Название | Der neue Landdoktor Paket 1 – Arztroman |
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Автор произведения | Tessa Hofreiter |
Жанр | Языкознание |
Серия | Der neue Landdoktor |
Издательство | Языкознание |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783740980672 |
»Das sind ungefähr zehn Minuten, und Sie können den Weg gar nicht verfehlen. Die Hauptstraße entlang, und dann beim Brunnen am Marktplatz rechts abbiegen. Die Gasse müssen Sie ein Stück hinaufgehen, dann laufen Sie direkt auf das Hotel zu.«
»Danke, das schaffe ich«, antwortete die Fremde und griff nach ihrem großen Rollkoffer.
Emilia schaute sie prüfend an. Die junge Frau war schwanger, und unter ihren großen blauen Augen lagen zarte Schatten. Sie hatte ein sanftes Lächeln, das ihrem weichen, hübsch gerundeten Gesicht einen besonderen Schimmer verlieh. Mit einem freundlichen Nicken verabschiedete sie sich von dem jungen Mädchen und machte sich auf den Weg.
»Bitte warten Sie!«, rief Emilia. Sie ging auf die Schwangere zu. »Ihr Rollkoffer sieht aus, als ob er ziemlich schwer ist. Vielleicht ist es besser, wenn ich ihn ziehe, und Sie schieben mein Rad? Das ist leichter, und Sie können sich beim Gehen ein bisschen darauf stützen. Ich bringe Sie zum Hotel hinüber.«
Die Augen der Frau schimmerten feucht. »Das ist sehr nett und fürsorglich von dir, ich nehme es dankbar an. Ich bin übrigens Fiona, Fiona Bartels.«
»Ich heiße Emilia Seefeld«, antwortete das junge Mädchen. Sie übernahm den Rollkoffer und gab Fiona ihr Rad. Im Weitergehen fragte sie: »Sind Sie ein neuer Gast im Sonnenhof, wollen Sie hier bei uns Urlaub machen?«
»Urlaub?« Die Stimme der werdenden Mutter war genauso sanft und lieblich wie ihr Lächeln. »Ja, so ungefähr.«
»Dann haben Sie sich einen sehr schönen Ort ausgesucht, es wird Ihnen bestimmt gefallen!«
»Ja, das glaube ich auch.«
»Und neben allem anderen sind Sie hier auch bestens medizinisch versorgt«, sagte Emilia mit hörbarem Stolz in der Stimme. »Wir haben hier eine richtig gute Arztpraxis und eine tolle Hebamme, Anna Bergmann heißt sie.«
Die Frau lachte leise auf, und es klang wie das zufriedene Schnurren einer seidigen Katze. »Das klingt wundervoll und sehr beruhigend. Ich freue mich wirklich, hier zu sein.«
Nachdem sie den Marktplatz überquert hatten, war es nur noch ein kurzes Stück die Gasse hinauf, und dann kam das Hotel in Sicht. Es war ein großes Gebäude, das mit dem warmen, gelben Anstrich seinem Namen alle Ehre machte.
»Hier ist es«, sagte Emilia. Nachdem sie der jungen Frau geholfen hatte, den schweren Rollkoffer über die Eingangsstufe zu ziehen, verabschiedete sie sich. »Ich wünsche Ihnen eine schöne Zeit in Bergmoosbach!«
»Oh, die werden wir sicher haben«, antwortete die junge Frau und legte mit einer liebevollen Geste ihre Hände auf ihren Bauch. Sie lächelte zärtlich auf die hohe Wölbung herab, die sich unter ihrem Sommerkleid abzeichnete. »Es ist übrigens ein kleiner Junge.«
»Glückwunsch! Haben Sie denn auch schon einen Namen für das Baby, oder bleibt der bis zur Geburt geheim?«
»Einen Namen haben wir noch nicht, den werden sein Vater und ich zusammen aussuchen«, antwortete die junge Mutter glücklich.
»Dann viel Spaß! Vielleicht sieht man sich ja mal.« Emilia winkte zum Abschied und schwang sich aufs Rad.
»Danke nochmals für deine Hilfe!« Fiona winkte freundlich zurück. Sie deponierte ihr Gepäck in der Lobby des Hotels und ging ins Restaurant hinüber, das auch über Sitzplätze im Garten verfügte. Mit einem zufriedenen Seufzer setzte sich die junge Frau in den Schatten eines alten Birnbaums und bestellte sich ein leichtes Mittagessen. Während sie auf ihre Seezunge wartete, genoss sie den Ausblick über die gepflegten Häuser und Gärten, die unterhalb des Hotels lagen, und das beeindruckende Alpenpanorama, welches sich am Horizont erhob.
In Gedanken versunken strich sie über ihren Bauch. »Du wirst es sehr gut hier haben, mein Kleiner«, flüsterte sie ihrem Baby zu. »Du und ich auch.«
Als Nachtisch wurde ein perfekter Kaiserschmarrn serviert. Er schmeckte so lecker, dass Fiona am liebsten die allerletzte Süße vom Teller geschleckt hätte, aber das tat sie natürlich nicht in der Öffentlichkeit. Stattdessen winkte sie der Kellnerin und bat darum, den Koch sprechen zu können.
Die Serviererin runzelte leicht die Stirn. »War mit dem Essen etwas nicht in Ordnung?«
»Aber nein, ganz im Gegenteil, es war hervorragend! Ich möchte Ihrem Koch – es ist doch Felix Messner aus München, nicht wahr? – persönlich danken.«
»Einen Moment bitte, ich werde Herrn Messner holen.«
Fiona lehnte sich entspannt zurück und wartete.
Der Kies knirschte unter raschen Schritten, und dann trat der Koch des Restaurants Sonnenhof an ihren Tisch.
Die junge Frau schaute auf und lächelte. »Hallo, Felix.«
Der junge Mann stutzte kurz, aber dann erwiderte er das freundliche Lächeln. Natürlich, jetzt hatte er sie erkannt: das sanfte Gesicht mit den blauen Augen, das blonde Haar mit dem Madonnenscheitel und dem weichen Nackenknoten, das unverwechselbare, süße Lächeln. »Fiona! Was machst du denn hier?«
»Dich besuchen, Felix.«
»Oh!« Jetzt war er überrascht. Fiona Bartels hatte in seinem Leben keine große Rolle gespielt. Kennengelernt hatten sie sich bei einem ausgelassenen Silvesterwochenende mit Freunden auf einer Berghütte. Drei Tage lang hatten sie eine Menge Spaß miteinander gehabt und waren dann auseinander gegangen. Obwohl beide zu diesem Zeitpunkt in München lebten, hatten sie keine Verbindung zu einander gesucht. »Wie komme ich denn zu dieser Ehre?«
Anstelle einer Antwort deutete Fiona liebenswürdig auf den freien Platz ihr gegenüber. »Möchtest du dich nicht ein wenig zu mir setzen?«
»Das wäre zwar nett, aber es geht nicht. Meine Arbeit wartet.«
»Das ist schade, aber ich kann es natürlich verstehen. Vielleicht können wir uns treffen, wenn du Feierabend hast?«
»Fiona, ich …« Felix unterbrach sich. Die junge Frau war ein Stück vom Tisch abgerückt und hatte sich in ihrem Stuhl zurückgelehnt. Erst jetzt bemerkte er, dass sie in einem fortgeschrittenen Stadium der Schwangerschaft war. »Du bekommst ein Baby.«
Fionas Lächeln war jetzt schüchtern, und ihre Augen schimmerten feucht. »Ja, ich erwarte ein Kind und …, und deshalb musste ich herkommen. Zu dir.«
»Aber warum? Was habe ich …?« Ungläubig starrte Felix die junge Frau an. Sein Herz raste, und ihm brach kalter Schweiß aus. Nein, das konnte doch wohl nicht sein!
Langsam füllten sich die blauen Augen mit Tränen. »Ich …, ich wollte …, bitte, verzeih mir, dass ich dich so überfallen habe. Ich will ja gar nichts von dir, ich will nur, dass du … es weißt.«
»Dass ich was weiß?«, flüsterte Felix atemlos.
»Dass … du Vater wirst!«, antwortete Fiona leise, und dann rollten die Tränen, die sie nun nicht mehr zurückhalten konnte.
In Felix’ Kopf war plötzlich alles blank und leer. Er konnte keinen klaren Gedanken fassen. Seine Beine drohten, unter ihm wegzusacken, und er griff blindlings nach einer Stuhllehne. »Nein!«, flüsterte er. »Nein!«
Fionas hübsches Gesicht war sehr ernst. »Doch, Felix. Mein kleiner Junge ist unser gemeinsames Kind«, antwortete sie leise. Mit den Fingerspitzen wischte sie die Tränen von ihren Wangen, und ihr gelang ein rührendes, zittriges Lächeln. »Es tut mir leid, dass es ein solcher Schock für dich ist. Du brauchst sicher Zeit, um dich an den Gedanken zu gewöhnen.«
»Ich …, ja, äh …, Zeit …«, stotterte Felix. Jetzt rasten seine Gedanken. Caro! Ich muss mit Caro reden!
»Vielleicht können wir uns heute Abend treffen und in Ruhe miteinander reden?«, schlug Fiona vernünftig vor.
»Heute Abend? Nein, ich muss erst …« Felix verstummte. Sein Blick fiel auf den Eingang zur Küche, wo eine Kollegin stand und ihm ungeduldig zuwinkte. »Gib mir deine Nummer, ich ruf dich heute Abend an, und dann machen wir ein Treffen aus.«