DER MODDETEKTIV BESIEGT CORONA. Christopher Just

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Название DER MODDETEKTIV BESIEGT CORONA
Автор произведения Christopher Just
Жанр Языкознание
Серия
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783903184718



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zutreffend feststellten, hat mir eine syldavische Fledermaus den distributiven Dienst abgenommen, was die Sache zusätzlich vereinfachte. Und ja, abermals trifft Ihre Hypothese mitten ins Schwarze, mein Plan bestand in der vollkommenen Heilung und Errettung der Welt, wenn auch – und hierin besteht der infinitesimal fatale Fehler Ihrer Milchmädchenrechnung – auf eine geringfügig andere als die von Ihnen erhoffte Spielart, denn …«, die Zuseher daheim an den Fernsehgeräten hörten auf mit ihren Chipstüten zu rascheln und hielten gebannt den Atem an, da der Alte zwecks geschicktem Spannungsaufbau ein paar lange Sekunden der Stille verstreichen ließ, ehe er die Katze aus der Kiste stieß, »… denn, mein lieber Lieutenant, das Gegenmittel ist bereits im Umlauf, Sie und jeder andere auch kennt es, und es heißt: CORONA. Da schauen Sie, was? Ja, Corona ist die allumfassende Arznei, das durchschlagende Pharmakon, das einzig taugliche Therapeutikum gegen die echte und wahre Pest und desaströseste Seuche, die diesen Planeten jemals heimgesucht hat, nämlich: die Menschheit selbst!

      Ich hatte also niemals vorgehabt, wegen ein paar lächerlicher Billiarden Dollars dann, wenn – wie drückten Sie es auf Ihre schlichte Art so plakativ aus? – ›die Kacke so richtig am Stinken‹ wäre, als Erretter der Welt in Erscheinung zu treten, um die Menschheit mit einem Gegenmittel zu beglücken! Au contraire, mon cher Lieutenant Louis Ténante-Ténier, ist es mein bescheidener letzter Wunsch, die mir noch verbleibenden Tage damit zu versüßen, hier gemütlich am Single Malt nippend zu sitzen und genüsslich dabei zuzusehen, bis auch der allerletzte Vertreter der Gattung Mensch sein überflüssiges Leben ausgehüstelt hat und mit ihm die so lange Zeit geknechtete Erde von ihrem Geschwür erlöst worden ist. Ja, Lieutenant Lou Tenant-Tanner, dies ist mein, wie ich meine, höchstmoralischer, ausgesprochen nachhaltiger Beitrag zum finalen Kapitel des Homo sapiens. Opera ad acta. Ich erwarte mir keinerlei Absolution, doch sei zu meiner Exkulpation gesagt: Es hätte eine kleine, wenn auch verschwindend geringe Chance gegeben, denn man soll mir hinterher nicht nachsagen, ich sei ein unfairer Spieler gewesen. Wobei unklar ist, wer ›man‹ noch sein könnte, nachdem Corona seinen Dienst getan hat, hikhikhik … wie auch immer, sollen sich doch die Theologen darüber die Köpfe zerbrechen. Hätte man also mein Amuse-Gueule in Gestalt der ersten Welle ernst genommen und sich demgemäß zu einem radikalen, weltumfassenden Umdenkprozess durchgerungen, sich zu einer Abkehr von der immer schneller kreiselnden Spirale zerstörerischer Profitgier und ewiger Gewinnmaximierung entschlossen, wäre das Comeback unseres kleinen Freundes Covid unter Umständen vermeidbar gewesen. Doch es war ja so absehbar, dass bei den ersten Anzeichen, die Seuche sei einigermaßen unter Kontrolle, wenn nicht gar bereits überwunden, alles wieder seinen gewohnten Gang nehmen würde, und die Menschen – zugegeben, von den eigenen korrupten Regierungen dazu angestachelt –, anstelle sich zu besinnen und in Demut zu üben, in ihrer maßlos arroganten Selbstüberschätzung, Gier und Habsucht die Baumärkte, Restaurants, Vergnügungsparks, Reisebüros, Bet- und Freudenhäuser wie die Lemminge stürmen würden, als sei nichts geschehen und die erste Seuchenwelle nur eine kurz unangenehm zwickende, bereits im Vergessen begriffene Zwischenepisode gewesen.

      Doch Corona ist ein schlaues Kerlchen, das bestrebt ist, sich fortwährend zu optimieren, die zweite Welle ist ungleich raffinierter und ihrer Herr zu werden ist ein dermaßen aussichtsloses Unterfangen, dass mittlerweile selbst dem naivsten Balkonclaqueur das Klatschen gehörig vergangen ist. Vielleicht mögen Sie sich fragen: Warum den Dingen nicht einfach ihren Lauf lassen, da sich das Thema Menschheit ohnehin in absehbarer Zeit von selbst erledigt hat? Ganz einfach: Die Begleitschäden wären zu groß, der gesamte Planet würde mit ins Verderben gerissen. Meine Lösung ist also eindeutig die bessere, so effizient und sauber wie ein scharf geführter Schnitt mit dem Skalpell.«

      Augenscheinlich bester Laune, verfiel der Alte vorübergehend in einen vergnügten Singsang: »Und so nehmen die Dinge ihren Lauf, die Erde blüht auf und die Menschheit geht uuunter, da hilft auch kein oberschlauer Lieutenant Lou Tenant-Tuuuunter, fidiralala …« Um mit dem der Sache geschuldeten Ernst zum Schlussakkord anzusetzen: »Dies alles aus der schmallippigen Spargelspalte eines schwerstreichen Immobilientycoons zu vernehmen, vermag verwundern, doch glauben Sie mir, mein Guter, mit dem Alter entwickelt man seltsame Neigungen, man verweichlicht, wird zunehmend sentimentaler, besinnt sich vermehrt auf die sogenannten wahren Werte und entwickelt infolge das dringende Verlangen, etwas Bedeutenderes als bloß ein unüberschaubares Vermögen zu hinterlassen. Zudem ist mir bereits des Längeren fad. Noch Fragen, Sie Fatzke?«

      Tenant-Tanner, der Westminsters Offenbarung mit offen stehendem Frittenverspachtler gefolgt war, schien einen Augenblick ratlos, dann fing es hinter seiner zigarettenschmalen Stirn zu ratterten an, bis es ihm zu den Ohren herausqualmte, und er nach einem Geräusch, dass sich wie das Fallen eines Groschens anhörte, folgenden Satz ausspuckte: »Okay, alles schön und gut, Sie mephistophelischer Methusalem, aber jetzt, wo ich hinter Ihr Geheimnis gekommen bin, gibt’s eine kleine Planänderung. Sie setzten sich schnurstracks mit Ihren syldavischen Laborratten in Verbindung und veranlassen, dass die Produktion des Gegenmittels anläuft. Und zwar auf Hochtouren, wenn ich bitten darf, denn mit jedem neuen coronalen Abnippler geht uns Kohle durch die Klauen. Überdies haben Sie sicher nichts dagegen, wenn das Präparat aufgrund meiner zuhöchst humanen Initiative unter dem Namen Loutenantanin auf den Markt kommt. Also, keine Tattrigkeit vorschützen, hängen Sie sich an die Quasselstrippe, Sie … Opa

      Gelassen entgegnete Westminster: »Sie als ehemaliger Oberbulle sollten das eigentlich in der Polizeischule gelernt haben: Wie lautet die Definition für Erpressung?«

      »Bei der Erpressung versucht jemand, sich selbst rechtswidrig durch Gewalt oder durch Androhung eines empfindlichen Übels zulasten eines anderen zu bereichern«, leierte der Lieutenant brav seinen Text herunter und kam sich sogleich etwas blöd vor, sich selbst dermaßen vorgeführt zu haben.

      »Exakt, Lou, nun mangelt es in Ihrem Falle jedoch an dem eben von Ihnen erwähnten empfindlichen Übel, welches Sie zur Unterbreitung eines für mich nicht ablehnbaren Angebots imstande sein sollten, mir anzudrohen.«

      »Da brauch ich nicht lange zu überlegen, wenn Sie nicht mitspielen, werde ich auspacken, und die ganze Welt wird davon erfahren!«

      »Und dann? Was soll mir passieren, vielleicht dass man meine Haftstrafe um weitere dreihundert Jahre verlängert? Man mich vor ein Kriegsgericht stellt?«

      Nach kurzer Überlegung gab Tenant-Tanner hart Konter: »Es könnte sein, dass Ihrer süßen Nichte Bettina –«

      »Birgit

      »… meinetwegen Birgit, dass Ihrer entzückenden Birgit ein unvorhergesehenes Unglück widerfährt!«

      »Wird es ohnehin, so traurig mich das auch macht, Lou, die Seuche drückt auch bei entzückenden Nichten kein Auge zu.«

      Also versuchte es Tenant-Tanner auf die sanfte Tour: »Jetzt überlegen Sie mal, wir werden Billiarden verdienen, Sie können darauf bestehen, aus der Haft entlassen zu werden, und Ihren Lebensabend –«

      »Lou, haben Sie vorhin nicht aufgepasst? Auf die Gefahr hin, dass ich mich wiederhole: Kein noch so schnöder Mammon ist imstande, den Genuss aufzuwiegen, welchen mir die Betrachtung des Untergangs der menschlichen Rasse beschert. Außerdem fühle ich mich hier nicht unwohl. Kommen Sie wieder, wenn Ihnen was eingefallen ist, das es versteht, meine Neugier zu wecken.«

      Mit einer Geste, die sich bei der Expatriierung leidiger Hexapoden großer Beliebtheit erfreut, erklärte Westminster das Gespräch für beendet.

      Tenant-Tanner ballte wütend die Fäuste und sog scharf Luft durch die Nase ein. Was sollte das ganze Gefasel, vielleicht musste er dem Alten einfach mit ein paar schlagkräftigen Argumenten auf die Sprünge helfen … Nein, besser nicht, der Kerl war zäh wie australisches Trockenfleisch, besser Kräfte sparen, da war im Moment nichts zu holen, Westminster saß eindeutig auf dem längeren Ast. Zum vorläufigen Rückzug entschlossen, ließ er die Hände sinken und stapfte finsteren Blicks Richtung Ausgang, bremste sich jedoch vor der Leinwand mit Westminsters meisterhafter Reproduktion der Mona Lisa ein. Zumindest einen kleinen Triumph würde er sich gönnen! Er ergriff einen der zahlreichen Pinsel, tunkte diesen tief in schwarze Ölfarbe und verpasste der florentinischen Schönheit mit dem geheimnisvollen Lächeln mittels zweier zügiger Striche und in Begleitung eines