Projekt Phoenix. Kevin Behr

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Название Projekt Phoenix
Автор произведения Kevin Behr
Жанр Зарубежная деловая литература
Серия
Издательство Зарубежная деловая литература
Год выпуска 0
isbn 9783958751774



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Plan B weiter ausarbeiten, damit wir ihn ohne größere Probleme umsetzen können. Zudem schlage ich vor, bis 15 Uhr zu warten, bevor wir eine Entscheidung treffen. Vielleicht schaffen wir es ja doch, die Systeme und Daten bis dahin zurückzubekommen.«

      Als Ann nickt, sagt Dick: »Okay, Sie haben vier Stunden.«

      Ich antworte: »Seien Sie versichert, dass wir die Dringlichkeit der Situation sehen und Sie über den aktuellen Stand unterrichtet werden, sobald ich etwas Neues weiß.«

      »Danke, Bill«, sagt Ann. Dick bleibt still, als ich mich umdrehe und zur Tür hinausgehe.

      Jetzt, da ich das Problem aus Businesssicht gesehen habe, fühle ich mich besser. Zeit, unter die Motorhaube zu schauen und herauszufinden, warum die komplexe Payroll-Maschine stehen geblieben ist.

      Während ich die Treppen hinuntergehe, hole ich mein Telefon heraus und überfliege meine E-Mails. Meine Konzentration ist schon wieder dahin, als ich sehe, dass Steve meine Beförderung bis jetzt nicht bekannt gegeben hat. Wes Davis und Patty McKee, bisher meine Kollegen, wissen immer noch nicht, dass ich ihr neuer Chef bin.

      Vielen Dank, Steve.

      Als ich Gebäude 7 betrete, trifft mich die Erkenntnis wie ein Schlag. Unser Gebäude ist das Getto des gesamten Campus von Parts Unlimited.

      Gebaut in den 1950ern und zuletzt in den 1970ern renoviert, wurde es offensichtlich nur nach funktionalen Gesichtspunkten entworfen, aber nicht nach ästhetischen. Hier wurden Bremsbeläge hergestellt, bis es zu einem Data Center wurde und man Büroräume einrichtete. Gebäude 7 ist einfach nur alt und heruntergerockt.

      Der Empfangsmitarbeiter lächelt mich an. »Hallo, Mr. Palmer. Wie war der Tag bisher?«

      Einen Moment reizt es mich, ihn zu bitten, mir Glück zu wünschen, damit er diese Woche korrekt bezahlt wird. Aber natürlich grüße ich einfach nur höflich zurück.

      Ich lenke meine Füße zum Network Operations Center – oder wie wir es nennen: dem NOC, wo Wes und Patty sehr wahrscheinlich sein werden. Sie sind nun meine beiden wichtigsten Manager.

      Wes ist Director of Distributed Technology Operations. Er hat die technische Verantwortung für über 1000 Windows-Server, aber auch über die Datenbank- und Netzwerkteams. Patty ist Director of IT Service Support. Sie leitet alle Level-1- und Level-2-Helpdesk-Mitarbeiter, die rund um die Uhr Fragen am Telefon beantworten, Störungen beheben und Anfragen aus dem Business weiterleiten. Zudem ist sie verantwortlich für einige der wichtigsten Prozesse und Tools, auf denen die gesamte IT Operations-Abteilung aufbaut, wie zum Beispiel das Fehlermeldungssystem, das Monitoring und die Change-Management-Meetings.

      Ich gehe an vielen Cubicles vorbei – genauso wie in den anderen Gebäuden. Nur anders als in den Gebäuden 2 und 5 blättert hier die Farbe von den Wänden ab, und im Teppich zeigen sich dunkle Flecken.

      Dieser Teil des Gebäudes war früher die Werkhalle. Als es umgebaut wurde, konnte nicht das gesamte Maschinenöl entfernt werden. Und egal wie viel Grundierung unter dem Teppich aufgetragen wurde – irgendwie schafft es das Öl immer wieder, sich in den Teppich zu mogeln.

      Ich notiere mir, eine Budgetanforderung für neue Teppiche und das Streichen der Wände einzureichen. Bei den Marines war es nicht nur eine Frage der Ästhetik, die Kasernen ordentlich zu halten – es ging auch um Sicherheit.

      Der Mensch ist ein Gewohnheitstier.

      Ich höre das NOC, bevor ich es sehen kann. Es sieht aus wie ein großer Baseball-Bullpen-Bereich, mit langen Tischen an der einen Seite, auf denen der Status der verschiedenen IT-Dienste auf großen Monitoren angezeigt wird. Die Level-1- und Level-2-Helpdesk-Leute sitzen an drei Reihen mit Rechnern.

      Das ist nicht ganz vergleichbar mit der Kontrollstation in Apollo 13, aber so erkläre ich es immer den Verwandten.

      Wenn irgendwo etwas so richtig schiefgeht, braucht man die verschiedenen Beteiligten und Manager an einem Tisch, damit sie das weitere Vorgehen koordinieren können, bis das Problem gelöst ist. Wie jetzt. Am Konferenztisch sind 15 Leute in einer lauten und hitzigen Diskussion rund um eine spinnenartige Freisprecheinrichtung versammelt.

      Wes und Patty sitzen nebeneinander am Konferenztisch, daher stelle ich mich hinter sie, um zuzuhören. Wes lehnt sich auf seinem Stuhl zurück und verschränkt die Arme vor der Brust – zumindest, soweit es eben geht. Mit seinen 1,90 Metern Körpergröße und über 125 Kilogramm Gewicht ist er eine recht beeindruckende Gestalt. Er scheint immer in Bewegung zu sein und hat den Ruf, zu sagen, was ihm gerade durch den Kopf geht.

      Patty ist das genaue Gegenteil. Wo Wes laut und unverblümt ist und aus der Hüfte schießt, denkt Patty nach, analysiert und ist eine Verfechterin von Prozessen und Prozeduren. Wo Wes groß, streitlustig und manchmal sogar zänkisch ist, ist Patty elfenhaft, logisch und besonnen. Ihr eilt der Ruf voraus, Prozesse mehr zu lieben als Personen, und häufig ist sie diejenige, die versucht, Ordnung in das IT-Chaos zu bringen.

      Sie ist das Gesicht der gesamten IT-Organisation. Geht etwas im IT-Umfeld schief, rufen die Leute Patty an. Sie ist die professionelle Apologetin, sei es bei abstürzenden Servern, zu langsam ladenden Webseiten oder – wie heute – bei fehlenden oder kaputten Daten.

      Patty wird auch angerufen, wenn etwas im IT-Bereich zu erledigen ist – das Updaten eines Computers, das Ändern einer Telefonnummer oder das Ausliefern einer neuen Anwendung. Sie kümmert sich um die Planung, daher versuchen die Leute bei ihr immer, ihre eigenen Aufgaben als Erstes erledigt zu bekommen. Patty leitet dann die Aufgaben an diejenigen weiter, die die eigentliche Arbeit machen. Meist geschieht das entweder in meiner alten Gruppe oder in Wes’ Team.

      Wes haut mit der Faust auf den Tisch. »Holt einfach den Hersteller ans Telefon und erzählt ihm, dass wir zur Konkurrenz gehen, wenn sie nicht schnellstens einen Techniker schicken. Wir sind einer ihrer größten Kunden! Eigentlich sollte der ganze Kram schon längst erledigt sein.«

      Er schaut sich um und sagt: »Ihr kennt doch den Spruch, oder? Wie erkennt man, ob ein Verkäufer lügt? Seine Lippen bewegen sich.«

      Einer der Entwickler am Tisch antwortet: »Wir haben sie gerade am Telefon. Sie sagen, es dauert mindestens vier Stunden, bis deren SAN-Techniker vor Ort sein kann.«

      Ich runzle die Stirn. Warum reden sie über das SAN? Storage Area Networks bieten eine zentrale Speichermöglichkeit für viele unserer kritischen Systeme. Geht dort etwas schief, wirkt sich das meist global aus. Nicht nur ein Server würde nicht weitermachen können, sondern Hunderte.

      Während Wes mit dem Entwickler diskutiert, versuche ich, nachzudenken. Nichts bei dem Problem mit der Gehaltsabrechnung hört sich wie ein SAN-Problem an. Ann war der Meinung, es wäre vermutlich irgendetwas mit den Zeiterfassungsanwendungen, die in den verschiedenen Werken im Einsatz sind.

      »Aber nachdem wir versucht hatten, einen Rollback für das SAN durchzuführen, konnte man auf gar nichts mehr zugreifen«, sagt ein anderer Techniker. »Das Display zeigte plötzlich alles auf Japanisch an! Na ja, zumindest sah es wie Japanisch aus. Was auch immer es war, wir konnten uns keinen Reim auf die kleinen Bildchen machen. Da war uns klar, dass wir den Hersteller mit ins Boot holen müssen.«

      Auch wenn ich erst später dazugekommen bin – meiner Überzeugung nach sind wir hier total auf dem Holzweg.

      Ich beuge mich vor und flüstere Wes und Patty zu: »Können wir uns kurz alleine unterhalten?«

      Wes dreht sich zu mir und sagt, ohne richtig auf mich zu achten: »Kann das nicht warten? Falls du es noch nicht mitbekommen haben solltest, wir haben echt ein großes Problem.«

      Ich lege meine Hand fest auf seine Schulter. »Wes, das ist wirklich wichtig. Es geht um das Problem mit der Gehaltsabrechnung und betrifft eine Unterhaltung, die ich gerade mit Steve Masters und Dick Landry hatte.«

      Er schaut überrascht auf. Patty ist schon aufgestanden. »Wir gehen in mein Büro«, sagt sie und führt uns dorthin.

      Als ich Patty in ihr Büro folge, sehe ich dort an der Wand ein Foto ihrer Tochter, die wohl um die