Название | Yona |
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Автор произведения | Nastasja Penzar |
Жанр | Языкознание |
Серия | |
Издательство | Языкознание |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783957579591 |
Ich kannte meine Antwort schon seit Wochen. Ich wusste, dass es keine Möglichkeit für mich gab, dort zu bleiben. Ich stand nachts auf, schaltete das Licht nicht an, ging runter ins Wohnzimmer, sah die Couch, auf der er lag und schnarchte, die Pflanzen, mit denen er immer sprach, die Küche, die er gebaut hatte, die glatt gewordene Stelle auf dem Tisch, auf der die Fernbedienung immer liegen musste. Ich zog meine Gummistiefel an, ging in den Garten, durchquerte seine Beete, trat auf die kleinen Pflanzen, deren Namen nur er kannte, ich wusste nichts darüber und wollte es auch nicht wissen. Eine Wut stieg in mir auf, er hatte mir ständig von den Pflanzen erzählt, während ich meistens nur genickt und dabei an anderes gedacht hatte. Sie sahen ruhig aus. Ich wusste nicht, wann welche zu wässern war, wofür sie gut waren, aus welchen ihrer Stämme sich welche Heilmittel machen ließen und in welcher Sprache sie wie hießen. Sein Garten würde mit ihm irgendwohin gehen. Ich setzte mich mitten ins Beet, es war nass, ich schloss die Augen. Mein Vater zog sich jeden nassen Morgen die Gummistiefel an, nur im Sommer ging er barfuß, während der Kaffee dampfte, »der Schöpfung guten Morgen sagen«, durch diese Beete und pflückte dabei, wenn ich erkältet, nervös, übermüdet oder sonst irgendetwas war, immer die richtigen Blätter oder Wurzeln. Er berührte ihre Blätter, musterte sie, nahm sie ernst. »Wir pflücken nach ihrem Bedarf, mija, wie sie es wollen, nicht wie wir es wollen.« Ich hatte darüber gelacht, jetzt saß ich hier, und sie fühlten sich anders an, als sie aussahen bei Tag, die meisten Blätter hatten einen kleinen Widerstand in sich. Ich fuhr eine Pflanze an ihrem dünnen Stamm ab, es brannte, gab mir einen Ruck, ich stand auf, nahm meine andere Hand, packte die Pflanze so tief am Stamm, wie ich konnte, ihre Härchen gruben sich in meine Finger, in meine Hände. »Nur die Hände hast du von deiner Mutter.« Mein Ton wurde laut, erhöhte seine Frequenz, es schmerzte überall, mein Pyjama war jetzt nass, ich zog mit aller Kraft an der Pflanze, es brannte, sie wehrte sich, war widerspenstiger, als ich es ihr zugetraut hätte. »Von ihnen kannst du viel lernen, mija.« Ich zog, sie gab nicht nach, ich bückte mich, klammerte, meine Hände brannten, fingen an zu graben, um die Pflanze herum, wurden schneller, erreichten ihre Wurzeln, zogen jede Ader einzeln aus ihrer Bodenhaftung, zupften sie heraus, eine nach der anderen, das Gestrüpp nickte mit meinen Bewegungen mit, spendete mir Beifall, dann stellte ich mich auf, zogen wieder am schwach gewordenen Stamm, lehnte mich gegen ihn, die Pflanze verabschiedete sich zäh aus ihrer Erde und gab mit einem Ruck auf. Ich konnte mich gerade noch fangen. Ich hielt sie in der Hand, fasste noch einmal fest um ihren Stängel, ihre brennenden Haare gruben sich tiefer in meine Haut, »zum Beispiel, mija, was echte Eigenwehr ist«, ich warf sie irgendwohin, mein Ton wurde wilder. Ich legte meine Hände auf die feuchte Erde, tastete sie ab, erfasste noch eine Pflanze, sie hatte keine Härchen, ließ sich mit einer Hand ausreißen, die neben ihr auch, die nächste hatte Stacheln, ich grub meine Hand in sie ein, riss sie heraus. Mit jeder Pflanze wurde mein Ton rasender, ich hieß ihn willkommen, riss alles aus, was ich fassen konnte, zog an ihnen, brach sie ab, grub um ihre Wurzeln herum, bis die Erde unter meinen Fingernägeln zu schmerzen anfing. Als ich alle Pflanzen getötet hatte, keuchte ich, meine Lunge brannte, überall sonst war ich taub, an den Händen, an den Ohren, selbst meine Augen sahen nichts mehr richtig. Ich richtete mich auf, sah in der Terrassentür meinen Vater eingesackt in seinem Pyjama stehen, ich wischte mir die Hände an meiner Hose ab, lief über den Rasen, an ihm vorbei, er wirkte sehr klein jetzt, ich gab ihm einen Kuss auf die Wange, er nickte, hatte Tränen in den Augen. Er sah meine Hände, ließ den Kopf sinken, am liebsten hätte ich auch ihn ausgerissen, ich lief an ihm vorbei, ließ ihn stehen, wollte, dass er litt, ich wusste nicht warum, meine Wut fing allmählich an, in meinen Händen zu stechen, die Taubheit wich dem Schmerz, das Blut pulsierte in meine Handflächen, ich drückte auf den Wunden herum, bis ich einen Laut von mir gab. Ich ging ins Bad, schlug mit den brennenden Fäusten gegen meine Beine, ich spürte nichts, ich suchte etwas, das ich schlagen konnte, ich holte aus gegen die Wand, entschied mich um, nahm die Tür und schlug heftig in sie hinein, bis ich ruhig wurde. Wir fuhren beide im Pyjama in die Notaufnahme und sagten nichts. Danach trug ich sechs Wochen lang einen Gips.
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