Run and Gun. Sasha Reed

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Название Run and Gun
Автор произведения Sasha Reed
Жанр Языкознание
Серия
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783864439704



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und ihre weiblichen Begleitungen, die etwa eine halbe Stunde später hinzustießen, stellten sich als trinkfeste Gruppe heraus. Kaum hatten wir ein Tablett mit Cocktails vollgestellt und zu den Sofas gebracht, wurde schon nach der nächsten Runde verlangt. Damian ließ es sich nicht nehmen, die Getränke jedes Mal persönlich bei den Spielern abzustellen. Da sich das Glas für das Trinkgeld heute schneller füllte als in den letzten Wochen, wollte ich mich nicht darüber beschweren. Von meinem Beobachtungspunkt hinter dem Tresen konnte ich das Schauspiel aus sicherer Entfernung verfolgen ohne selbst in den Trubel zu müssen. Vor allem ohne selbst in die Nähe des Kapitäns zu müssen. Trotzdem ertappte ich mich immer wieder dabei, wie mein Blick unweigerlich von Zack Conner angezogen wurde. Es war fast, als wären alle meine Sinne in höchster Bereitschaft und schlugen Alarm, sobald er sich auch nur minimal bewegte.

      Als die Stimmung immer ausgelassener wurde und Thea sich mit Damians und meiner Hilfe etwas Mut angetrunken hatte, wagte sie sich mit Stift und Papier bewaffnet zwischen die Spieler und fragte eingeschüchtert nach Autogrammen und Selfies. Jonah und ich tauschten einen belustigten Blick, als sie die Aufmerksamkeit von Branden Jones, einem der größten der anwesenden Spieler, ergatterte und er einen Moment lang so aussah, als wollte er sich hinknien, um mit ihr zu sprechen. Sie unterhielten sich lange, bevor Thea wieder zu uns zurückkehrte.

      „Beste Nacht meines Lebens“, strahlte sie.

      „Ich hoffe, das sagst du nach eurer Hochzeitsnacht auch“, warf Damian ein, doch es entging mir nicht, dass er genauso von der Anwesenheit der Spieler eingenommen war wie Thea. Die übermäßig gute Laune und das Funkeln in seinen Augen waren einfach zu verräterisch.

      „Apropos Hochzeit, hast du Zack schon einen Antrag gemacht?“, gab Thea zurück. Resigniert zuckte Damian mit den Schultern.

      „Ich glaube, ich stehe nicht auf seiner Tanzkarte.“ Er nickte zu dem Bereich der Lounge, in dem die Sofas standen. Neben Zack saß mittlerweile eine wunderschöne Frau, die sich dicht an ihn drängte und mit perfekt manikürten Fingernägeln seinen Oberschenkel streichelte. Ich schnaubte abfällig, um das seltsam enttäuschte Gefühl in meiner Brust zu überspielen. Den ganzen Abend lang zog er mich mit seinen Blicken fast aus, um sich dann von einer halb nackten Rothaarigen vernaschen zu lassen? Es war beinahe schon lächerlich, dass ich das nicht hatte kommen sehen. Typisch Sportler. Ich hätte es besser wissen sollen. Für mich war es ohnehin besser, wenn ich erst gar nicht in Versuchung kam, meiner Fantasie mit Zack Conner in der Hauptrolle freien Lauf zu lassen. Ich hatte meine Erfahrungen mit der Fixierung auf einen Mann gemacht und war nicht scharf auf eine Wiederholung.

      „Wie stehst du zu Geschlechtsumwandlungen?“, fragte Thea und Damian lachte auf.

      „Nicht einmal für Zack Conner würde ich zur Frau werden.“

      „Schade. Ihr würdet ein echt süßes Pärchen abgeben“, seufzte ich, das Thema Zack Conner mental abhakend, und Damian gab mir mit einem Handtuch einen Klaps auf den Hintern.

      Kurz vor Geschäftsschluss mixten Damian und ich die letzte Runde für die Boston Tigers. Thea und Jonah waren schon vor über einer Stunde gegangen und auch die Zahl unserer prominenten Besucher hatte sich stark dezimiert. Zack Conner und seine rothaarige Freundin hatte ich die letzten Stunden über komplett ignoriert, auch wenn ich ab und zu seinen Blick auf mir spürte. Ich hatte Besseres zu tun, als ein weiteres hechelndes Fangirl zu werden und sein Ego zu streicheln. Als ich den letzten Drink auf das Tablett stellte, unterdrückte ich ein Gähnen.

      „Immer noch zu wenig Schlaf?“, fragte Damian mitleidig.

      Ich nickte. „Hoffentlich ist diese Umzugsgeschichte bald erledigt.“ Seit etwa zwei Wochen wurde mein Schlaf morgens pünktlich um acht Uhr von penetranten Klopf-, Bohr- oder Rutschgeräuschen unterbrochen. Da ich fast jede Nacht erst in den frühen Morgenstunden nach Hause kam, schlief ich ansonsten immer bis in den Vormittag, doch die Wohnung neben meiner, die die letzten Jahre leer gestanden hatte, war offenbar verkauft worden und seitdem wurde morgens mit dem Einrichten begonnen.

      „Vielleicht kannst du deine neuen Nachbarn fragen, ob sie das Ganze um zwei Stunden nach hinten verschieben könnten?“, schlug Damian vor.

      „Ich habe bisher noch niemanden getroffen. Die einzigen Leute, die ich dort drüben sehe, sind Handwerker oder Leute von der Umzugsfirma.“

      „Ich übernehme heute das Aufräumen, dann kannst du früher nach Hause und vielleicht eine Stunde länger schlafen.“ Ich öffnete den Mund, um zu widersprechen, musste allerdings schon wieder gähnen, also nahm ich dankend an. Auch deswegen liebte ich die Zusammenarbeit mit Damian so sehr. Wir halfen uns gegenseitig aus, wenn es nötig war.

      „Lass uns den hübschen Jungs jetzt noch die letzten Drinks bringen und dann kannst du verschwinden.“

      Wir nahmen uns je ein Tablett und machten uns auf den Weg in den Lounge Bereich. Ich hatte geglaubt, spätestens seit der Rothaarigen mit Zack Conner abgeschlossen zu haben. Doch je näher ich ihm kam, desto mehr spürte ich diese Energie zwischen uns. Ich fühlte seinen Blick auf mir und mein Puls beschleunigte sich. Während ich durch die Reihen zwischen den Sofas und Hockern ging und Drinks nach links und rechts reichte, musste ich höllisch aufpassen, nicht über ein Paar lange Beine zu stolpern. So schön ich die großen Männer fand, es war nicht gerade einfach, ein Tablett mit gefüllten Gläsern unfallfrei durch diesen Hindernisparcours zu bugsieren, gerade wenn ich durch einen dieser Männer abgelenkt war.

      Ich atmete auf, als ich nur noch ein einziges Glas auf meinem Tablett stehen hatte. Ihr wisst genau, was jetzt passiert, oder? Natürlich, es kam, wie es kommen musste. Das perfekte Klischee. In meiner Erleichterung war ich auf den letzten zwei Metern unachtsam geworden und stolperte über ein Paar gigantische Füße. Welche Schuhgröße war das? 62? Ich sah mich schon auf dem Boden liegen, das zerbrochene Glas und der verschüttete Cocktail neben mir, die Tigers kopfschüttelnd im Kreis über mir. Doch anscheinend waren die Reflexe der Sportler um mich herum auf mich übergegangen und ich konnte gerade so noch das Gleichgewicht halten. Das Cocktailglas auf meinem Tablett war jedoch nicht so gesegnet wie ich und rutschte nach vorne, wo der Inhalt schließlich überschwappte. Das wäre alles nicht so schlimm gewesen, wenn da nicht das letzte Sofa gewesen wäre. Ich war schlecht in sämtlichen Sportarten, die das Treffen eines Ziels beinhalteten, aber selbstverständlich traf der überschwappende Cocktail jetzt das einzige Ziel weit und breit: Zack Conners seidenweißes Hemd.

      Ich war überrascht, dass die Musik aus den Lautsprecherboxen nicht plötzlich stoppte, während die Welt um mich herum zu einem plötzlichen Halt kam. Wie in Zeitlupe beobachtete ich, wie das Getränk aus dem Glas spritzte, durch die Luft flog und schließlich auf blütenweiße Baumwolle traf. Entsetzt sah ich dabei zu, wie sich ein unschöner rot-orangener Fleck auf dem Stoff ausbreitete. Oh fuck. Mein Blick zuckte zwischen Zack Conners stählernen Bauchmuskeln, die ich jetzt durch das durchweichte Hemd ungestört begutachten konnte, und seinem überraschten Gesichtsausdruck hin und her. Muskeln, unglaubliche Lippen, Muskeln, unglaubliche Augen. Unglaublich wütende Augen? Gerade setzte ich zu einer Entschuldigung an, da sprang er auf und funkelte mich grimmig an.

      „Herrgott, können Sie nicht aufpassen? Sie sollten sich besser einen anderen Job suchen, denn in Ihrem sind Sie nicht besonders gut“, herrschte er mich an und mir klappte die Kinnlade nach unten. Die Entschuldigung blieb mir im Hals stecken. Ich war gut in meinem Job, auch wenn Zack Conner gerade etwas anderes behauptet hatte und es in den nächsten paar Minuten nicht so auf euch wirken mag. Ich war pünktlich und hatte noch nie eine Bestellung vermasselt. Ich blieb immer höflich, auch wenn einige der VIPs es mir schon verdammt schwer gemacht hatten. Aber in diesem Moment konnte ich mich einfach nicht beherrschen. Ich wusste nicht, ob es an der ständigen Müdigkeit lag, durch die ich gereizt war. Ich wollte nicht einmal darüber nachdenken, ob es daran lag, dass ich die Elektrizität zwischen Zack und mir durch den ganzen Club gespürt hatte und er sich dann doch mit der Rothaarigen abgab. Tatsache war, dass ich explodierte.

      „Falls es Ihnen nicht aufgefallen ist, hier ist ein Urwald aus langen Beinen und großen Füßen entstanden.“ Wie eine Bekloppte fuchtelte ich wild mit der Hand in Richtung besagten Urwaldes.

      „Dann sollten Sie das nächste Mal vielleicht die Augen aufmachen.“