Название | Das Abenteuer am Wasserturm |
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Автор произведения | Bo Ingvar Nilsson |
Жанр | Книги для детей: прочее |
Серия | |
Издательство | Книги для детей: прочее |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9788711489970 |
Es war Wahljahr, und das war vielleicht der Grund, warum der Stadtrat persönlich die Begrüßung übernommen hatte. Er versprach zuerst den obligatorischen gemeinsamen Gesang, dann ein Operetten-Potpourri und zum Schluß eine Popgruppe, eine der Gruppen, der die Stadt ein Lokal für ihre Proben zur Verfügung gestellt hatte. Nun sollte die Gruppe zum ersten Mal vor einem größeren Publikum auftreten. Der Stadtrat Rosenberg war mit dem Rednerpult vertraut und hatte Spaß daran, seine eigene Stimme zu hören, so daß es etwas dauerte, bis das Singen anfangen konnte. Singen gehörte nicht gerade zu Alex’ und Assemanns Lieblingsbeschäftigungen, aber Andy war selbstverständlich Feuer und Flamme und setzte sich in eine der vordersten Reihen. Er bekam auch sofort ein Liederheft vom Kulturassistenten der Stadt, der zufrieden feststellen konnte, daß es sich an diesem ersten Donnerstagskonzert wohl um einen Publikumsrekord handelte.
Das Durchschnittsalter der Zuschauer war ziemlich hoch, und mehr als die Hälfte waren sicherlich Rentner. Außer Andy natürlich. Alex und Assemann gingen zum Ausschank, kauften sich eine Limo und schauten über das Publikum. Vorne rechts sahen sie einen kurzgeschorenen Schädel, der kaum über die Rückenlehne reichte.
„Aber hören kann man ihn bis hierher“, seufzte Assemann.
„Unglaublich!“
„Du hättest ihn heute in der Schule hören sollen“, sagte Alex.
„Man hörte ihn sogar bis zu unserer Schule in Ör“, log Assemann kichernd.
Vorne auf der Bühne stand der Stimmungsmacher, der vor vielen Jahren einmal in einer Rundfunksendung aufgetreten war und seitdem nie vergaß, sich als Star zu bezeichnen. Jahraus, jahrein bemühte er sich, die neuesten Hits anzustimmen und das Publikum bei Laune zu halten. „Stell dir vor, eines Tages, wenn wir so alt sind, sitzen wir vielleicht jeden Donnerstag hier und jodeln irgendwelche Schunkellieder“, sagte Assemann.
„So tief werden wir nie sinken“, meinte Alex. „Aber es soll natürlich tragische Fälle geben, bei denen es schon in jungen Jahren so weit ist.“ Er nickte in Richtung Andy, der sich jetzt bei zwei alten Damen eingehängt hatte und vergnügt hin und her schaukelte.
„Wir müssen ein Ausschlußverfahren gegen ihn einleiten“, stöhnte Assemann.
„Nein, aber wir werden mit ihm einen Arzt aufsuchen. Er muß eine schwere Kindheit gehabt haben, der Arme. Es ist vielleicht auch ganz natürlich, wenn man seit dem Sandkasten nur mit uns beiden zusammengewesen ist.“
„Vielleicht hast du ihn mit der Schaufel gehauen?“
„Und du hast ihn wohl mit Sand beworfen, den Armen.“
„Deshalb sitzt er jetzt hier und lallt, es ist tragisch.“
Sie gingen zu ein paar Birken, die gleich neben dem Ausschank wuchsen und kletterten hinauf. Von dort oben hatten sie eine herrliche Aussicht und konnten das Gedränge der Sundbybergbewohner in ihrer Sommerkleidung betrachten.
Der Gesang war zu Ende, aber auch der folgende Beitrag traf nicht Alex’ und Assemanns Geschmack. Eine kräftig geschminkte Primadonna sang eine Melodie nach der anderen aus Operetten wie der Fledermaus, der Schönen Helena, der Fröhlichen Witwe und wie sie nun alle hießen.
„Wenn sie so gesungen hat, als ihr Alter noch lebte, ist mir schon klar, warum sie Witwe wurde“, seufzte Alex. Das Publikum teilte aber nicht Alex Svenssons Meinung. Man ging mit und stimmte in den Refrain ein. So auch Andy, das konnten seine Freunde deutlich hören.
„Wir tun so, als würden wir ihn nicht kennen, bis die ganzen Leute weg sind“, versprachen sie einander.
Der größte Teil der Zuschauer brach auf, als die Popgruppe die Bühne betrat. Als der Sänger zu dem Mikrophon lief und rief: „Hallo, Hallo, eins, zwei, drei!“ und zwei Gitarristen gleichzeitig die Lautsprecher testeten, begriffen viele der Rentner, was die Uhr geschlagen hatte, und machten sich davon. Die Jüngeren blieben erwartungsvoll sitzen.
Der Stadtrat Rosenberg kam nochmals auf die Bühne und hieß die Gruppe herzlich willkommen. Er fragte, ob sie einen Namen hätte. Ein Mädchen in schwarzer Lederkleidung mit einer Unmenge Metallnieten und mit wilder Frisur trat ans Mikrophon.
„Hallo! Wir nennen uns ‚Katja Kocht die Katze‘.“
Der Stadtrat geriet völlig aus der Fassung und zog sich bleich und still zurück. Gleichzeitig brach das große Geheule los. Die Vibrationen reichten bis zu Alex und Assemann in den Birken. Andy kam herbeigeschlendert, und auch er fand eine Birke, die er hochklettern konnte.
„Wollen wir ihn runterschütteln?“ fragte Assemann.
„Nein, er hat Süßigkeiten gekauft.“
Es war eine imposante Tüte Süßigkeiten, die Andy besorgt hatte, und er warf den beiden anderen ein paar Lakritzmäuschen zu.
„Er hat ja auch seine guten Seiten.“
„Ja, er hat wohl begriffen, daß er uns bestechen muß, um nicht von den Drei Assen ausgeschlossen zu werden.“
‚Katja Kocht die Katze‘ spielte ganz gut, aber schon nach einer halben Stunde gingen der Band die Lieder aus. Die Musiker bedankten sich für den Beifall und fingen an, ihre sieben Sachen zusammenzusuchen. Von dem Stadtrat fehlte jede Spur. Die letzten Zuschauer begaben sich nach Hause.
„Und was machen wir jetzt?“ fragte Andy, während sie von den Birken runterrutschten.
„Wir klettern den Berg zum Wasserturm hoch. Von dort aus hat man eine tolle Aussicht. Man kann sogar den Flugplatz von Bromma sehen.“
Abendliche Kletterpartie
Der Berg, auf dem der Wasserturm stand, war vielleicht zehn bis zwölf Meter hoch und teilweise sehr steil. Die Gemeinde hatte zwar eine Treppe angelegt, aber diese sprach die Drei Asse nicht an.
„Dort“, sagte Assemann. „Da oben ist eine Art Felsabsatz. Wir können dorthin klettern, uns hinsetzen und den Rest von Andys Süßigkeiten aufessen. Dabei könnten wir die Aussicht genießen. Von dort sind es bestimmt nur ein paar Meter bis zum Turm.“
Und dort standen ja ihre Fahrräder.
Assemann kletterte zuerst los, und weil sie Assemann hieß, wählte sie natürlich den schwersten Weg. Ein kurzes Stück war es tatsächlich so, als ob der Felsen sich nach außen bog. Es war sehr schwierig, mit einem Fuß auf einem Felsabsatz und mit einer Hand in einem kleinen Spalt das Gleichgewicht zu halten, während der andere Fuß frei in der Luft hing und die andere Hand sich vorsichtig über die Unebenheiten weitertastete, auf der Suche nach einem Halt.
Andy, der kürzeste der drei, hatte Schwierigkeiten mitzuhalten. Seine Beine schienen manchmal nicht lang genug, um denselben Kletterweg zu schaffen, den die anderen eingeschlagen hatten. Es dämmerte schon, und das machte es noch schwieriger zu entdecken, wo die Unebenheiten und die Risse lagen.
Hätte man sich auf dem Felsabsatz befunden, auf den die Drei Asse zustrebten, hätte man zuerst Assemanns rechte Hand in der Dunkelheit auftauchen sehen. Danach hätte man ihr kurzgeschnittenes Haar und einen Kopf mit Honigkuchenaugen entdeckt. Ein Paar Ohrringe in Silber mit einem grünen Stein hätten angedeutet, daß es sich um ein Mädchen handelt. Danach tauchte ein graues langärmeliges T-Shirt über der Kante auf, im gleichen Augenblick, als sich ein Bein hinüberschwang. Am Ende des Beines saß ein alter, verschlissener Turnschuh. Das gleiche Muster wiederholte sich, aber bedeutend langsamer und vorsichtiger, als Alex sich dem Absatz näherte. Wenn Assemann der Kletteraffe der Drei Asse war, so war Alex ihr einfallsreicher Denker. Er war mager, nicht allzu groß, und sein Kopf war reichlich mit blonden Haaren versehen, die in alle Windrichtungen abstanden. Haare kämmen gehörte nicht zu Alex’ Lieblingsbeschäftigungen. Als Alex sein Bein über die Kante streckte, konnte man sehen, daß er einen blauen Overall und hellblaue Turnschuhe trug. Als auch er den Absatz erreicht hatte, bewegte er sich vorsichtig und überlegte jede Bewegung. Seine Eltern konnten sich kaum daran erinnern, daß das Kind jemals hingefallen sei oder sich verletzt hätte.
Assemann