Название | Generation 68 |
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Автор произведения | Hardy Hanappi |
Жанр | Языкознание |
Серия | |
Издательство | Языкознание |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783903061811 |
Gefördert von der Stadt Wien Kultur.
© 2020, Septime Verlag, Wien
Alle Rechte vorbehalten.
EPUB-Konvertierung: Esther Unterhofer
ISBN: 978-3-903061-81-1
Lektorat: Elvira M. Gross
Cover: Jürgen Schütz
Printversion: Hardcover, Schutzumschlag, Lesebändchen
ISBN: 978-3-902711-16-8
www.facebook.com/septimeverlag
Hardy Hanappi
(geb. 1951) ist Universitätsprofessor im Ruhestand (seit 2017) an der TU Wien am Institut für Wirtschaftsmathematik und hält dort immer noch Vorlesungen und Seminare. Er ist ad personam Jean Monnet Chair für politische Ökonomie der europäischen Integration. Hardy Hanappi leitet seit 2011 sein eigenes Forschungsinstitut »Vienna Institute for Political Economy Research« (VIPER e.V.). Weiters war er Gastprofessor in London und Montreal sowie langjähriger wissenschaftlicher Leiter der European Association for Evolutionary Political Economy.
Im Zuge seiner Tätigkeiten erschienen bis heute nahezu 200 Publikationen (fast ausschließlich in englischer Sprache). Sein letztes deutschsprachiges Buch war Die Entwicklung des Kapitalismus (1989, Peter Lang Verlag). In den letzten Jahren schrieb Hardy Hanappi zahlreiche Kapitel und Gastbeiträge in Büchern, unter anderem über seinen Vater Gerhard Hanappi.
Generation 68 ist seine erste Publikation bei Septime.
Klappentext
1968 - Das Jahr, das die Welt veränderte
Hardy Hanappi erinnert sich an die Musik, die gehört, und an die Bücher, die gelesen wurden, an Emanzipationskämpfe, an Sex and Drugs und den Summer of Love, an Karl Marx und was er mit der Revolution zu tun hatte. Während die ersten Menschen am Mond landeten, während eine halbe Million junge Soldaten nach Vietnam geschickt wurden, während schwarze Bürgerrechtskämpfer und antistalinistische Emanzipationsbewegungen in Osteuropa das jeweilige Establishment herausforderten, entwickelte die Jugend der 68er ein eigenes weltweites Lebensgefühl, eine Vision. Die meisten von ihnen leben noch heute und werden sich in diesem Buch wiederfinden, vielleicht sogar etwas klarer sehen, was damals vor sich ging. Das Buch leitet aber auch in die Gegenwart, ja in die Zukunft. Denn auch heute braucht eine Jugend nichts dringender als eine Vision, wie sie leben möchte. Das Vermächtnis der Generation 68 sind nicht nur unzählige kleine praktische Emanzipationsschritte, das wichtigste Vermächtnis für die heutige Jugend ist ebendiese Vision.
Die Generation 68 ist kein lokales Phänomen, das nur im nationalen Kontext eines bestimmten Landes auftrat, ihre Entstehung war vor allem ein globales kulturelles Ereignis. Es konnte nur entstehen, weil eine genügend große Anzahl von Ländern eine genügend weit entwickelte Kommunikationstechnologie hervorgebracht hatte, die es gestattete, grundlegende kulturelle Verhaltensweisen weltweit zu übertragen und Imitation zu ermöglichen.
Hardy Hanappi
Generation 68
Eine Freizeitlektüre | Septime Verlag
I. Generation 68
People try to put us down
Just because we get around
Talking about my generation
The Who
Dieser Text richtet sich vor allem an jene, die zwischen 1944 und 1958 geboren wurden. Sie erlebten ihre Sozialisation, also den ihre kulturelle Einstellung prägenden Zeitraum, vom vierzehnten bis zum zwanzigsten Lebensjahr hauptsächlich in den 60er Jahren: Sie sind die Generation 68.
Diese Generation ist kein lokales Phänomen, das nur im nationalen Kontext eines bestimmten Landes auftrat, ihre Entstehung war vor allem ein globales kulturelles Ereignis. Es konnte nur entstehen, weil eine genügend große Anzahl von Ländern eine genügend weit entwickelte Kommunikationstechnologie hervorgebracht hatte, die es gestattete, grundlegende kulturelle Verhaltensweisen weltweit zu übertragen und Imitation zu ermöglichen. Was hier übertragen wurde? Vor allem Widerstand gegen althergebrachte Kultur, gegen Gesellschaften, die gerade zwei Weltkriege produziert hatten und drauf und dran waren, einen dritten Weltkrieg vorzubereiten. In der bipolaren Welt der 60er Jahre ragen da vor allem der Beginn des Vietnamkrieges der USA und der Einmarsch der UdSSR in die Tschechoslowakei heraus, es waren aber auch unzählige andere unerträgliche Zustände, gegen die die Generation 68 in den Widerstand ging. Dieser Widerstand betraf das Schul- und Universitätssystem in Italien und Frankreich, das Wiedererstarken alter Naziklüngel in Deutschland und Österreich, stalinistische Praktiken in Jugoslawien und letztlich auch die verkrusteten Parteistrukturen in China, gegen die die dortige »Kulturrevolution« anzugehen schien. Jede einzelne Tendenz trug viel lokales Kolorit, doch der Widerstand gegen das Überkommene, der weltweite Wille, es zu überwinden, war allem gemeinsam.
Ein entscheidender Beitrag, der all diese Elemente in ein globales Phänomen binden konnte, war das Trägersystem, über das sich die rebellierenden Verhaltensweisen verständigen konnten: (1) die gemeinsame neue Musik, der Beat, dessen Songtexte ungeniert andeuteten, was der Generation 68 wichtig war; (2) die Kleidung, die die über dieses Medium dargestellte Hierarchisierung der Gesellschaften für lächerlich erklärte; (3) die generelle Abkehr von Förmlichkeit und Etikette und die Suche nach entspannten und freundlichen Umgangsformen – insbesondere auch im Sexuellen. Es ist offensichtlich, dass eine Rebellion über derartige Trägersysteme auf den ersten Blick kaum politisch revolutionär erscheint. Das war sie zunächst auch nicht, schon gar nicht in den Köpfen ihrer exponiertesten Proponenten. Der Anfang der Generation 68 war naiv, was sonst kann man von einer so tiefgreifenden Revolte denn auch erwarten. Unaufgeklärte Ablehnung der herrschenden Verhältnisse kann breit sein. Und weil andererseits diese herrschenden Verhältnisse selbst so allgegenwärtig weltweit in Erscheinung traten, war auch ihre Ablehnung ein globales Phänomen.
Die meisten von uns haben das allerdings bis heute nicht verstanden. Für viele ist dieses Gemisch aus Verhaltensweisen und Gefühlen, das sich damals verbreitete, ein immer noch unerklärliches, ein historisches Phänomen, das man wie eine nette Reliquie in ein Puppenhaus stecken und aus der Entfernung betrachten kann. Ja, ja die 68er. Dieser Umgang ist dann ja auch schnell Usus der Feinde dieser Generation geworden. Aus dem scheinbar sympathisierenden Sager »Wer sich daran erinnern kann, der war nicht dabei« wird rasch der Umkehrschluss »Wer darüber schreibt, der kann nicht dabei gewesen sein. Und daher sollten alle darüber schweigen«. Die Feinde stürmten recht rasch auf die gesellschaftliche Bühne, doch davor lohnt es sich, noch einen kurzen Blick auf die Generation davor zu werfen.
Sie waren, schlicht gesagt, die Überlebenden der Katastrophe Zweiter Weltkrieg. Diejenigen, deren Sozialisation noch in den Trümmern des Kriegsgetümmels begonnen hatte und deren Eltern entweder zu einer stolzen Siegernation oder zu einer verbitterten Verlierernation gehörten. Nation aber jedenfalls. Darüber lag eine Weltgesellschaft, in der eines der drei zuvor herrschenden Gesellschaftssysteme, der Faschismus, gerade besiegt worden war, sodass nur mehr Kapitalismus und sowjetischer Sozialismus übrig waren. Die zugehörigen Militärapparate begannen auch rasch zum letzten Gefecht aufzurufen. Das war den meisten der jungen Generation der 50er Jahre nicht besonders sympathisch, viele ihrer Idole waren lässige Verweigerer (James Dean), oft auch zigarettenrauchende Alkoholiker (Humphrey Bogart) oder sich in Intellektualität flüchtende Verstörte (Jean-Paul Sartre). Der letztgenannte Typus wurde im Sowjetimperium meist »Dissident« genannt. Im deutschsprachigen Raum hingegen hatten diese Helden ihrer Zeit jene schwerfällige Komik und Unbeholfenheit, die bereits das kulturelle Nachhinken dieses Sprachraums in der gesamten Nachkriegszeit einläutete. Seemänner (Freddy Quinn, Hans Albers) und charmante Idioten (Theo Lingens, Gunther Phillip, Maxi Böhm) besaßen Kultstatus. Für Frauen hatte Marylin Monroes