaubern. »Äh, Caro, wir hatten doch locker einen Besprechungstermin für morgen Abend verabredet. Ist es Ihnen recht, wenn ich gleich nach Praxisschluss zu Ihnen ins Kapitänshaus komme? Dann können wir in Ruhe miteinander reden.«
Caro holte tief Luft und blinzelte die verräterischen Tränen weg. »Das ist mir sehr recht! Bis nachher, Herr Wamsler.«
»Korbinian, bitte! Bis nachher, Caro. Und bitte grüßen Sie noch einmal Ihre Kollegin von mir!«
»Gerti Fechner? Das tue ich gern.«
Korbinian verließ tief in Gedanken die Praxis. Wie das Leben so spielt! Eben noch war da nur die Freude über das unerwartete Wiedersehen mit seinem heimlichen Tanzstundenschwarm gewesen, jetzt schien es Kummer und ernste Schwierigkeiten im Leben seines Neffen zu geben, die ihn forderten.
In der Praxis zeigte die junge Sprechstundenhilfe eine äußerliche Gelassenheit, die sie nicht wirklich empfand. Immer wieder irrte ihr Blick zu dem Raum hinüber, in dem Felix und Fiona waren. Caro hätte zu gern gewusst, was sich jetzt hinter der geschlossenen Tür abspielte! Es war doch nur ein simpler Ultraschall, weshalb dauerte es denn so lange?
Sowohl die Blutabnahme als auch die routinemäßige Ultraschalluntersuchung waren gut verlaufen. Felix, der zunächst angespannt und merklich distanziert neben der Untersuchungsliege gestanden hatte, konnte sich der Faszination des werdenden Lebens nicht entziehen. Das war sein Kind, dessen Herz er schlagen hörte! Er sah sein Kind zusammengerollt im Mutterleib am Däumchen nuckeln! Es war unfassbar, und es war herzergreifend. Wie benebelt saß er später neben Fiona vor Doktor Seefelds Schreibtisch und hörte dem Gespräch zu.
»Wie sieht es mit Ihrem Schlaf aus, Frau Bartels, gibt es Schwierigkeiten? Hält Sie der Kleine oft nachts wach?«
»Nein, nicht mehr, als es in allen klugen Büchern steht. Es ist nur – ich kann allgemein nicht gut einschlafen und liege oft stundenlang wach«, antwortete Fiona leise.
»Warum? Gibt es körperliche Gründe? Rückenschmerzen oder vielleicht Wadenkrämpfe?«
»Nein, das ist es nicht. Es ist eher … meine gesamte Situation«, stammelte die junge Frau. Ihre Augen füllten sich mit Tränen, und sie senkte den Kopf.
Sebastian Seefeld und Anna wechselten einen beredten Blick. »Mögen Sie darüber reden, Frau Bartels?«, fragte die Hebamme sanft.
Fiona schien mit sich zu ringen. »Ich, ich schäme mich so!«, flüsterte sie. »Noch nie bin ich in einer derartigen Situation gewesen, so …, so hilflos. Alles ist mir aus den Händen geglitten. Ich habe meine Arbeit verloren, dann konnte ich die teuren Münchner Mieten nicht mehr bezahlen. Ich habe alles verkauft, was sich zu Geld machen ließ, alles. Jetzt habe ich nur noch den Koffer mit meiner Kleidung, und ich wohne in einem Hotel, das ich mir nicht leisten kann, aber ich weiß doch nicht, wohin! Ich habe niemanden aus meiner Familie mehr, ich bin ganz allein. Und ich habe solche Angst!«
Während des Redens hatte sie zu weinen begonnen, was sich immer weiter zu einem verzweifelten Ausbruch steigerte. Sie schluchzte und redete und verlor immer mehr die Fassung. Ihre Hände umklammerten die Stuhllehnen, ihr Gesicht war jetzt hochrot, und mit weit aufgerissenen Augen rang sie nach Atem. »… kriege… keine … Luft …!«
»Panikattacke!« Mit einem Schritt waren Doktor Seefeld und Anna bei ihrer verängstigten Patientin und hoben sie auf die Liege. »Doch, Sie bekommen Luft, alles wird gut!«, redete der Arzt beruhigend auf seine Patientin ein. »Sehen Sie? Ein Atemzug nach dem anderen, so ist es gut!«
»Wir lassen Sie doch nicht allein, wir sind bei Ihnen!« Das war die Hebamme, die beruhigend über Caros Stirn und die Schläfen strich. »Sie sind nicht allein!«
Unter Felix’ schreckgeweiteten Augen rang Caro noch ein paar Mal nach Luft, dann normalisierten sich ihre Atemzüge, und sie sank schlaff auf die Liege zurück. »Es ist mir so peinlich!«, stammelte sie. »Bitte, ich wollte nicht, dass Sie das mitbekommen.«
»Haben Sie diese Panikattacken schon länger?«, fragte der Arzt.
Fiona nickte. »Ja, seitdem mein Leben so aus den Fugen gegangen ist. Seitdem ich nicht mehr weiß, wo und wie ich leben kann.«
Sebastian und Anna wechselten einen Blick.
»Aber das ist ja furchtbar!« Felix beugte sich angstvoll über die junge Frau. »Ich hatte keine Ahnung, dass es dir so schlecht geht! Warum hast