Endless Trust. Alexia Mayer-Kahlen

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Название Endless Trust
Автор произведения Alexia Mayer-Kahlen
Жанр Книги для детей: прочее
Серия
Издательство Книги для детей: прочее
Год выпуска 0
isbn 9783649631071



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auch ausprobieren!“

      Aber Janko stand mit Jule auf dem Rücken wie angewurzelt am Ufer und starrte auf das Wasser, als wäre es etwas ungeheuer Gefährliches. Weder Daisys sichtliche Freude am kühlen Nass noch Jules hartnäckiges Treiben konnten ihn dazu bringen, auch nur einen Huf ins Wasser zu setzen.

      „Steig doch ab und geh vor“, rief ihr Isa zu, während sie das ganze Schauspiel filmte, „dann kommt er bestimmt hinterher.“

      Währenddessen ritt Charly mit der braven Daisy immer tiefer ins Wasser hinein, bis die Stute irgendwann den Boden unter den Füßen verlor und tatsächlich zu schwimmen begann.

      Charly hielt sich an ihrem Hals fest und kreischte vor Freude.

      „Sie schwimmt echt mit mir, wie cool ist das denn.“

      Jule war derweil abgestiegen und versuchte immer verzweifelter, Janko ins Wasser zu locken. Sie selbst stand schon bis zur Hüfte im See, doch je nachdrücklicher sie den Hengst aufforderte, doch endlich einen Huf ins Wasser zu setzen, desto mehr versteifte er sich.

      Charly wollte gerade den Mund öffnen, um den beiden erneut etwas zuzurufen, da stieß Janko ein herzzerreißendes Wiehern aus, stieg und riss Jule die Zügel aus der Hand. Dann drehte er sich um und galoppierte davon.

      Das versetzte auch Daisy in Alarmbereitschaft. Sie wieherte schrill und versuchte ihrerseits, so schnell wie möglich aus dem Wasser zu kommen, um ihrem Kumpel zu folgen. Für eine Sekunde war Charly ganz steif vor Schreck, doch dann glitt sie geistesgegenwärtig von Daisys Rücken, sobald sie das Ufer erreicht hatten.

      „Alles okay bei dir?“, stieß Charly hervor. Jule nickte verdattert. „Hier!“ Charly drückte ihrer Schwester die Zügel in die Hand. „Pass auf Daisy auf, ich gehe Janko suchen.“

      So schnell sie konnte, lief Charly in die Richtung, in die der Hengst soeben davongaloppiert war, begleitet von Daisys lautem Wiehern, die ihren Freund rief.

      Charlys Herz klopfte ihr bis zum Hals. Während sie sich durch den Wald vortastete, begann sie daher, leise mit ihm zu sprechen, sie ließ die Worte einfach laufen, ohne darüber nachzudenken, was sie eigentlich sagte: „Hey, mein Großer, es tut mir echt leid, dass du dich so vor dem Wasser erschreckt hast. Zeig mir doch, wo du bist, dann gehen wir zusammen zurück. Und wenn du willst, gehe ich auch mit dir ins Wasser. Du musst keine Angst haben, wenn ich bei dir bin. Ich verspreche dir, dass ich von jetzt an immer an deiner Seite sein werde und du an meiner.“

      Plötzlich nahm sie aus den Augenwinkeln einen großen schwarzen Schatten wahr und sah den Hengst mit bebenden Flanken auf einer Waldlichtung stehen.

      Auch wenn er pumpte wie verrückt, waren seine Augen doch ruhig auf Charly gerichtet. Er war hundert Prozent bei ihr, als habe er alles gehört und verstanden, was sie auf dem Weg zu ihm gesagt hatte.

      Charly ging auf ihn zu und strich ihm über den Kopf. „Hi, Großer!“, begrüßte sie ihn zärtlich.

      Janko schnaubte ab, als wolle er sagen: Endlich bist du hier.

      Ohne weiter darüber nachzudenken, kletterte Charly auf einen Holzstoß, und der Hengst stellte sich parallel dazu auf, sodass sie auf seinen Rücken gleiten konnte.

      Charly kam sich vor wie in einem Traum. Gemeinsam ritten sie seelenruhig zum See zurück, Jules erleichtertes „Gott sei Dank hast du ihn gefunden“ schien Lichtjahre entfernt, sie schritten einfach auf den Ufersaum zu, Charly musste Janko noch nicht mal antreiben, er ging mit ihr auf dem Rücken ohne das kleinste Zögern direkt in den See hinein, immer tiefer, und begann zu schwimmen. Diesmal war Charly ganz still, fühlte sich geflutet von dem irrsinnigen Vertrauen, das ihr der Hengst entgegenbrachte, und genoss einfach nur das Gefühl, in diesem Moment mit ihm komplett eins zu sein.

      Als Janko nach einer Weile wieder aufs Ufer zusteuerte, blickte Charly in die offenen Münder ihrer beiden Schwestern. Isa hatte geistesgegenwärtig die Kamera mitlaufen lassen.

      Schließlich brachte Jule wieder einen Ton heraus: „Wie hast du DAS denn hingekriegt?“

      Charly zuckte mit den Schultern. Sie wusste auch nicht, was sie sagen sollte, außer, dass jetzt alles ganz klar war.

      Sie ließ sich von Jankos Rücken herabgleiten und blickte Jule in die Augen, die immer noch mit Daisy am Ufer stand.

      Sie fühlte sich innen ganz leicht und die Worte kamen von irgendwoher angeflogen: „Jule. Er war von Anfang an meiner, auch wenn er nicht bei mir war.“

      Jule nickte langsam. „Das sieht so aus.“

      Charly umarmte ihre große Schwester fest und musste heulen. Vor Glück und Erleichterung.

      Auch Isa umarmte nun ihre beiden Schwestern.

      „Ich freue mich so für dich und Janko, Charly. Um ehrlich zu sein, fand ich die ganze Zeit, dass es irgendwie verkehrt herum war mit den Pferden. Aber ich dachte, da kommt ihr selber drauf.“

      Jule knuffte sie in die Seite.

      „Ich hasse kleine Schwestern, die klugscheißen.“

      Dann schwang Jule sich auf Daisy und grinste Charly an.

      „Und was ist nun mit Pferdeschwimmen?“

      Ohne eine Antwort abzuwarten, ritt sie mit Daisy in den See.

      Die restlichen drei Tage ihres „Pferdesommers“ schwebte Charly im siebten Himmel. Wenn sie morgens auf dem Hof ankamen, verwöhnte sie Janko erst mal nach Strich und Faden. Sie putzte und massierte ihn ausgiebig, während der Friesenhengst seinerseits mit ihr „Fellpflege“ machte, indem er ihren Rücken oder was immer er von ihr erreichen konnte, zärtlich mit den Lippen beknabberte. Dann spritzte sie ihm in Erwartung des heißen Sommertages die Beine kalt ab, zog ihm seine Fliegenmaske und -decke auf und stellte ihn auf die Koppel.

      Jule tat dasselbe mit Daisy. Sie hatte kein Sterbenswörtchen mehr über ihren „Pferdetausch“ verloren und Charly rechnete es ihrer Schwester hoch an.

      Wenn beide Pferde auf ihren Koppeln waren, suchten sich die drei Schwestern ein schattiges Plätzchen in der Nähe, dösten, tranken kalte Zitronenlimo, alberten herum, schauten Isas Filmclips an oder beobachteten die Pferde.

      Charly musste zwischendurch immer wieder zu Janko auf die Koppel gehen, als sei sie magisch von ihm angezogen. Der Hengst ließ dann sofort Gras Gras sein und kam zärtlich brummelnd auf sie zu, um mit ihr zu schmusen. Manchmal lehnte er auch einfach nur seinen Kopf an ihre Brust und sie standen so für eine gefühlte Ewigkeit. Dann war es, als gäbe es nur sie beide auf der Welt.

      Als sie am Sonntagabend mit dem Bus vom Stall zurückfuhren, hing Charly ihren Gedanken nach. Sie spürte eine leichte Unruhe im Bauch. Morgen würde Andrea wiederkommen und sie mussten mit ihr reden. Würde sie sich diesmal darauf einlassen, dass Charly Jankos Reitbeteiligung wurde?

      Charly rief sich Andreas Worte ins Gedächtnis, die sie damals als so ungeheurer streng empfunden hatte. Sie hatten sich ihr irgendwie eingebrannt, auch wenn sie sie zuerst nicht wirklich verstanden hatte: Bei einem Pferd wie Janko geht es nicht nur ums Reiten, sondern um alles. Er macht dich zu einem vollkommeneren Menschen.

      Irgendwie begann sie, eine Ahnung davon zu bekommen, was das hieß. Andrea hatte hinzugefügt: Das muss man wirklich wollen, und Charly wollte es jetzt mehr als je zuvor. Sie wollte mit jeder Faser ihres Herzens zusammen mit Janko einen gemeinsamen Weg gehen.

      Zu Hause hatte ihr Vater schon den Grill angeworfen. Wie jeden Sonntagabend in den Sommerferien gab es ein kleines Familien-Grillfest auf der Terrasse.

      Jule und Charly tauschten einen kurzen Blick, und Charly bedeutete ihrer großen Schwester, erst mal noch nichts von ihrem Pferdetausch zu erzählen. Sie wollte noch mal in Ruhe darüber nachdenken, wie sie es Andrea am besten sagen konnte.

      Nach dem Grillen hatte Isa noch eine Überraschung für alle. Endlich wollte sie ihren lang angekündigten Film zeigen und hatte ihren Vater eingespannt, sich um die Technik zu kümmern. Im abgedunkelten Wohnzimmer waren eine große Filmleinwand und ein Beamer aufgebaut, das Sofa war auf die