Du sollst frei sein. Cornelia Schmid

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Название Du sollst frei sein
Автор произведения Cornelia Schmid
Жанр Документальная литература
Серия
Издательство Документальная литература
Год выпуска 0
isbn 9783417229967



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erinnere mich an ein Frauenevent. Wir wollten gerade starten, da ging die Türe auf und eine große Anzahl geistig und körperlich behinderter Menschen kam in den Saal. Manche wurden in Rollstühlen geschoben, andere konnten selbst laufen. Es herrschte eine große Unruhe und ich fragte mich: Werde ich diesen Menschen etwas zu sagen haben?

      Ich sprach über den Neuen Bund, Gottes Liebe zu uns, und redete darüber, dass wir in Gottes Augen wertvoll sind – ohne eigene Leistung, ohne etwas tun, einfach weil wir sind.

      Am Ende der Veranstaltung rollte eine junge, geistig behinderte Frau auf mich zu. Ich musste mich sehr anstrengen, um sie zu verstehen. Sie fragte mich, ob sie meine Notizen haben könnte: Sie würde so gerne nochmals nachlesen, was ich gesagt habe.

      Und dann drückte sie meine beiden Hände und bedankte sich überschwänglich und mit Tränen in den Augen. Ein ums andere Mal wiederholte sie: »Das habe ich heute gebraucht. Ich bin wertvoll, auch wenn ich nichts tun kann!«

      Diese Begegnung hat mich tief beeindruckt. Und ich möchte erzählen, wie ich selbst zu dieser Erkenntnis gelangt bin.

      Im Grunde handelt sich dabei gar nicht um meine Geschichte. Sondern um die Geschichte Gottes mit uns Menschen. Gott wünscht sich Intimität, Gemeinschaft und Freiheit für uns und mit uns. Er hält so viel mehr für uns bereit: vollkommenes Leben. Ewiges Leben, das bereits auf dieser Erde beginnt.

      Viele Jahre hat mein Verstand das gewusst, aber mein Herz hat es trotzdem nicht gespürt. Seitdem ich jedoch begriffen habe, dass Gott in Christus wirklich alles für mich getan hat, wächst die Erkenntnis, dass mein Leben zutiefst von Gottes Liebe lebt.

      Ich bin frei – weil Jesus alles für mich getan hat. Weil er mich frei gemacht hat von mir selbst, von Sünde, von Angst und Sorgen, von Neid und allem, was mich davon abhalten will, Gott mein Vertrauen zu schenken.

      Und ich bleibe frei – denn nichts und niemand kann mich von Gottes Liebe trennen.

       [ Zum Inhaltsverzeichnis ]

      1. Freiheit – von Anfang an

      Wo der Geist des Herrn ist, da ist Freiheit.

      2. Korinther 3,17

      Ich sitze am Steuer meines Autos. Meine Augen tränen, meine Nase läuft, ich bekomme schwer Luft. Draußen explodiert die Natur in frühlingshaften Farben, der Duft von Blüten liegt in der Luft, jemand hat den Rasen gemäht – ich liebe diesen Geruch.

      Aber ich ertrage ihn nicht. Von Jugend an leide ich an Heuschnupfen. Jedes Jahr dieselbe Tortur: Kaum erwacht die Natur nach einem langen Winter, schlucke ich Tabletten, gehe selten aus dem Haus, und wenn, dann nur mit etlichen Päckchen Taschentüchern bewaffnet.

      Ich habe mich daran gewöhnt – das ist eben so. In meiner Verwandtschaft scheint das normal zu sein, ich habe es wohl geerbt. Und immer öfter bekomme ich zu hören: »Eines Tages wird aus diesem Heuschnupfen Asthma. Das wird bei dir nicht anders sein. Das ist der normale Weg.«

      Doch heute ist etwas anders. Ich rieche den Frühling, meine tränenden Augen können sich nicht sattsehen an den unglaublichen Farben von Sträuchern und Bäumen. In mir erwacht eine Sehnsucht nach dem Paradies.

      Gottes Schöpfung – ein Fest für alle Sinne – war doch nicht dazu gedacht, dass ich mich mit verweinten Augen und triefender Nase ins sichere Haus zurückziehe. Je mehr ich über Gott nachdenke, über seine Größe und Kreativität, umso wütender werde ich. Wer ist verantwortlich dafür, dass ich Gottes Schöpfung nicht genießen kann? Wem kann ich die Schuld dafür geben?

      Na klar, dem Teufel natürlich. Ich lebe in einer gefallenen Welt, in einer Welt voller Schuld und Leid. In einer Welt, die dem Tod preisgegeben ist, die eines Tages zu Ende sein wird. Also ist er schuld an meinem Elend.

      Noch während ich diese Gedanken weiterverfolge, schiebt sich eine neue Erkenntnis in meinen Geist und mein Gehirn: Die Bibel sagt, ich bin frei – frei von Schuld, frei von Krankheit, befreit zum Leben. Durch die Wunden von Jesus bin ich geheilt (siehe 1. Petrus 2,24)! Mir gehört ein Leben in Fülle – nicht ein Leben im sicheren Versteck vor Blüten und Pollen.

      Wenn das stimmt, dann hat das Auswirkungen auf meine triefende Nase und meine brennenden Augen.

      Ich sitze immer noch am Steuer meines Autos. Doch meine Sehnsucht bricht sich Bahn. Ich will leben, und ich habe es satt, dass einer versucht, mich an diesem Leben zu hindern!

      Deshalb rufe ich laut: »Lass mich in Ruhe, Teufel, du hast keine Macht über mich. Gott hat mir ein Leben im Überfluss versprochen. Und ich habe es so satt, dass du mich daran hinderst, meinen Schöpfer und seine Schöpfung zu genießen. Schluss jetzt! Verschwinde und komm nie wieder! Ab jetzt werde ich die Natur genießen, ich werde durchatmen, riechen, schmecken und sehen, wie toll mein Gott ist.«

      Inzwischen laufen mir Tränen über die Wangen. Ich fühle mich erschöpft, leer und gleichzeitig befreit und voller Hoffnung. Dass andere Autofahrer irritiert zu mir herschauen, nehme ich nur am Rande wahr.

      Als ich zu Hause aus dem Auto steige, habe ich den Eindruck, in ein neues Leben zu treten. Tastend und vorsichtig stehe ich von nun an jeden Morgen auf. Ich höre auf, mich auf meine Tabletten und Augentropfen zu verlassen. Stattdessen bete ich meinen Schöpfer an. Ich lebe, als ob ich frei wäre. Und langsam, aber stetig begreife ich: Ich bin frei.

      Sieben Jahre ist das nun her. Heute lebe ich ohne Tabletten und ohne Heuschnupfen. Ich begrüße den Frühling nach jedem Winter stürmisch. Wie ein kleines Kind rieche ich am Flieder, an Kirschblüten, an allen möglichen Sträuchern und Blumen. Als ich letztes Jahr am Comer See war, habe ich eine Nacht mitten im berauschenden Duft des Jasmins verbracht. Ich hole nach, was mir all die Jahre geraubt wurde. Und ich liebe meinen Schöpfer und himmlischen Vater noch viel mehr – seit ich seine Freiheit buchstäblich übergestreift habe.

      Gott ist Freiheit

      Gott ist frei in seinem Denken, Fühlen und Handeln. Er ist der Schöpfer des Universums, der seine Schöpfung genießen kann, sich freut an dem, was er tut. Gott ist frei – zu schaffen und zu ruhen. Die ersten Verse in der Bibel zeichnen das Bild eines gewaltigen und freien Gottes.

      Doch mitten in seinem Schaffensprozess schlägt der Blitz ein. Gott erschafft Himmel und Erde. Aber das Ergebnis ist Wüste, Einöde, Leere und Finsternis. Jemand scheint dazwischengefunkt zu haben. Jemand hat etwas gegen Schönheit, Reichtum, Glanz, Fülle und Pracht. Jemand sucht den Schönheitsfehler. Jemand hält nichts von Kreativität in Freiheit.

      Der Feind unserer Freiheit

      Lese ich die ganze Bibel, finde ich denjenigen, der offenbar zwischen 1. Mose 1,1 und 1. Mose 1,2 tätig gewesen ist: Der Engel Luzifer, einer der mächtigen Engel im vordersten Hofstaat Gottes, beansprucht dieselbe Macht, denselben Glanz, dieselbe Ehrerbietung, wie sie nur dem Schöpfer gebührt. Mit einer Armee von Engeln will er Gott den Thron streitig machen und stürzt schließlich vom Himmel (siehe Jesaja 14,12).

      Er kann nur verlieren. Aber die Konsequenzen seiner Tat sind erschütternd: Die Erde wird wüst und leer, in den Tiefen des Universums herrscht Finsternis. Tiefe Dunkelheit. Einöde und Inhaltslosigkeit. Da ist nichts zum Freuen, nichts zum Genießen.

      Der Teufel, auf Griechisch diabolos – Durcheinanderbringer – und Hebräisch satan – Gegner, Widersacher –, ist das genaue Gegenteil Gottes. Gott will Schönheit, der Teufel will Zerstörung und Chaos. Gott will Frieden, der Teufel Krieg. Gott will das Gute, der Teufel das Böse. Laut Offenbarung 12,9 hat sich der Teufel zum Ziel gesetzt, die gesamte Menschheit zu verführen: weg von Gott, hin zu ihm und seinem Reich. Er ist die chaotische Gegenmacht zu Gottes Plan.2

      Es wäre allerdings zu offensichtlich, wenn der Teufel der Menschheit sagen würde: »Ich will Böses und Schlechtes.« Und darum hat er sich eine perfide Taktik ausgedacht: Er ahmt Gott nach. Er verkauft Böses für Gutes, Krieg für