Название | Deutsche Geschichte |
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Автор произведения | Ricarda Huch |
Жанр | Документальная литература |
Серия | Sachbücher bei Null Papier |
Издательство | Документальная литература |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783962817725 |
Neben Heinrich dem Löwen und Adolf von Holstein waren Erzbischof Wichmann von Magdeburg und Albrecht der Bär große Kolonisatoren. Beide stammten aus der Gegend des Harzes. Erzbischof Wichmann hat das Land Jüterbog besiedelt und die Stadt Jüterbog gegründet und mit dem Magdeburger Recht beschenkt. Der schöne, lebenslustige Mann, ein treuer Anhänger des Kaisers, gehörte zu den Gegnern Heinrichs des Löwen, suchte aber doch immer eine persönliche Verständigung zu ermöglichen. Er hielt seine Stadt Magdeburg in fester Hand; aber von ihm stammt eine Urkunde, in der er bei Begründung einer Schusterinnung festsetzt, dieselbe solle keine andere als selbstgewählte Behörden über sich haben, weil Ehre und Nutzen ohne Freiheit als gemeine Knechtschaft anzusehen sei. Mit derselben Liberalität verfuhr er bei Ansetzung der Siedler; sie brauchten weder Haus- noch Bodenzins zu zahlen, bis sie einen genügenden Ertrag ihres Anbaus erzielt hatten. Albrecht der Bär hat die Altmark und die Mark Brandenburg an das Reich gebracht und mit Deutschen besiedelt. Er hatte mit dem slawischen Fürsten von Brandenburg einen Erbvertrag geschlossen, und es ist überliefert, als derselbe gestorben sei, habe seine Frau seinen Tod verheimlicht, bis der von ihr benachrichtigte Albrecht unbemerkt angekommen sei, um die Regierung zu übernehmen. Auch die Lausitzen, die jahrhundertelang ein zwischen Polen, Böhmen und Deutschen schwankender Besitz waren, wurden um diese Zeit endgültig germanisiert. Schon der berühmte Wiprecht von Groitzsch, der zurzeit der letzten salischen Kaiser auf den Granitfelsen bei der späteren Stadt Bautzen als Markgraf mächtig waltete, hatte Franken, Holsten, Bayern und Türinger ins Land gerufen, die in den Namen noch blühender Familien eine Spur gelassen haben. Für die Christianisierung und Germanisierung der Gegend der südlichen Elbe und ihrer Nebenflüsse waren von jeher die Bischöfe von Meißen tätig.
Was die Bauern von Westfalen, Holland, Friesland, Flandern veranlasste, ihre Heimat aufzugeben und auszuwandern bis in die Wälder eines ungarischen Grenzlandes, wo Wolf und Luchs und Elentier heimisch waren, darüber kann man nur Vermutungen anstellen. Aus zeitgenössischen Andeutungen muss man schließen, dass es zum Teil Küstenbewohner waren, denen Sturmfluten das noch nicht eingedeichte Land entrissen hatten, zum Teil diejenigen Bauernsöhne, die, während der Jüngste nach holländischem und flämischem Recht den Hof erbte, ihr Glück in der Fremde zu suchen pflegten. Aber abgesehen von den besonderen Umständen ist es natürlich, dass aus dem überreich besiedelten Westen stets ein Teil der Bevölkerung abzuströmen bereit war. Man sieht, wie groß die Zahl der freien Bauern im nordwestlichen Deutschland noch gewesen sein muss, denn die Hörigen würden ihre Herren nicht in so großer Zahl entlassen haben. Dass die benachbarten Grundherren sie bedrückten und abhängig zu machen suchten, wird sie mit bewogen haben, den weiten Weg nach dem Osten zu wagen.
Deutschland konnte noch verschwenden mit Land und mit Menschen. Zahllose wurden aufgerieben, zahllose waren sofort wieder da, ebenso kampflustig, arbeitstüchtig und todbereit, und unabsehbar harrten ihrer rauen Hände die lehmige Scholle, der Sumpf, die unendlichen Eichen- und Buchenwälder. Dass ein so weites, nur dünn bewohntes Gebiet zwischen Elbe und Oder und zwischen Oder und Weichsel dem wachsenden Volke als Kolonialland zur Verfügung stand, war ein unermessliches Glück. Es bedeutete nicht nur einen Machtzuwachs, sondern es gab dem ganzen Volke Gelegenheit zur Betätigung, den Armen Brot und verhinderte, dass Massenarmut entstand. Waren die Städte des Westens überfüllt, so konnte hier, auf dem Lande und in neugegründeten Städten, die Freiheit eine Zuflucht finden.
Die letzten Hohenstaufer
Was die Langobarden, was die Karolinger, was die starken Ottonen und die herrischen Salier vergebens erstrebten, das schien nun den Staufen zuzufallen: die Herrschaft in Italien. Das südliche Reich, das im Besitz Griechenlands geblieben war, das dann die Normannen erobert und zur Verfügung des Papstes gestellt hatten, das hatte Barbarossa an seinen Sohn gebracht. Eine neue märchenhafte Welt tat sich den Deutschen auf, wo das Grab des großen Zauberers Virgil und der Eingang zu den Höhlen des Hades waren, wo die heidnischen Sarazenen mit den Künsten des Orients die christliche Seele berückten. Vom Baltischen Meere bis zum Adriatischen und zum Mittelmeere breitete sich das Heilige Reich und schon wuchs es hinüber nach Afrika und nach Asien. Es verlor nicht im Norden, was es im Süden gewann, vielmehr dehnte es sich weiter und weiter nach dem Osten, und bald konnten seine Kaufleute, ohne fremdes Gebiet zu berühren, Bernstein von der samländischen Küste nach Palermo führen. Inmitten des mittäglichen Glanzes, der wie ein Mantel von Feuer das Stauferreich umstarrte, lief zuweilen ein Schauer über die Seele des deutschen Volkes. War es das ahnungsvolle Bewusstsein, dass es nicht gut ist, die Höhe erreicht zu haben, weil alle natürlichen Dinge sich auflösen müssen und von der Höhe zur Tiefe streben? An der Mosel sah man auf schwarzem Geisterroß Dietrich von Bern vorübergleiten. Trieb den Unbesiegbaren die Sorge um sein bedrohtes Volk? Ein anderer Schatten rührte sich im aufgewühlten Abgrund und stieg warnend ans Licht: der Antichrist. Immer von Zeit zu Zeit beunruhigte diese apokalyptische Gestalt die Gemüter; jetzt zog ihn das Gefühl des Endes herbei, den man auch den Endekrist nannte. In dem Spiel vom Antichrist, das wahrscheinlich am Ende des 12. Jahrhunderts in Deutschland aufgeführt wurde, mischte sich dies Endgefühl mit dem stolzen Bewusstsein der durch den König verwirklichten Weltherrschaft. Seinen Triumph, dem sich alle Mächte unterordnen, den auch Frankreich anerkennt, das auf die Nachfolge Karls des Großen und die Weltherrschaft Anspruch erhob, unterbricht der Antichrist mit den Schicksalsworten: Meines Reiches Stunde ist gekommen. Nicht die Reichsfeinde führen seinen Sturz herbei, von der gottähnlichen Macht des Bösen umgarnt, steigt er selbst vom Throne und legt seine Krone dem Antichrist zu Füßen. Wie im germanischen Mythos von der Götterdämmerung der Bruch des Rechtes durch die Götter das Ende herbeiführt und rechtfertigt, so hier der Abfall des Kaisers von Gott, da er das verlarvte Böse nicht mehr vom echten unterscheidet.
Die Nachricht vom fernen Tode Barbarossas ging wohl wie eine Wolke über die Mittagsglut des Reiches; aber sie brannte fort, obwohl der Umstand, dass die Söhne der Heroen entartet zu sein pflegen, den Übergang der Herrschaft auf die Erben eines Großen gefährlich macht. Alle Kinder Friedrichs I., seine fünf Söhne, wie seine