Название | Statische Gedichte |
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Автор произведения | Gottfried Benn |
Жанр | Языкознание |
Серия | |
Издательство | Языкознание |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783037901298 |
von ihm hörte,
sei es in Landhäusern oder
in einem Höhengelände
oder aus offenen Terrassentüren
beispielsweise aus einem Sanatorium,
wird es schwer vergessen.
Nie eine Oper komponiert,
keine Symphonie,
nur diese tragischen Progressionen
aus artistischer Überzeugung
und mit einer kleinen Hand.
ORPHEUS’ TOD
Wie du mich zurücklässt, Liebste –,
Von Erebos gestoßen,
dem unwirtlichen Rhodope
Wald herziehend,
zweifarbige Beeren,
rotglühendes Obst –
Belaubung schaffend,
die Leier schlagend
den Daumen an der Saite!
Drei Jahre schon im Nordsturm!
An Totes zu denken, ist süß,
so Entfernte,
man hört die Stimme reiner,
fühlt die Küsse,
die flüchtigen und die tiefen –,
doch du irrend bei den Schatten!
Wie du mich zurücklässt –,
anstürmen die Flussnymphen,
anwinken die Felsenschönen,
gurren: »Im öden Wald
nur Faune und Schratte, doch du,
Sänger, Aufwölber
von Bronzelicht, Schwalbenhimmeln –,
fort die Töne –
Vergessen –!«
– drohen –!
Und Eine starrt so seltsam.
Und eine Große, Gefleckte,
bunthäutig (»gelber Mohn«)
lockt unter Demut, Keuschheitsandeutungen
bei hemmungsloser Lust – (Purpur
im Kelch der Liebe –!) vergeblich!
drohen –!
Nein, du sollst nicht verrinnen,
du sollst nicht übergehn in
Jole, Dryope, Prokne,
die Züge nicht vermischen mit Atalanta,
dass ich womöglich Eurydike
stammle bei Lais –,
doch: drohen –!
und nun die Steine
nicht mehr der Stimme folgend,
dem Sänger,
mit Moos sich hüllend,
die Äste laubbeschwichtigt,
die Hacken ährenbesänftigt –:
nackte Haune –!
nun wehrlos dem Wurf der Hündinnen,
der wüsten –
nun schon die Wimper nass,
der Gaumen blutet –, und nun die Leier
hinab den Fluss –
die Ufer tönen –.
VERSE
Wenn je die Gottheit, tief und unerkenntlich
in einem Wesen auferstand und sprach,
so sind es Verse, da unendlich
in ihnen sich die Qual der Herzen brach;
die Herzen treiben längst im Strom der Weite,
die Strophe aber streift von Mund zu Mund,
sie übersteht die Völkerstreite
und überdauert Macht und Mörderbund.
Auch Lieder, die ein kleiner Stamm gesungen,
Indianer, Yakis mit Aztekenwort,
längst von der Gier des weißen Manns bezwungen,
leben als stille Ackerstrophen fort:
»komm, Kindlein, komm im Schmuck der Siebenähren,
komm, Kindlein, komm in Kett’ und Yadestein,
der Maisgott stellt ins Feld, uns zu ernähren,
den Rasselstab und du sollst Opfer sein –.«
Das große Murmeln dem, der seine Fahrten
versenkt und angejocht dem Geiste lieh,
Einhauche, Aushauch, Weghauch – Atemarten
indischer Büßungen und Fakirie –,
das große Selbst, der Alltraum, einem jeden
ins Herz gegeben, der sich schweigend weiht,
hält sich in Psalmen und in Veden
und spottet alles Tuns und trotzt der Zeit.
Zwei Welten stehn in Spiel und Widerstreben,
allein der Mensch ist nieder, wenn er schwankt,
er kann vom Augenblick nicht leben,
obwohl er sich dem Augenblicke dankt;
die Macht vergeht im Abschaum ihrer Tücken,
indes ein Vers der Völker Träume baut,
die sie der Niedrigkeit entrücken,
Unsterblichkeit im Worte und im Laut.
GEDICHTE
Im Namen dessen, der die Stunden spendet,
im Schicksal des Geschlechts, dem Du gehört,
hast Du fraglosen Aug’s den Blick gewendet
in eine Stunde, die den Blick zerstört,
die Dinge dringen kalt in die Gesichte
und reißen sich der alten Bindung fort,
es gibt nur ein Begegnen: im Gedichte
die Dinge mystisch bannen durch das Wort.
Am Steingeröll der großen Weltruine,
dem Ölberg, wo die tiefste Seele litt,
vorbei am Posilipp der Anjouine,
dem Stauferblut und ihrem Racheschritt:
ein neues Kreuz, ein neues Hochgerichte,
doch eine Stätte ohne Blut und Strang,
sie schwört in Strophen, urteilt im Gedichte,
die Spindeln drehen still: die Parze sang.
Im Namen dessen, der die Stunden spendet,
erahnbar nur, wenn er vorüberzieht
an einem Schatten, der das Jahr vollendet,
doch unausdeutbar bleibt das Stundenlied –,
ein Jahr am Steingeröll der Weltgeschichte,
Geröll