Marcel Proust. Ernst Robert Curtius

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Название Marcel Proust
Автор произведения Ernst Robert Curtius
Жанр Языкознание
Серия
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783731761952



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      Inhalt

       [Cover]

       Titel

       Zitat

       Lebensumriss

       Die Aufgabe des Kritikers

       Kunst und Erkenntnis

       Die Musik

       Intuition und Ausdruck

       Vergänglichkeit und Erinnerung

       Zeit und Raum

       Kunst und Leben

       Klassizismus und Ästhetizismus

       Stilbetrachtung

       Flieder-Studie

       Städtenamen

       Satzrhythmus

       Präzision

       Psychologie und Wirklichkeit

       Wille

       Sensibilität

       Kontemplation

       Soziologische Grundlagen

       Die aristokratische Gesellschaft

       Die menschliche Flora

       Züchtung und Differenzierung

       Die Nuancen der Sprache

       Klassik und Unendlichkeit

       Perspektive

       Relativismus

       Kritik des Lebens und der Liebe

       Platonismus

       Michael Kleeberg: Nachwort

       Französische Originaltexte

       Bildnachweise

       Autorenporträt

       Übersetzerporträt

       Kurzbeschreibung

       Impressum

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      Charles Baudelaire

      Marcel Proust – der Name dieses Schriftstellers, der heute weltberühmt ist, war noch vor wenigen Jahren so gut wie unbekannt. Als Léon Daudet 1917 in seinem Memoirenbande Salons et Journaux von Proust sprach, musste er ihn seinen Lesern erst vorstellen. Prousts Erstlingswerk, eine Sammlung von Skizzen und Studien, die 1896 unter dem Titel Les Plaisirs et les Jours (dt. Freuden und Tage) erschienen war, eingeführt durch eine Vorrede von Anatole France, hatte die Aufmerksamkeit des Publikums nicht zu fesseln vermocht. Auch Du côté de chez Swann (1913) (dt. Unterwegs zu Swann) wurde wenig bemerkt. Léon Daudet nennt dieses Buch zwar »originell, oft verblüffend, verheißungsvoll«, aber als er in seinen Memoiren auf Proust zu sprechen kommt, schildert er ihn doch noch im Wesentlichen als Weltmann und funkelnden Causeur. Er spricht uns von einem Kreis von Künstlern und Schriftstellern, der sich in den Jahren 1900 bis 1905 im Restaurant Weber in der Rue Royale zusammenzufinden pflegte. Manchmal sah man gegen halb acht Uhr abends einen blassen jungen Mann eintreten, der in wollene Schals gehüllt war: »Er ließ sich eine Traube, ein Glas Wasser geben und erklärte, er sei soeben aufgestanden, er habe eine Grippe, er werde sich gleich wieder legen, der Lärm tue ihm weh; er warf unruhige, dann spöttische Blicke um sich, brach schließlich in ein entzücktes Lachen aus und blieb. Bald kamen in zögernd-eiligem Ton Bemerkungen voll überraschender Neuheit und Aperçus voll diabolischer Feinheit über seine Lippen.« Daudet macht den Charme dieses ungewöhnlichen Geistes fühlbar, der alle Gegensätze zu überbrücken wusste. »Auf dem Höhepunkt unserer innerpolitischen Kämpfe vor dem Kriege – es war 1901 – hatte er den Einfall, ungefähr sechzig Personen verschiedener Gesinnung zu sich zum Diner einzuladen. Das ganze Tafelgeschirr hätte in Stücke gehen können. Ich saß zur Seite einer entzückenden Person, die einem Porträt von Nattier oder Largillière glich und die, wie ich erfuhr, die Tochter eines sehr bekannten israelitischen Bankiers war. Am benachbarten Tisch präsidierte Anatole France. Die erbittertsten Feinde verzehrten, nur zwei Meter voneinander entfernt, ihr Geflügel. Aber das Fluidum von Verständnis und Wohlwollen, das von Marcel Proust ausstrahlt, breitete sich wirbel- und spiralförmig im Speisezimmer und in den Salons aus, und für zwei Stunden herrschte die aufrichtigste Herzlichkeit unter den Atriden. Ich glaube, dass niemand anders in Paris dieses Kunststück hätte vollbringen können.« Daudet spricht dann von Prousts erlesener literarischer Kultur, von seinem Humor, seinem psychologischen Spürsinn und schließt: »Wenn es ihm gelingt, sich eine Richtung zu geben, sich zusammenzuhalten und zu einer geordneten literarischen Form zu kommen, so wird er eines schönen Tages irgendetwas Erstaunliches schreiben, eine Randglosse zum Leben.« Das war 1917 geschrieben.

      Fünf Jahre später nennt derselbe Léon Daudet Proust »einen der ersten Schriftsteller unserer Literatur«. Und Paul Valéry schreibt: »Auch wenn ich keine Zeile dieses umfassenden Werkes gelesen hätte, würde mir die Tatsache, dass zwei so unähnliche Geister wie Gide und Léon Daudet über seine Bedeutung einig sind, genügen, um mich gegen den Zweifel zu sichern; ein so seltenes Zusammentreffen kann nur in nächster Nähe der Gewissheit stattfinden. Wir dürfen ruhig sein: die Sonne scheint, wenn sie es gleichzeitig verkünden.«

      1917 bis 1922 … in der kurzen Spanne dieser Jahre reifte für Marcel Proust das Schicksal: Ruhm, Tod, Vollendung.

      Wie lange hat ein Stendhal, ein Balzac, ein Flaubert auf das Verstehen warten müssen! Marcel Proust – und warum soll ich nicht gleich meine Überzeugung aussprechen, dass