Deutsche Geschichte. Ricarda Huch

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Название Deutsche Geschichte
Автор произведения Ricarda Huch
Жанр Документальная литература
Серия Sachbücher bei Null Papier
Издательство Документальная литература
Год выпуска 0
isbn 9783962817725



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sein soll. Ohne Er­folg für die Päps­te zog sich der Krieg um Si­zi­li­en hin, bis Cle­mens IV. den Bru­der des Kö­nigs von Frank­reich, Karl von An­jou, ihn zu füh­ren be­wog. Man­fred fiel in der un­glück­li­chen Schlacht bei Be­ne­vent; zwei Jah­re spä­ter wur­de Kon­ra­din, der sech­zehn­jäh­ri­ge Sohn Kö­nig Kon­rads und der Eli­sa­beth von Bay­ern, in der Schlacht bei Tag­lia­coz­za be­siegt und in Nea­pel hin­ge­rich­tet. Es war im Jah­re 1268. Die Schan­de, mit der dies un­er­hör­te Ver­fah­ren den Na­men Karl von An­jou un­ver­tilg­bar be­fleck­te, war die ein­zi­ge Stra­fe, mit der das Schick­sal den Hen­ker des jun­gen Kö­nigs zeich­ne­te. Das un­kö­nig­li­che und un­rit­ter­li­che Wü­ten ge­gen den Hoch­ge­bo­re­nen und sei­ne Ge­treu­en er­reg­te Wi­der­wil­len nicht nur bei den Ghi­bel­li­nen Ita­li­ens und Sym­pa­thie für den Jüng­ling, der mit An­mut und dem An­stand ei­nes Kö­nigs zu ster­ben wuss­te. Es wird er­zählt, dass Kon­ra­din, nach­dem sei­ne Wit­we ge­wor­de­ne Mut­ter sich mit dem Gra­fen Mein­hard von Ti­rol ver­mählt hat­te, sich nicht mehr vor ihr er­hob, wie er frü­her ge­tan hat­te, und das da­mit be­grün­de­te, dass sie ihr er­lauch­tes Ge­schlecht durch die Hei­rat mit ei­nem weit un­ter ihr Ste­hen­den ver­leug­net habe; er als Kö­nig und Sohn des Kai­sers wer­de ihr nun nicht mehr die Ehre er­wei­sen, die der rö­mi­schen Kai­se­rin ge­bührt habe. Der Fluch der Kir­che und der Ab­fall des Glückes beug­ten den Stolz des Ho­hen­stau­fen­blu­tes nicht. Wie ge­ring auch die Aus­sicht war, den Kampf zu ge­win­nen, in dem sein mäch­ti­ger Groß­va­ter, sein Va­ter und sein Oheim ge­schei­tert wa­ren, er wuss­te, dass sei­ne Ehre for­der­te, ihn auf­zu­neh­men und sei­nen Vor­fah­ren, wenn nicht an Glück und Ruhm, so doch an ho­hem Sinn zu glei­chen, und starb kö­nig­lich. Jahr­zehn­te spä­ter zeich­ne­te ein Mönch von Win­ter­thur eine er­staun­li­che Nach­richt auf, die ihm mit­ge­teilt wor­den war: als Kö­nig Kon­rad­ins Haupt ge­fal­len sei, habe sich ein Ad­ler mit ra­schem Flu­ge vom Him­mel her­ab­ge­stürzt, habe sei­nen rech­ten Flü­gel durch das Kö­nigs­blut ge­zo­gen und sei so, mit blu­ti­ger Schwin­ge, auf­ge­stie­gen und in den Wol­ken ver­schwun­den. So ließ der Volks­glau­be das Her­ren­ge­schlecht in die gött­li­che Hei­mat zu­rück­keh­ren.

      Weit­hin leuch­tend wie die Mit­tags­hö­he des Reichs und der Stau­fer war ihr Un­ter­gang. Hein­rich, Fried­richs Erst­ge­bo­re­ner, wur­de von sei­nem Va­ter zum rö­mi­schen Kö­nig und Re­gen­ten von Deutsch­land be­stimmt, eine Be­las­tung, für die er nicht nur zu jung, son­dern auch, wie es scheint, zu leicht­her­zig, zu we­nig klug und zu we­nig cha­rak­ter­voll war. Er er­zürn­te sei­nen Va­ter da­durch, dass er sich von der un­ge­lieb­ten Mar­ga­re­te von Ös­ter­reich schei­den woll­te, um Ag­nes von Böh­men zu hei­ra­ten, und er verd­arb es mit den Fürs­ten, weil er die Städ­te be­güns­tig­te. Fried­rich ver­fuhr ge­gen ihn mit mehr als Här­te, mit ei­ner Grau­sam­keit, die den Sohn zum Äu­ßers­ten trieb; er kne­bel­te ihn so mit Vor­schrif­ten und Be­din­gun­gen, dass er den Kö­nigs­na­men fast zum Hoh­ne trug. Als der Rat­lo­se sich mit den lom­bar­di­schen Städ­ten ver­bün­de­te, bat Fried­rich selbst den Papst, sei­nen Sohn zu ex­kom­mu­ni­zie­ren. Er lag erst in Hei­del­berg ge­fan­gen und wur­de dann nach Apu­li­en ge­bracht. Die Ge­le­gen­heit wahr­neh­mend, als er aus ei­nem Ker­ker in einen an­de­ren ge­führt wer­den soll­te, riss er sich un­ter­wegs von sei­nen Beglei­tern los und stürz­te sich mit sei­nem Pferd in den Ab­grund. Er war noch nicht drei­ßig Jah­re alt. Fried­rich ließ ihn in ein mit Gold und Sil­ber ge­stick­tes Ge­wand klei­den, worin Ad­ler­fit­ti­che ein­ge­webt wa­ren, und in ei­nem mar­mor­nen Sar­ko­pha­ge in der Kir­che von Co­sen­za bei­set­zen.

      En­zio, der Sohn ei­ner ad­li­gen Deut­schen, der, wie man sag­te, dem Va­ter am meis­ten ähn­lich sah, soll ver­sucht ha­ben, in ei­nem Fas­se ver­bor­gen der bo­lo­gne­si­schen Ge­fan­gen­schaft zu ent­flie­hen, aber durch eine sei­ner gol­de­nen Lo­cken ver­ra­ten wor­den sein. Lan­ge er­hei­ter­ten ihm Lie­be und Freund­schaft und die ei­ge­ne Lie­bens­wür­dig­keit die Öde der Ge­fan­gen­schaft; aber im Lauf der Jah­re ver­stumm­ten sein Ge­sang und sei­ne Ge­dich­te. Er starb im Jah­re 1272, über­leb­te also Kon­rad­ins Tod um vier Jah­re. Fried­richs Toch­ter Mar­ga­re­te, die den Wet­ti­ner Al­brecht von Mei­ßen ge­hei­ra­tet hat­te, muss­te ei­ner Ge­lieb­ten ih­res Man­nes wei­chen und starb bald dar­auf in ei­nem Klos­ter in Frank­furt am Main. Die Sage er­zählt, sie habe, als sie bei Nacht flüch­tend ihre Kin­der habe ver­las­sen müs­sen, ih­ren klei­nen Sohn Fried­rich vor Schmerz in die Wan­ge ge­bis­sen. Er trug spä­ter den Bein­amen »mit der ge­bis­se­nen Wan­ge« oder der Frei­di­ge. Er be­trach­te­te sich als den Er­ben Si­zi­li­ens, ohne den An­spruch je­mals ver­fech­ten zu kön­nen. In der Art, wie er in­mit­ten der größ­ten Wi­der­wär­tig­kei­ten im­mer hei­ter blieb, so­gar zu scher­zen lieb­te, zeig­te er die Ei­gen­art der stau­fi­schen Ah­nen. Sein Sohn, Fried­rich der Lah­me, ein lieb­li­cher Jüng­ling, wur­de in der Nähe von Leip­zig er­mor­det. Bea­trix, die jun­ge Toch­ter des er­mor­de­ten Kö­nigs Phil­ipp, starb, war es Zu­fall oder dunk­ler Zu­sam­men­hang, kurz nach­dem sie die Frau Ot­tos, des Nach­fol­gers ih­res Va­ters ge­wor­den war. Mit Gei­er­bli­cken späh­te das Ge­schick nach je­dem ge­zeich­ne­ten blon­den Haup­te, wo im­mer es sich ver­barg.

      Wenn das Gerücht um­ging, Kon­rad, der Sohn der Kai­se­rin Isa­bel­la, sei von sei­nem Halb­bru­der Man­fred ver­gif­tet, und wie­der­um, Kon­rad habe Hein­rich, den Sohn der Kon­stan­ze von Ara­gon, Fried­richs ers­ter Frau, um­brin­gen las­sen, so sieht man, dass seit Hein­rich VI. ein düs­te­rer, fast dia­bo­li­scher Zug sich in das Ant­litz der Dy­nas­tie ein­ge­gra­ben hat­te. Im Ge­dächt­nis der Deut­schen er­hielt sich da­von nichts. Sie ver­ehr­ten in ih­nen die Im­pe­ra­to­ren, die den ho­hen Ge­dan­ken des Hei­li­gen Rö­mi­schen Rei­ches deut­scher Na­ti­on glor­reich ver­kör­per­ten. Ihr Da­sein emp­fin­det man zwi­schen den Trüm­mern des Palas­tes von Geln­hau­sen, wenn man un­ter den ge­bro­che­nen Bo­gen des fest­li­chen Saa­l­es über die wu­chern­den Ge­bü­sche der Wei­den und Schwarz­pap­peln hin­weg zur Ma­ri­en­kir­che hin­über­sieht, wenn man auf den ge­stürz­ten Ka­pi­tel­len die ed­len Li­ni­en der stau­fi­schen Ad­ler er­kennt, wenn man in den Gas­sen der klei­nen, ärm­li­chen Stadt den schnei­den­den Atem des Schick­sals spürt. Oder man fühlt es beim Ho­hen­stau­fen, wo Graf Fried­rich von Bü­ren, nach­dem er Schwie­ger­sohn Hein­richs IV. ge­wor­den war, die Burg er­bau­te, nach der sich künf­tig sei­ne Fa­mi­lie nann­te. Von die­ser Burg, wo die un­glück­li­che Ire­ne, des er­mor­de­ten Kö­nigs Phil­ipp jun­ge Wit­we, nach­dem sie ein Kind ge­bo­ren hat­te, mit die­sem starb, ist nichts üb­rig­ge­blie­ben; der Wind streicht über Gras und Stei­ne. Aber die­sen nied­ri­gen Hü­gel, an des­sen Fuße Scha­fe wei­den, um­zieht ein geis­ter­haf­ter Saum, türmt die Erin­ne­rung hoch zu ei­nem he­ro­i­schen Mal. Nichts hat sich ver­wirk­licht, was die großen Träu­mer woll­ten, die von hier aus­gin­gen; aber sie selbst wur­den un­s­terb­lich an ih­ren ver­geb­li­chen Ta­ten.

      Als Kö­nig Het­tel von He­ge­lin­gen die Kun­de von der schö­nen Hil­de ver­nahm, de­ren Va­ter, der Kö­nig von Ir­land, alle, die um sie war­ben, tö­ten ließ, be­mäch­tig­te sich sei­ner der Wunsch, die ver­bo­te­ne Frucht zu be­sit­zen; und er ver­sam­mel­te sei­ne Va­sal­len und Freun­de, um mit ih­nen zu be­ra­ten, auf wel­che Wei­se er sie ge­win­nen kön­ne. Da schlug Herr Fru­te von Dä­ne­mark vor, sie woll­ten Schif­fe mit Wa­ren be­la­den