Tagebuch eines Hilflosen. Francis Nenik

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Название Tagebuch eines Hilflosen
Автор произведения Francis Nenik
Жанр Языкознание
Серия
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783751800303



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zu tun. Und klar, auch die werden nur ein Jahr lang Arbeit haben. Aber hee, wenn das Ding einmal steht, bleiben immer noch 35 dauerhafte Jobs übrig. Okay, ein paar davon sind in Kanada, aber trotzdem: 20 bleiben in den USA. 20 neue Jobs für Amerika.

      Das ist großartig!

      Fragt sich nur, welcher Assi im Außenministerium in den Report geschrieben hat: »Das geplante Projekt hat auf die Beschäftigungszahlen und das Einkommen in den USA keinerlei Auswirkungen.«

      Was soll denn das heißen, keinerlei Auswirkungen? Keinerlei heißt null. Aber 20 ist nicht null. 20 ist unendlich viel mal mehr als null! Hat anscheinend keine Ahnung von Mathe, dieser Schreiberling. Und von Wirtschaft auch nicht. Kein Wunder, der Report stammt ja auch noch aus der Zeit von Obama. Ist bestimmt schon gefeuert worden, der Typ. Sein Glück. Bester Zeitpunkt für ’nen Rausschmiss. Kann er jetzt mitmachen beim amerikanischen Jobwunder. Gibt Millionen neuer Jobs. 42.000 davon allein bei der Keystone-Pipeline!

       02.03.2017

      Sich der Welt schreibend zu nähern, heißt, ihr aus dem Weg zu gehen.

       03.03.2017

      US-Börse: 724 Milliarden Dollar Wertsteigerung in 24 Stunden. Macht 100 Dollar pro Erdbewohner. Gewinnausschüttung. Grundeinkommen. Welt samt Bevölkerung gerettet.

      (Quelle: Tagebuch eines Heilfrohen)

       04.03.2017

      Trump hat Obama heute via Twitter beschuldigt, dass er im Wahlkampf seine Telefone abgehört habe. Was soll man dazu sagen? »O’ zapft is!« made in USA. Der OBaMa hat’s angestochen. Das blondierte Maß aller Dinge schäumt.

       05.03.2017

      Wie es aussieht, entbehren Trumps Anschuldigungen gegen Obama jeglicher Grundlage und sind nur eine jener Nebelkerzen, die Trump gerne wirft, um von sich selbst abzulenken und die Öffentlichkeit auf die falsche Fährte zu locken. Die Amerikaner bezeichnen so ein Verhalten als »red herring«, und vielleicht ist das Sprichwort in diesem Fall näher an der Wahrheit, als man denkt. Es würde mich jedenfalls nicht wundern, wenn die echten Roten was mit der Sache zu tun haben. So wie es aussieht, gab es nämlich heimliche Verbindungen zwischen Trumps Wahlkampfteam und den Russen …

       06.03.2017

      Die Gays for Trump sind am Wochenende für den Präsidenten auf die Straße gegangen. Von Diskriminierung keine Rede. Es ist alles Liebe, Einheit, Vaterland, und da sind natürlich auch die rechtskonservativen Breitbart News vor Ort. Die Breitbart-Reporterin berichtet von Andre Soriano, einem homosexuellen Designer, der 2013 in einer von Rihanna moderierten Reality Show den 7. Platz erreicht hat. Soriano, so die Reporterin, »wurde beim Anblick der vielen Trump-Unterstützer von seinen Emotionen derart überwältigt, dass er anfing zu weinen.«

       07.03.2017

      In zehn Tagen ist es so weit: St. Patrick’s Day. Der offizielle Trump-Shop verkauft deshalb ab sofort »Make America Great Again«-Caps in Irisch-Grün, das Stück für 50 Dollar.

      Zu teuer? Ach was! Schließlich prangt auf der Rückseite der Shamrock, jenes Kleeblatt, das in Irland als Nationalsymbol gilt. Eigentlich hat der Shamrock drei Blätter – Ausdruck der himmlischen Trinität. Auf dem Trump-Cap aber hat er vier. Für die Iren ist das ein grober Fehler, für die 50-Dollar-Spender dagegen ein Symbol kommenden Glücks.

      Und St. Donald? Dem ist das alles egal. Für ihn ist es einfach nur ein weiteres Zeichen, dass man immer noch eins draufsetzen muss, wann man nach oben will. Nach ganz ganz oben.

       08.03.2017

      Donald Trump feiert heute Pfauentag.

       09.03.2017

      Hawaii klagt gegen Trumps neues Einreiseverbot. Die Insel will weltoffen wirken. 2016 hat sie die Zahl der aufgenommenen Flüchtlinge gegenüber 2015 um 350 % gesteigert. Von zwei auf sieben.

       10.03.2017

      … und es ist Freitagnachmittag, und John Browdy kommt von der Arbeit nach Hause, und Mary hat einen Kuchen gebacken und Kaffee gekocht, und so sitzen sie da, essen und trinken und reden, derweil eine Etage über ihnen ihr Sohn seine Existenz einer Spielkonsole vermacht hat und im Zimmer nebenan seine Schwester auf dem Bett liegt und mit großen Augen eine Zeitschrift durchblättert, und für einen Moment ist alles gut in Amerika und die Welt draußen vor den Wänden existiert nur noch in Erinnerungen und kommenden Fiktionen …

       11.03.2017

      Tief versteckt in Jared Kushners jugendlich wirkendem Gesicht liegt bereits die Enttäuschung über sein kommendes Schicksal, das ihn ständig weiter nach oben führen und in jener zynischen Abgeklärtheit enden wird, die die Liebe anderer suchte und den eigenen Verrat fand.

       12.03.2017

      Am 12. März 1989 dankte der amerikanische Schriftsteller Thomas Pynchon dem durch eine Fatwa vom Tode bedrohten Autor Salman Rushdie auf den Buchseiten der New York Times mit den Worten, dass Rushdie mit seinen Satanischen Versen all jene, die schreiben, daran erinnert habe, dass ihre Pflicht die eines Ketzers sei und dass die eingeschworenen Feinde des Schriftstellers die Macht und jene Unvernunft sind, die sich in Grundlosigkeiten ergießt und Alternativlosigkeiten gebiert. An dieser Pflicht hat sich – 28 Jahre und eine schier endlose Reihe machthungriger Herrscher später – nicht das Geringste geändert.

       13.03.2017

      Scott proved it again! Scott Pruitt, Chef der US-Umweltschutzbehörde, hat erklärt, dass der CO2-Ausstoß nicht entscheidend für die Erderwärmung sei. Folge: Tausende wütende Bürger rufen in der Umweltschutzbehörde an und legen sie mit ihren Anrufen lahm. Selbst die Praktikanten werden zum Telefondienst abbestellt. Und Pruitt? Der freut sich. Die Umweltaffen sind alle am Telefonieren und haben dadurch keine Zeit, den neuesten Bericht der Nationalen Ozean- und Atmosphärenbehörde zu lesen, demzufolge der Kohlendioxidgehalt der Luft in Rekordtempo wächst.

       14.03.2017

      Das Weiße Haus hat gestern neun »Opfer von Obamacare« eingeladen, damit sie dem Präsidenten von ihrem Schicksal berichten. Zur selben Zeit präsentierte zwei Meilen entfernt das unabhängige Budgetbüro des Kongresses eine Analyse, wonach 14 Millionen Amerikaner ihre Krankenversicherung verlieren, wenn das Konzept der Republikaner umgesetzt wird.

       15.03.2017

      Trump ist heute bei einer Wahlkampfveranstaltung in Nashville. Wahl gibt’s zwar keine, aber gekämpft wird hier immer. Erst kürzlich hat ein Kerl aus der Gegend einen 47-Ender erlegt. Weltrekord! Das Geweih wird demnächst in der lokalen Baptistenkirche gezeigt. Für die Besucher gibt’s Fachinformationen und ein Fleisch-Dinner aus Elch, Reh, Ente, Wildschwein, Truthahn und Eichhörnchen. Danach sagt der LifeWay-Pfarrer noch ein paar Worte und irgendein Kerl spielt auf der Trumpete.

       16.03.2017

      Amerika und sein Präsident – keiner weiß mehr.

      Amerika und sein Präsident – keiner weiß