Die 15 beliebtesten Kinderbücher in einem Band (Illustriert). Гарриет Бичер-Стоу

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Название Die 15 beliebtesten Kinderbücher in einem Band (Illustriert)
Автор произведения Гарриет Бичер-Стоу
Жанр Книги для детей: прочее
Серия
Издательство Книги для детей: прочее
Год выпуска 0
isbn 9788027204557



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und ich brauchte ziemlich lange Zeit, an sie heranzukommen, da ich mich durch die Gebüsche schleichen und oft genug auf allen vieren kriechen musste.

      Es war beinahe finstere Nacht, als meine Hände den rauen Fels berührten. Unmittelbar unter demselben befand sich eine ganz kleine grüne Rasenmulde, deren Ränder von etwa knietiefem Unterholz bedeckt waren, das an dieser Stelle sehr reichlich wuchs, und mitten in der Mulde sah ich richtig ein kleines Zelt aus Ziegenfellen, ähnlich wie die Zelte, mit denen die Zigeuner in England herumziehen.

      Ich sprang in die Mulde hinab, hob die Seitenwand des Zeltes hoch und sah Ben Gunns Boot – eine richtige Hausarbeit: ein plumper Rahmen von zähem Holz, der mit Ziegenfellen überzogen war; die Haare waren nach außen gekehrt. Das Ding war winzig klein, selbst für einen Knaben wie mich, und ich konnte mir kaum vorstellen, dass es einen ausgewachsenen Mann hätte tragen können. Es hatte eine einzige Ruderbank in der Mitte, eine Art Sperrholz im Bug und als Fortbewegungsmittel ein Doppelruder.

      Ich hatte damals noch kein Korbboot gesehen, wie die alten Britannier sie machten; seitdem habe ich eins gesehen und kann von Ben Gunns Boot keine bessere Vorstellung geben, als indem ich sage, dass es aussah wie das erste und unbeholfenste Korbboot, das ein Mensch geschaffen hat. Aber den Hauptvorzug eines solchen Korbbootes oder Korakels besah es allerdings: es war außerordentlich leicht und tragbar.

      Da ich nun das Boot gefunden hatte, so möchte man vielleicht denken, ich wäre jetzt lange genug von meinem Posten fortgeblieben. Aber mittlerweile war ich auf eine andere Idee gekommen, die mir so ungeheuer verlockend schien, dass ich glaube, ich würde sie ausgeführt haben, selbst wenn Kapitän Smollett es mir ausdrücklich verboten hätte: ich wollte im Schutze der Dunkelheit mit meinem Korakel an die Hispaniola heranfahren, ihr Ankertau durchschneiden, und sie auf den Strand gehen lassen, wo sie Lust hatte. Ich war fest überzeugt, dass die Meuterer, nachdem sie am Morgen ihre blutigen Schläge erhalten hatten, keinen sehnlicheren Wunsch hatten, als Anker zu lichten und in See zu stechen. Und dies zu verhindern, schien mir eine grossartige Heldentat zu sein. Da ich jetzt gesehen hatte, dass ihre Wache auf dem Schiff kein Boot zur Verfügung hatte, so glaubte ich, es sei kein grosses Wagnis, ihnen diesen Streich zu spielen.

      So setzte ich mich denn nieder, um die völlige Finsternis abzuwarten, und aß mich tüchtig an meinen Zwiebäcken satt. Es war eine Nacht, wie ich sie mir unter tausend Nächten für mein Vorhaben nicht besser geeignet hätte denken können. Der Nebel hatte jetzt den ganzen Himmel überzogen. Als der letzte Schimmer des Tages verschwand, senkte völlige Finsternis sich auf die Schatzinsel herab. Und als ich schließlich das Korakel auf meine Schulter nahm und mich aus der kleinen Mulde heraustastete, wo ich meine Abendmahlzeit verzehrt hatte, waren auf dem ganzen Ankergrunde nur zwei Punkte sichtbar.

      Der eine war das grosse Feuer am Strande, an welchem die von uns geschlagenen Piraten lagen und ein wildes Zechgelage hielten. Der andere, ein winziges Lichtfünkchen in der schwarzen Finsternis, zeigte die Lage des verankerten Schiffes an. Die Hispaniola hatte sich in der Ebbströmung gedreht, so dass ihr Bug jetzt mir zugekehrt war; das einzige Licht an Bord brannte in der Kajüte, und was ich sah, war nur ein Widerschein des hellen Lichtes, das aus der Sternluke herausfunkelte.

      Die Ebbe hatte schon seit geraumer Zeit eingesetzt und ich musste über einen breiten Streifen sumpfigen Sandes waten, in dem ich mehrere Male bis über die Knöchel einsank, bevor ich das Wasser erreichte. Ich watete noch ein kleines Stück in die See hinaus, und es gelang mir mit einer gewissen Kraftanstrengung, mein Korakel so auf das Wasser zu setzen, dass es auf seinem Kiel schwamm.

      Zurück

      DAS KORAKEL war – wie ich reichlich erfahren sollte, bevor ich mit ihm fertig war – ein sehr wasserfestes Boot für einen Menschen von meiner Größe und von meinem Gewicht; es war leicht und hielt sich gut auf dem Wasser; aber es war ein höchst eigensinniges Fahrzeug, das schwer zu lenken war. Man konnte es anfangen, wie man wollte, das Korakel trieb immer nach Lee ab, und sich fortwährend rund im Kreise herumzudrehen, war sein Lieblingsmanöver. Sogar Ben Gunn hat zugegeben, sein Korakel sei eben ein etwas sonderbares Boot, bis man mit ihm Bescheid wüsste.

      Jedenfalls wusste ich nicht mit ihm Bescheid. Es drehte sich nach allen Richtungen, nur nicht nach der, in die ich es bringen musste; die meiste Zeit fuhren wir mit der Breitseite nach vorn, und ich bin fest überzeugt, dass ich niemals das Schiff erreicht haben würde, wenn die Ebbströmung mir nicht geholfen hätte. Zu meinem guten Glück brachte sie mich auf den rechten Weg, auf den ich mit allem meinem Paddeln nicht gekommen wäre, und auf einmal lag die Hispaniola mitten in meinem Kurs, so dass ich sie kaum verfehlen konnte.

      Zuerst tauchte sie vor mir auf wie etwas, das noch schwärzer war als die Finsternis; hierauf begannen ihre Spieren und ihr Rumpf Gestalt anzunehmen, und gleich darauf – denn, je weiter ich kam, desto schneller wurde die Ebbströmung – lag ich vor ihrer Reling und kriegte das Ankertau zu fassen.

      Dieses war so straff gespannt wie eine Bogensehne – so stark zog die Hispaniola an ihrem Anker. Rings um ihren Rumpf herum blubberte in der Finsternis die Strömung, dass es sich anhörte wie ein murmelnder Gebirgsbach. Ein einziger Schnitt mit meinem Matrosenmesser, und die Hispaniola musste von dem Strom abtreiben.

      Soweit war alles schön in Ordnung; aber plötzlich fiel mir ein, dass ein straff gespanntes Ankertau, wenn es plötzlich durchgeschnitten wird, ungefähr so gefährlich ist wie ein ausschlagendes Pferd. Wenn ich so tollkühn war, die Hispaniola von ihrem Anker loszuschneiden, so war zehn gegen eins darauf zu wetten, dass ich mitsamt meinem Korakel einen Purzelbaum durch die Luft schlagen würde.

      Infolgedessen hütete ich mich wohl, das Ankertau zu kappen, und wenn das Glück mich nicht wiederum ganz besonders begünstigt hätte, so hätte ich mein Vorhaben aufgeben müssen. Aber der leichte Wind, der anfangs aus Süden und Südosten geweht hatte, schlug nach dem Anbruch der Nacht in einen Südwester um. Während ich noch darüber nachdachte, was ich tun sollte, kam plötzlich ein Windstoß, packte die Hispaniola und trieb sie in die Strömung hinein. Zu meiner grossen Freude fühlte ich das Kabel, das ich gepackt hielt, locker werden, und meine Hand tauchte für eine Sekunde in das Wasser hinein.

      Da entschloss ich mich sofort, holte mein Matrosenmesser aus der Tasche, öffnete es mit meinen Zähnen und schnitt einen Strang des Ankertaues nach dem anderen durch, bis das Schiff nur noch von zwei Strängen gehalten wurde. Dann blieb ich ruhig liegen, um abzuwarten und diese beiden letzten Stränge erst durchzuschneiden, wenn die Spannung wieder durch einen neuen Windstoß gelockert würde.

      Während dieser ganzen Zeit hatte ich von der Kajüte her laute Stimmen gehört; aber, die Wahrheit zu sagen, ich war so vollständig mit anderen Gedanken beschäftigt gewesen, dass ich kaum darauf geachtet hatte. Da ich jetzt aber nichts anderes zu tun hatte, so begann ich etwas schärfer hinzuhören.

      An der Stimme erkannte ich, dass der eine von den beiden Piraten der Schaluppmeister Israel Hands war, der früher Flints Kanonier gewesen war. Der andere war natürlich mein Freund mit der roten Nachtmütze. Die beiden Leute waren offenbar schwer betrunken, aber sie tranken immer noch weiter; denn während ich lauschte, öffnete einer von ihnen mit trunkenem Geschrei die Sternluke und warf etwas hinaus, ohne Zweifel eine leere Flasche.

      Aber sie waren nicht nur bezecht, sondern offenbar auch in einem wütenden Streit begriffen. Es hagelte Flüche, und alle Augenblicke gab es einen solchen Wutausbruch, dass ich dachte, jetzt würde gleich die Prügelei losgehen. Aber jedesmal wurde der Streit für kurze Zeit wieder beigelegt, die schimpfenden Stimmen wurden leiser, bis die nächste Krisis kam, die dann auch wieder ergebnislos verlief.

      Am Strande konnte ich das grosse Lagerfeuer brennen sehen, dessen warmer Schein durch die Bäume fiel. Irgendeiner von den Piraten sang ein altes Matrosenlied nach einer schleppenden Melodie mit einem langen Schnörkel am Ende jedes Verses; ein endloses Lied, das nur aufhörte, wenn der Sänger schließlich die Geduld verlor. Ich hatte es während der Überfahrt mehr als einmal gehört und erinnerte mich noch der Worte:

      Nur ein einziger am Leben blieb

       Von fünfundsiebzig Mann.

      Ich