Название | Das große Buch der Bienen |
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Автор произведения | Jutta Gay |
Жанр | Сделай Сам |
Серия | |
Издательство | Сделай Сам |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783625161097 |
4.Den Helfern helfen – was wir für Bienen tun können
Porträt einer Großfamilie
Die große, bunte Welt der Bienen
»Willst du Gottes Wunder sehen, musst du zu den Bienen gehen.«
DEUTSCHES SPRICHWORT
Unser Bild von Bienen ist das von Honigbienen. Wir kennen und schätzen sie als fleißige, emsige Insekten, die von Blüte zu Blüte fliegen, farbige Pollenbällchen an ihren Beinen sammeln und diese in die von Imkern errichteten Bienenstöcke tragen, wo eine Königin, viele Arbeiterinnen und männliche Drohnen einen Staat mit zehntausenden Bewohnern bilden. Verborgen vor unseren Augen füllen sie Waben mit einem süßen Saft an, den auch wir Menschen seit Jahrtausenden lieben und schätzen: Honig. Allein in Deutschland werden pro Jahr rund 90.000 Tonnen des begehrten Bienenprodukts konsumiert! Die Biene – ein domestiziertes Gemeinschaftswesen mit Arbeitsteilung und Hofstaat? All das ist richtig und doch nur Teil der Wahrheit. Tatsächlich ist die Welt der Bienen tausendmal bunter, vielfältiger und anders, als die meisten von uns denken.
APIS MELLIFERA – NUR EINE UNTER TAUSENDEN BIENENARTEN
Die uns vertraute Westliche Honigbiene Apis mellifera dürfte das am besten erforschte Insekt der Welt sein. Körperbau, Ernährung, Schlafgewohnheiten, Lebenszyklen, Kommunikation, Fortpflanzung und Nestbau – nichts, was nicht bis ins kleinste Detail untersucht worden wäre. Jedes Jahr kommen weitere Erkenntnisse hinzu, immer wieder werden neue Aspekte entdeckt, die es zu erforschen gilt. Die Gründe für das intensive Interesse und die Popularität der Honigbiene liegen auf der Hand: Apis mellifera versorgt uns mit Honig und ist jedes Jahr milliardenfach auf Feldern und Obstplantagen überall auf der Welt im Einsatz, womit sie einen entscheidenden Anteil an der Bestäubung und Verbreitung von Blütenpflanzen hat und ertragreiche Ernten möglich macht. Ihr Leben in komplexen Sozialverbänden gilt als vorbildlich und nicht zuletzt ist sie als Vorlage für die wohl berühmteste Biene der Literatur- und Fernsehgeschichte, die Biene Maja, den meisten vertraut, auch wenn das gezeichnete Objekt nur ansatzweise seinen real existierenden Vorbildern gerecht wird. Es gibt also genug Gründe, die Honigbiene auch in den Mittelpunkt dieses Buchs zu rücken. Doch Honigbienen bilden nur einen winzigen Ausschnitt aus der Welt der Bienen, die mehr als 20.000 Arten umfasst. Um diese Vielfalt zu erleben, muss man sich nicht in ferne Länder begeben: Rund 560 verschiedene Arten, meist Wildbienen, sind alleine in Deutschland beheimatet. Sie tragen wie die Honigbiene einen wichtigen Anteil bei der Bestäubung von Wild- und Kulturpflanzen, bereichern die Welt der Insekten mit mannigfachen Farben und Formen und faszinieren nicht zuletzt durch ihre Unterschiede im Sozialverhalten und Nestbau. Auch sie sollen in diesem Buch in angemessener Weise gewürdigt werden.
Eine in Europa weit verbreitete Wildbienenart ist die Rotpelzige Sandbiene, Andrena fulva. Insbesondere die bis zu 14 Millimeter großen Weibchen machen mit einer fuchsroten, dichten Behaarung an der Oberseite des Körpers ihrem Namen alle Ehre.
In der farben- und formenreichen Welt der Bienen zählen die Agapostemon-Bienen aus der Familie der Halictidae dank ihres metallisch glänzenden, grün-goldenen Körpers zweifelsohne zu den auffälligsten Arten.
Rund ein Kilogramm Honig konsumiert jeder Deutsche durchschnittlich im Jahr und belegt damit im weltweiten Vergleich einen der Spitzenplätze.
Sinnbild des sprichwörtlichen Bienenfleißes: In ihren Pollenkörbchen sammeln die Arbeiterinnen den Pollen der Blütenpflanzen und transportieren ihn in den Bienenstock, wo er als Nahrungsmittel dient.
GESCHICHTE UND EVOLUTION DER BIENEN
In den 1920er-Jahren machte Alfred Cary Hawkins in einem Steinbruch bei Kinkora im US-Bundesstaat New Jersey einen bedeutenden Fund. Der engagierte Geologe und Mineraloge entdeckte einen Bernstein, der in seinem Inneren ein knapp sechs Millimeter langes Insekt enthielt. Untersuchungen ergaben, dass es sich hierbei um eine Arbeiterbiene der Gattung Trigona handelte und dass dieses Exemplar vor rund 65 bis 45 Millionen Jahren in einem Harztropfen eingeschlossen wurde. Trigona prisca galt seitdem als älteste fossile Biene der Welt. Da die Gattung Trigona zu der rund 370 Arten umfassenden Gruppe der Meliponini gezählt wird – stachellose Bienen, die wie Honigbienen dauerhafte, über mehrere Generationen bewohnte Kolonien mit Arbeitsteilung gründen –, war überdies der Beweis erbracht, dass seit vermutlich mehr als 50 Millionen Jahren Bienenarten auf der Erde existieren, die sich durch eine soziale Lebensweise auszeichnen.
Fossile Biene
Wie in goldgelben Honig eingetaucht und dort auf ewig konserviert – so sehen die ältesten, in Bernstein eingeschlossenen Exemplare von Bienen aus. Die fossilen Insekten liefern den Beweis dafür, dass die Erde schon vor Jahrmillionen von Bienen bevölkert war, die neben Käfern und Schmetterlingen für die Verbreitung und Diversifikation von Blütenpflanzen sorgten.
2006 wurde ein neues Kapitel in der Geschichte der Bienen aufgeschlagen. In einer Mine im nördlichen Myanmar entdeckte man ebenfalls eine in Bernstein eingeschlossene fossile Biene. Das knapp drei Millimeter kleine Insekt konnte als Exemplar einer bislang unbekannten, nicht mehr existierenden Bienenart identifiziert werden, das in anatomischer Hinsicht Merkmale sowohl mit fleischfressenden Wespen als auch mit pollensammelnden Bienen aufweist. Die wichtigste Erkenntnis diverser Untersuchungen des Fossils jedoch war: Das Alter von Milittosphex burmensis, so der wissenschaftliche Name der fossilen Biene, wurde auf 100 Millionen Jahre geschätzt. Dies entspricht dem erdgeschichtlichen Zeitraum, in dem auch Blütenpflanzen, sogenannte Bedecktsamer, in Erscheinung traten. Dies legt die Annahme nahe, dass die Entwicklung und Verbreitung von Blütenpflanzen die Voraussetzung für die Ausbildung pollensammelnder Bienenarten war. Doch auch der umgekehrte Fall ist denkbar: Bienen könnten die Erde schon vor der Ausbreitung von Blütenpflanzen bewohnt haben, wobei Windblütlerpollen bereits existierender Nadelbäume oder Sporen der Samenfarne ihre Nahrungsgrundlage gebildet hätten. Möglicherweise ist es also die Biene gewesen, die aufgrund ihres pollenbindenden Haarkleids den Impuls zur Entwicklung von Blütenpflanzen gab. Unstrittig ist auf jeden Fall, dass vor 100 Millionen Jahren Bienen und Blütenpflanzen die Vorteile eines Zusammenspiels entdeckten. »Nahrung gegen Verbreitung« heißt das Credo des symbiotischen Verhältnisses, das sich evolutionsgeschichtlich betrachtet schon bald als Erfolgsmodell erwies und zu entsprechenden Koevolutionen führte. Bei den Bienen zeigten sich unter anderem Veränderungen der Mundwerkzeuge sowie Optimierungen der Transportorgane, um Pollen